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Offenbarung

Offenbarung

Titel: Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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bleiben und es uns zumindest
sehr gründlich ansehen sollten.«
    »Das sagt mir nicht viel.«
    »Um Haldora kreist ein großer, mit Eis bedeckter
Mond«, sagte er.
    »Haldora?«
    »Der Gasriese«, erklärte Quaiche rasch. »Ich
habe ihm einen Namen gegeben.«
    »Du meinst, du hast dem Schiff befohlen, nach dem
Zufallsprinzip noch nicht vergebene Bezeichnungen aus den
Nomenklaturtafeln herauszusuchen.«
    »Stimmt«, erwiderte Quaiche lächelnd. »Aber
ich habe nicht den erstbesten Namen genommen, den es mir vorlegte. Du
magst es albern finden, aber ich habe mich mit der Sache doch etwas
eingehender beschäftigt. Findest du nicht, dass Haldora einen
klassischen Klang hat? Ich glaube, es kommt aus dem Altnordischen.
Aber das ist weiter nicht wichtig.«
    »Und wie heißt der Mond?«
    »Hela«, antwortete Quaiche. »Natürlich habe
ich auch allen anderen Haldora-Monden Namen gegeben – aber Hela
ist im Moment der einzige, der uns interessiert. Ich habe sogar
einige der wichtigsten topografischen Merkmale mit Bezeichnungen
versehen.«
    »Warum sollen wir uns um einen eisbedeckten Mond
kümmern, Horris?«
    »Weil es auf diesem Mond etwas gibt«, sagte er,
»das wir uns unbedingt näher ansehen müssen.«
    »Was hast du gefunden, Liebster?«
    »Eine Brücke«, sagte Quaiche. »Eine
Brücke über eine tiefe Schlucht. Eine Brücke, die
eigentlich nicht da sein dürfte.«
     
    Die Dominatrix schob sich vorsichtig an den Gasriesen heran, dem
ihr Herr und Meister den Namen Haldora gegeben hatte, und
beschnupperte ihn. Alle Sensoren waren mobilisiert. Das Shuttle
kannte die Risiken des interplanetaren Raums, die Fallen, die in der
strahlungsverseuchten, staubdurchsetzten Ekliptik eines typischen
Sonnensystems auf ahnungslose Besucher lauern mochten. Es wartete nur
darauf, dass irgendein Stück Weltraumschutt die Radarblase
seines Kollisionsvermeidungssystems ankratzte. In jeder Sekunde
entwarf es Milliarden von Krisenszenarien, spielte sie durch,
sichtete die möglichen Ausweichmanöver und filterte die
kleine Schar von realistischen Lösungen heraus, die es ihm
ermöglichten, der Bedrohung zu entfliehen, ohne seinen Herrn und
Meister bis zur Unkenntlichkeit zu zerquetschen. Hin und wieder
entwickelte es nur so zum Spaß Strategien zur Vermeidung von
Mehrfachkollisionen, obwohl es wusste, dass das Universum
unzählige Zyklen von Zerstörung und Wiedergeburt
durchlaufen müsste, bevor eine derart unwahrscheinliche
Ereigniskonstellation zustande kommen könnte.
    Nicht minder sorgfältig beobachtete es die Sonne des Systems
auf instabile Ausbuchtungen oder erste Anzeichen von Sonnenfackeln
und überlegte, hinter welchem der vielen geeigneten
Himmelskörper in unmittelbarer Nachbarschaft es sich – im
Fall eines großen Masseauswurfs – verstecken wollte.
    Daneben suchte es die nähere Umgebung unentwegt nach
künstlichen Fallen ab, die frühere Forscher
zurückgelassen haben könnten – Chaff-Felder mit hoher
Dichte, Wanderminen oder Drohnen, die aus dem Hinterhalt angriffen
–, und kontrollierte die Verteidigungssysteme, die ordentlich
aufgereiht und jederzeit einsatzbereit in seinem Bauch ruhten.
Insgeheim wünschte es den Tag herbei, an dem es diese
tödlichen Waffen in Ausübung seiner Pflicht auch einsetzen
durfte.
    Endlich waren die Scharen von Unterpersönlichkeiten im
Dienste der Dominatrix überzeugt, dass es nichts mehr zu
tun gab – auch wenn die Gefahren durchaus glaubhaft waren.
    Und dann geschah etwas, das die Sicherheit des Shuttles
erschütterte und ein Loch in den Panzer seiner
Selbstgefälligkeit riss.
    Das unerklärliche Ereignis dauerte nur einen
Sekundenbruchteil.
    Eine Sensorenanomalie. Alle Sensoren, die auf Haldora gerichtet
waren, während sich das Shuttle im Anflug befand, bekamen
gleichzeitig einen Schluckauf und meldeten, der Gasriese sei einfach
verschwunden.
    Und etwas ebenso Unerklärliches sei an seine Stelle
getreten.
    Ein Schauer durchlief alle Schichten der Kontrollinfrastruktur.
Die Dominatrix durchwühlte ihre Archive so hastig wie ein
Hund auf der Suche nach einem vergrabenen Knochen. Hatte die Gnostische Himmelfahrt bei der langsamen Annäherung an
das System vielleicht eine ähnliche Beobachtung gemacht?
Natürlich war sie viel weiter entfernt gewesen, aber wenn eine
Welt für einen Sekundenbruchteil verschwand, war das nicht so
leicht zu übersehen.
    In hellem Entsetzen durchforstete es den riesigen Datenspeicher,
den ihm die Himmelfahrt vererbt hatte, besonders die Pfade,
die sich

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