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Offenbarung

Offenbarung

Titel: Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Ödlands von Vigrid, wenn ich nicht irre. Aber
so weit im Süden ist mir, glaube ich, noch nie ein Els
begegnet.«
    »Einmal vielleicht doch«, sagte Rachmika. Aber das war
nicht ganz fair: Zwar hatte die Karawane, der sich ihr Bruder
angeschlossen hatte, ebenfalls zur Kirche der Ersten Adventisten
gehört, aber dass es die gleiche gewesen sein sollte, war nicht
anzunehmen.
    »Daran würde ich mich erinnern.«
    »Rachmika reist mit uns« sagte Linxe. »Sie
ist… ein sehr kluges Mädchen. Nicht wahr, meine
Liebe?«
    »Man schlägt sich so durch«, sagte Rachmika.
    »Sie hatte gehofft, bei den Kirchen eine Anstellung zu
finden«, fuhr Linxe fort. Sie benetzte sich die Finger und
strich sich das Haar über ihrem Feuermal glatt.
    Der Quästor legte sein Notepad ab. »Eine
Anstellung?«
    »Im technischen Bereich«, erklärte Rachmika. Sie
hatte dieses Gespräch im Geist ein Dutzend Mal durchgespielt und
dabei immer die Oberhand behalten, aber jetzt ging alles viel zu
schnell und längst nicht so, wie sie gehofft hatte.
    »Fleißige junge Mädchen können wir immer
gebrauchen«, sagte der Quästor und kramte in seiner
Brusttasche. »Junge Männer übrigens auch. Es käme
auf Ihre Talente an.«
    »Ich habe keine Talente.« Rachmika stieß
das Wort hervor wie ein Schimpfwort. »Aber ich kann lesen und
rechnen. Ich kann die meisten Servomaten programmieren. Ich habe mich
viel mit Flitzerforschung beschäftigt und eigene Theorien
bezüglich der Ausrottung der Flitzer entwickelt. Damit
müsste man in der Kirche doch etwas anfangen
können.«
    »Sie hatte gehofft, in eine der kirchlichen Forschungsgruppen
aufgenommen zu werden«, sagte Linxe.
    »Ist das richtig?«, fragte der Quästor.
    Rachmika nickte. Sie hielt die kirchlichen Forschungsgruppen zwar
für einen Witz, für Scheinorganisationen, die nur
existierten, um die Haltung der quaichistischen Kirchen zum
Phänomen der Flitzer zu legitimieren; aber irgendwo musste sie
anfangen. Eigentlich wollte sie nicht ihre Forschungen vorantreiben,
sondern ihren Bruder Harbin suchen. Aber er wäre gewiss leichter
zu finden, wenn sie irgendwo in der Verwaltung säße –
vielleicht in einer der Forschungsgruppen –, anstatt sich mit
Hilfsdiensten bei der Instandsetzung des Weges zu plagen.
    »Ich könnte mich sicherlich nützlich machen«,
sagte sie.
    »Wer viel über die Forschung zu einem Thema weiß,
muss noch lange nicht viel über das Thema selbst wissen«,
stellte der Quästor fest und lächelte freundlich. Er zog
die Hand aus der Brusttasche. Zwischen Zeigefinger und Daumen hielt
er einige Samenkörner. Das grüne Ding auf seiner Schulter
wurde unruhig. Es bewegte sich merkwürdig steif, als wäre
es aufgeblasen, dachte Rachmika, wie eine Art Luftballon. Nein, es
war wohl tatsächlich ein Tier, auch wenn sie – mit ihrer
zweifellos begrenzten Erfahrung – seinesgleichen noch nie
gesehen hatte. Am Ende der dicksten Röhre saß wie eine
Turmspitze ein Kopf mit Facettenaugen und einem zierlichen,
mechanisch aussehenden Mündchen. Der Quästor hielt dem Ding
die Finger hin und schmatzte aufmunternd mit den Lippen. Das Tierchen
streckte sich und knabberte possierlich an den Körnern. Welcher
Gattung mochte es angehören? Körper und Gliedmaßen
waren insektenähnlich, aber der lange Schwanz, den es mehrmals
um den Oberarm des Quästors gewickelt hatte, passte eher zu
einem Reptil. Und seine Art zu fressen, hatte eindeutig etwas von
einem Vogel. Rachmika hatte irgendwann einmal Vögel gesehen,
kobaltblau, mit einer Federkrone auf dem Kopf, einem Schwanz, der
sich wie ein Fächer öffnete, und einem gravitätischen
Gang. Pfauen. Woher kannte sie Pfauen?
    Der Quästor lächelte auf sein Schoßtier hinab.
»Sie haben sicher viele Bücher gelesen«, sagte er mit
einem Seitenblick auf Rachmika. »Das ist lobenswert.«
    Sie beobachtete das Wesen mit Misstrauen. »Ich bin in den
Ausgrabungsstätten groß geworden, Quästor. Ich habe
bei den Ausschachtungsarbeiten geholfen. Ich habe von Geburt an
Flitzerstaub geatmet.«
    »Leider können das auch genügend andere von sich
behaupten. Wie viele Flitzerfossilien haben Sie untersucht?«
    »Keine«, gestand Rachmika nach kurzem Zögern.
    »Nun gut.« Der Quästor legte den Zeigefinger an die
Oberlippe und berührte dann den Mund seines Tierchens. »Das
reicht, Peppermint.«
    Crozet räusperte sich. »Könnten wir das
Gespräch vielleicht im Wagen fortsetzen, Quästor? Wir haben
noch eine Menge zu erledigen, und ich möchte mich nicht weiter
als

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