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Offenbarung

Offenbarung

Titel: Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Haldora
herum leitete? Er konnte nicht beschwören, dass dergleichen
unmöglich war. Wenn die Uhr stimmte, was war dann die
Alternative? Dass der ganze Planet gerade so lange zu existieren
aufgehört hatte, bis seine Nachricht durchgegangen war?
    Das wäre nun wirklich ein Wunder gewesen. Er hatte um
ein Wunder gebetet, aber nicht wirklich erwartet, dass sein
Gebet erhört würde.
    Ein zweiter Servomat wartete an der bereits geöffneten
Rückenschleuse. Gemeinsam hievten die beiden Maschinen die Tochter ins Innere der Dominatrix. Sobald die
Fähre die Öffnung passiert hatte, schoben die Maschinen sie
weiter, bis eine Reihe von metallischen Schlägen durch den Rumpf
schallte. Trotz der schweren Schäden hatte das Schiffchen seine
Form so weit behalten, sodass es auf den Schlitten geschnallt werden
konnte. Quaiche schaute nach unten und wartete, bis sich die
Luftschleuse geschlossen hatte.
    Eine Minute später öffnete ein anderer sehr viel
kleinerer Servomat die Tochter und schickte sich an, ihn
herauszuheben.
    Der Schmerz in seiner Brust kehrte zurück, aber er zwang sich
zum Sprechen. »Morwenna«, sagte er. »Morwenna, ich bin
wieder da. Etwas angeschlagen, aber noch zu gebrauchen.«
    Doch er bekam keine Antwort.

 
Ararat

2675
     
     
    Die Kapsel begann sich zu öffnen. Clavain saß davor,
die Hände unter dem Kinn gefaltet, den Kopf gesenkt wie zum
Gebet, oder wie ein reuiger Sünder, der über seine
jüngste Untat nachdachte.
    Er hatte die Kapuze abgestreift; das weiße Haar fiel ihm
über den Mantelkragen bis auf die Schultern. Ein
würdevoller alter Mann, der Respekt einflößte, aber
nicht mehr der Clavain, den alle zu kennen glaubten. Scorpio war
überzeugt, dass die Techniker trotz des ausdrücklichen
Verbots ihren Männern und Frauen, ihren Geliebten und Freunden
von dem seltsamen Greis erzählen würden, der da
plötzlich aus der Nacht aufgetaucht war. Er sehe Clavain
frappant ähnlich, würden sie sagen, nur sehr viel
älter und gebrechlicher. Sicher wäre es ihnen lieber, der
Alte würde sich als jemand anderer herausstellen, und ihr
Anführer wäre weiterhin am anderen Ende der Welt. Wenn sie
diesen Greis als Clavain akzeptierten, dann akzeptierten sie auch,
dass man sie belogen hatte, und dass Clavain nur noch ein grauer
Schatten seiner selbst war.
    Scorpio setzte sich auf den freien Platz neben seinem Freund.
»Empfängst du etwas?«
    Clavain antwortete erst nach einer Weile und im Flüsterton.
»Nicht viel mehr als die bereits erwähnten
Routineinformationen. Die Kapsel blockiert die meisten neuronalen
Signale. Sie kommen nur verstümmelt an, und manchmal sind sie
auch noch verschlüsselt.«
    »Aber du bist sicher, dass es Remontoire ist?«
    »Ich bin sicher, dass es nicht Skade ist. Wer könnte es
sonst noch sein?«
    »Ich würde sagen, es gibt dutzende von
Möglichkeiten«, flüsterte Scorpio.
    »Das stimmt nicht. In dieser Kapsel liegt ein
Synthetiker.«
    »Dann eben einer von Skades Verbündeten.«
    »Nein. Ihre Freunde waren alle von der gleichen Art:
Synthetiker der neuen Generation, schnell, rationell und kalt wie
Eis. Ihr Bewusstsein fühlt sich anders an.«
    »Das ist mir zu hoch, Nevil.«
    »Du glaubst, wir wären alle gleich, Scorp. Aber das war
und ist nicht so. Jeder Synthetiker, mit dem ich jemals eine
Bewusstseinsverbindung einging, war anders. Wenn ich Remontoires
Bewusstsein berührte, war es immer…« – Clavain
zögerte einen Moment und lächelte, als er den passenden
Vergleich fand – »wie die Mechanik einer Uhr. Ein altes
Uhrwerk, solide und zuverlässig, wie man es einstmals in Kirchen
hatte. Aus Eisen, mit Rädchen und Federn. Er fand mich wohl noch
langsamer und mechanischer… wie einen Mühlstein vielleicht.
Galianas Bewusstsein dagegen…«
    Er verstummte.
    »Ganz ruhig, Nevil.«
    »Es ist schon gut. Ihr Bewusstsein war wie ein Raum voller
Vögel. Schöner und kluger Singvögel. Und ihr Gesang
– das war keine sinnlose Kakophonie, auch kein Chor, sondern ein
Wechselgesang – ein Netz aus flirrenden Tönen, ein
sprühender Wortwechsel, so schnell, dass der Geist nicht folgen
konnte. Und Felka…« Wieder stockte er, fand aber den Faden
gleich wieder. »Felka war eine Turbinenhalle. Erschreckend. Ihr
Bewusstsein vermittelte den Eindruck von Statik bei unglaublicher
Geschwindigkeit. Sie erlaubte mir nur selten, in die Tiefen
vorzudringen. Sie dachte wohl, ich könnte es nicht
ertragen.«
    »Und Skade?«
    »Sie war wie ein Schlachthof voll schwirrender,

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