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Offenbarung

Offenbarung

Titel: Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Schieberkontakte. Dieser Abteilung gehörten
natürlich nur junge Standardmenschen mit durchtrainierten,
geschmeidigen Otterkörpern an. Hellgrüne Flecken auf ihrer
Haut verrieten, dass die biologische Verschmelzung mit den Schiebern
bereits begonnen hatte. Alle trugen ärmellose Kittel, die ihre
breiten Schultern und die eindrucksvoll entwickelten Armmuskeln gut
zur Geltung brachten. In die verschlungenen grünen Muster waren
Tätowierungen eingearbeitet, eine Art Rangabzeichen, mit denen
niemand außer ihnen und ihresgleichen irgendetwas anfangen
konnte. Scorpio hielt insgesamt nicht allzu viel von den Schwimmern,
und das nicht nur, weil sie Zugang zu einer wundersamen Welt hatten,
die er, das Hyperschwein, nie kennen lernen würde. Sie sonderten
sich auch ab und schienen auf alle anderen, auch auf die
Standardmenschen, herabzusehen. Allerdings konnte man ihnen gewisse
Verdienste nicht absprechen, und ihre Arroganz hatte irgendwo auch
ihre Berechtigung. Sie hatten Dinge und Orte gesehen, die kein
anderer je zu Gesicht bekommen würde. Wenn die Kolonie aus ihnen
Nutzen ziehen wollte, musste sie ihnen mit Nachsicht begegnen.
    Die anderen neun Mitglieder des Ältestenrates waren
wesentlich älter als die Schwimmer. Sie hatten die Evakuierung
Resurgams bereits als Erwachsene miterlebt. Wie bei den Schwimmern
wechselten die Gesichter, wenn neue Vertreter dazukamen und andere
den Dienst quittierten. Scorpio bemühte sich dennoch, jeden
Einzelnen zu kennen und sich mit einem Eifer wie sonst nur bei engen
Freunden oder Todfeinden alle persönlichen Eigenschaften
einzuprägen. Dieses akribische Speichern von privaten Daten war
eine seiner Stärken, ein gewisser Ausgleich dafür, dass er
nicht fähig war, vorausschauend zu denken.
    Deshalb störte es ihn sehr, dass ihm eine der Anwesenden fast
völlig fremd war. Khouri saß ihm fast genau
gegenüber. Dr. Valensin wich ihr nicht von der Seite. Scorpio
hatte nichts gegen sie in der Hand, er wusste nicht, wo ihre
Schwächen lagen, und daran stieß er sich immer wieder wie
an einem fehlenden Zahn.
    Während er noch überlegte, ob jemand von den anderen
ähnliche Probleme damit hatte, wurde es plötzlich still im
Raum. Alle einschließlich Khouris sahen Clavain an und
erwarteten, dass er den Vorsitz übernahm.
    Clavain stützte sich auf die Tischplatte und erhob sich.
»Ich will keine großen Reden schwingen. Nach allem, was
ich sehe, hat Scorpio in meiner Abwesenheit ausgezeichnete Arbeit
geleistet und die Kolonie vorzüglich geführt. Ich habe
nicht vor, ihm das Amt wieder abzunehmen, aber ich werde der
Gemeinschaft in der aktuellen Krise, so gut ich kann, mit Rat und Tat
zur Seite stehen. Ich nehme an, Sie haben alle die Berichte gelesen,
die wir, Scorp und ich, nach Khouris Aussagen zusammengestellt
haben?«
    »Wir haben sie gelesen«, sagte ein ehemaliger
Resurgam-Kolonist – ein bärtiger, korpulenter Mann namens
Hallatt. »Inwieweit wir sie ernst nehmen, ist allerdings eine
andere Frage.«
    »Einige Behauptungen klingen sehr ungewöhnlich«,
räumte Clavain ein, »aber das ist an sich nicht
verwunderlich. Wir haben selbst erstaunliche Dinge erlebt, seit wir
Yellowstone verlassen haben. Dies sind keine normalen Zeiten.
Natürlich lösten auch die Umstände, unter denen sie zu
uns kam, Überraschung aus.«
    »Es geht nicht allein um das, was sie sagt«, beharrte
Hallatt. »Sondern auch um die Person. Khouri war Ilia Volyovas
Stellvertreterin. Für mich ist das nicht unbedingt die beste
Empfehlung.«
    Clavain hob die Hand. »Volyova mag Ihrem Planeten Schaden
zugefügt haben, aber ich finde, mit ihrer letzten Tat hat sie
für ihre Sünden gebüßt.«
    »Sie mag das so gesehen haben«, widersprach
Hallatt, »aber nicht der Täter bestimmt, ob eine Schuld
gesühnt ist, sondern das Opfer. Ich halte sie nach wie
vor für eine Kriegsverbrecherin und Ana Khouri für Ihre
Komplizin.«
    »Das mag Ihre Ansicht sein«, stellte Clavain fest.
»Aber wir hatten einstimmig beschlossen, uns während der
Evakuierung an bestimmte Regeln zu halten, und danach sollten weder
Volyova noch Khouri für irgendwelche Verbrechen zur Rechenschaft
gezogen werden. Mir geht es im Moment nur um Khouris Aussagen und um
die Frage, ob und wie wir darauf reagieren wollen.«
    »Moment mal«, sagte Khouri, als Clavain sich setzte.
»Vielleicht ist mir etwas entgangen, aber sollte an dieser
kleinen Runde nicht noch jemand teilnehmen?«
    »An wen hatten Sie denn gedacht?«, fragte Scorpio.
    »Natürlich an das

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