Oh Happy Dates
zuversichtlich, selbstsicher und zuversichtlich«, bete ich mir flüsternd vor.
Ehe ich bereit bin, höre ich schon wieder den Piepton. Ich räuspere mich. Ich hole tief Luft und setze gerade zu
einem sexy kehligen »Hi« an, als Simon wieder hereinkommt und lautstark verkündet: »Da hast du sie, Sare, zehntausend Lümmel, mit denen du dich beschäftigen kannst!«
Ich kann nicht mit ihm sprechen. Ich mache den Würgelaut und scheuche ihn dabei weg. Simon sieht mich an, als hätte ich einen epileptischen Anfall. Dann flitzt er aus dem Zimmer.
Bei meiner dritten Voicebox-Begrüßung mache ich Ernst.
»Hi«, beginne ich, ein wenig tiefer als beabsichtigt, es klingt, als hätte ich mir vor Kurzem die Mandeln rausnehmen lassen. »Ich bin Sarah. Ich bin Kellnerin, habe gern mit Menschen zu tun, gehe auch gern ins Kino und ins Theater oder zum Essen, wenn Sie das also auch gern tun, dann ru …«
Schon wieder Simon. Jetzt trägt er einen mexikanischen Poncho und einen Sombrero zur Unterhose. Ich kann nicht weitersprechen und glotze ihn an. Simon und ich verkleiden uns gern, aber dieses mexikanische Outfit habe ich noch nie gesehen. Es ist ein tolles Kostüm. Hoffentlich leiht er es mir mal. Er fängt an, wie wild mit den Hüften zu wackeln, und singt dann mit sehr dubiosem mexikanischem Akzent:
»Lümmelada, Lümmelada, Lümmel lieben alle Leut.«
Ich presse meine Lippen zusammen. Bloß nicht lachen. Ich muss stark bleiben. Ich fange an zu schnuppern und mache abwehrende Gesten, aber er nimmt sich eine der Cocktailflaschen, haut sich damit auf den Hintern und sagt in demselben schrecklichen Akzent: »Es tut mir so leid, Sarah! Es tut mir so leid, Sarah!«
Meine Güte, es ist schon schwer, sauer auf jemanden zu sein, der sich als Mexikaner verkleidet hat und komische
Liedchen singt. Aber erst als Simons kleiner Hintern sich auf und ab bewegt wie ein bockendes Pony, während er darauf eindrischt, werde ich schwach und lächele.
Ich lache und strecke ihm meine Hände zu einer freundschaftlichen Umarmung entgegen. Das Telefon halte ich dabei nach wie vor in meiner rechten Hand. Au weia! Meine Aufnahme für die Einsamen Herzen! Ich halte mir das Telefon ans Ohr und höre gerade noch: »Voicebox-Aufnahme beendet, bitte legen Sie jetzt auf.«
27
»Alles in Ordnung mit dir, Dolly?«, rufe ich Julia zu.
»Hör auf, mich Dolly zu nennen!«
Sie steht in BH und Höschen vor mir. Wir haben keine Zweifel, was unsere Sexualität angeht. Wir sind bei einer Brautjungfern-Anprobe für Nikkis und Bertrands Hochzeit. Mit Dolly beziehe ich mich auf Dolly Parton, weil wir uns hier jetzt schon seit über zweieinhalb Stunden aufhalten, hauptsächlich wegen Julias großer Oberweite.
Wir befinden uns in einem Bungalow in Guildford, der einer Schneiderin mittleren Alters namens Denise gehört. Wir sind zu viert in diesem Raum, überall von Hochzeitskleidern umgeben. Das ist der erste Samstag seit über zwei Jahren, an dem ich nicht im Café arbeite, und ich komme mir vor, als würde ich ihn in einem riesigen Marshmallow verbringen. Das einzige Ding im Raum, das weder ein Hochzeitskleid noch eine Person noch ein Möbelstück aus den Achtzigerjahren ist, ist Denises Laptop. Ich werfe begehrliche Blicke darauf. Gestern habe ich keine E-Mail von Paul bekommen. Fast drei Wochen lang erhielt ich jeden Tag die gleiche E-Mail. Gestern gab er es auf. Vermutlich steckte sein Kopf zwischen gut entwickelten Schenkeln und er vergaß es. Ich hoffe nur, die gut entwickelten Schenkel nahmen seinen Kopf in die Zange, bis er blau anlief. Aber ich würde trotzdem gern nachsehen, ob er mir heute eine geschickt hat.
Ich summe »Nine to Five« und habe keine Schuldgefühle dabei. Julia hatte zuvor, als ich versuchte, mein Kleid anzuprobieren, eine schmissige Version von »Fat Bottomed Girls« hingelegt.
»Du hast deinen Hintern auch nicht in deins gekriegt.«
»Mit meinem neuen Spanx schon«, seufze ich zärtlich und streichele meinen nahtlosen figurformenden Body, der bis zur Mitte der Oberschenkel reicht. Er ist zwar nicht gerade das bequemste Wäschestück – seien wir ehrlich: Im Grunde sind es aus einem Trampolin gefertigte Shorts -, und es besteht auch durchaus die Gefahr, dass ich darin ohnmächtig werde, wenn ich durch die Kirche gehe, da er jegliche Blutzirkulation zu unterbinden scheint. Aber ich liebe ihn dennoch.
»Nicht doch, Mädels«, tadelt Denise, die ein Maßband um Julias Büste hält und verwundert den Kopf schüttelt.
»Was ist
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