Oh Happy Dates
Betrüger zum Helden?«
»Aber er hat dir ein Gedicht geschrieben«, schwärmt Flora.
»Jetzt aber mal halblang! Es reimt sich ja kaum! Denkt auf Getränk! Ist nicht gerade Eminem, oder? Ein Stück Sushi kriegt das besser hin!«
»Ich bin wirklich sauer auf dich«, sagt Julia, und sie sieht auch so aus.
»Warum?«
»Gib diesem Kerl doch um Himmels willen Gelegenheit, es dir zu erklären!«
Ich sehe Julia einen Moment lang an und sage dann entschlossen das Wort »Nein«, ehe ich missmutig den Laptop schließe. Und dann füge ich noch das Wort »Dolly« hinzu, um sie richtig zu ärgern.
28
»Oh mein Gott oh mein Gott oh mein Gott!«, schreie ich, die Zeitung in der einen Hand, ein Croissant mit Butter und Marmelade in der anderen.
»Sarah. Atmen.«
»Ich stehe ganz oben auf der Seite! Sieh nur! Sieh nur!«
»Atmen«, erinnert Julia mich matt.
»Ich stehe im Observer .«
»Es ist eine Anzeige auf der Kontaktseite, die du noch dazu geklaut hast.«
»Deshalb brauchst du mir noch lange nicht meinen Spaß zu verderben.«
»Also du bist wirklich blöd!«
»Oh. Danke.«
»Du wirst bloß noch mehr kleine Gruftis kennenlernen.«
»Besten Dank für deine Unterstützung, Julia.«
»Was ist mit Paul?«
»Ach, nicht schon wieder …«
»Er ist ein heißer Typ, erfolgreich, wohlhabend, geistig gesund! Und er ist immer noch verrückt nach dir, Sarah! Und bis zu diesem dummen Gespräch, das Simon zufällig mitgehört hat, hast du dir Namen für die Babys überlegt, die du mit diesem Kerl haben wolltest! DU SOLLTEST DIR ANHÖREN, WAS ER DIR ZU SAGEN HAT!«
Ich schaue sie einen Moment lang an. Es folgt eine
beredte Pause. Im Café befinden sich acht Leute. Ein größeres Publikum habe ich schon lange nicht mehr gehabt, also wird man mir verzeihen, dass ich es ausnutze. Ich lege traurig mein Croissant ab.
»Du hast mir die Lust an meinem Croissant genommen.« Ich schaue kopfschüttelnd das Croissant an. »Also, du kannst mich anschreien und mir die Lust auf Croissants nehmen, aber du wirst mich nie, nie« (das zweite »nie« wurde lauter und, um es zu betonen, langsamer gesprochen) »dazu überreden, Paul anzurufen. Ich mache jetzt diese Einsame-Herzen-Geschichte, und damit basta.«
»Na gut, ich sag’s ja, du bist blöd.« Sie zuckt mit den Schultern und fängt giftig an, Servietten zu falten.
Ich weiß nicht, was ich sagen soll, also mache ich unweigerlich den Würgelaut. Der Mann von Tisch neun zuckt daraufhin zusammen. Wenn Julia danach ist, kann sie so hartnäckig sein wie ein Olivenölfleck. Aber in diesem Fall irrt sie. Das soll nicht heißen, dass ich nicht an Paul denke, so etwa fünfmal pro Minute. Ich würde ihn nur allzu gern sehen. Ich würde auf Weißmehl- und, wenn’s sein muss, auch noch auf Milchprodukte verzichten, damit alles wieder so würde, wie es war. Aber der Schaden ist angerichtet. Wer auch immer da am Telefon war, es war jemand, der ihm am Herzen liegt und von dessen Existenz ich nichts wissen sollte. Wie konnte ich ihm also trauen?
Ich nehme die Zeitung und steuere die Küche an. Der Chefkoch, dessen Namen ich nicht aussprechen kann, hat die Lümmelada genommen, die ich ihm gegeben habe, und sie sich in seine Kochmütze gesteckt.
»Hat nur Schwanz im Kopf!«, informieren mich die anderen Köche und beugen sich dann prustend vor Lachen über die silberne Küchentheke.
»Ja, hat er«, stimme ich ihnen zu.
Ich bahne mir meinen Weg zu der winzigen Toilette, die nicht mehr benutzt wird, auch als Aufenthaltsraum fürs Personal bekannt. Dort riecht es nach Füßen und polnischen Köchen, und dort verwahren wir unsere Mäntel und Taschen. Die glorreichen Tage, da Kellnerinnen ihre persönlichen Habseligkeiten unter ihren Bedienungsschürzen mit sich herumtrugen, sind leider vorbei. Glenda, die Besitzerin in der Menopause, schickte uns allen ein Schriftstück mit dem Verbot, Mobiltelefone woanders als im Personalzimmer aufzubewahren. Offenbar hatte eine der polnischen Kellnerinnen eine Bestellung aufgenommen, als ihr Telefon klingelte. Sie zog das Telefon aus ihrer Schürze, um es abzustellen, und dabei fiel ein Tampon auf den Tisch des Gastes. Er sagte, das habe ihn davon abgehalten, ein komplettes englisches Frühstück zu bestellen, und er schrieb einen Beschwerdebrief. Eine boshafte Überreaktion von Glendas Seite. Schließlich war es ein unbenutzter Tampon gewesen.
Ich halte die Luft an und hole mein Handy aus meiner Tasche. Ich habe siebzehn neue SMS. Oh Mann. Alle von
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