Oh Happy Dates
dein nächstes Abenteuer, Sarah?«, erkundigt sich Flora, Nikkis jüngere Schwester und dritte Brautjungfer.
»Wie bitte?«, frage ich. Flora ist die hübscheste Frau der Welt, und infolgedessen kommt es oft vor, dass keiner auf ihre Worte hört, wenn sie etwas sagt. Die Leute sind meist viel zu beschäftigt mit der Überlegung »Wow, du bist so was von hübsch«, genau wie ich gerade.
Tatsächlich ist Flora mehr als hübsch. Freunde werden oft als hübsch beschrieben, aber wenn man sie dann trifft, sehen sie nur unter einem bestimmten Blickwinkel gut aus. Aber Flora ist eine Schönheit. Sie ist so schön, dass Kate Moss dagegen hässlich aussieht. Sie ist eins achtzig groß, hat langes sandfarbenes Haar und ihre Haut hat die Farbe einer perfekten Tasse Schwarztee. Sie hat ein paar Jahre lang als Model gearbeitet, es aber dann aufgegeben, weil sie was Sinnvolleres tun wollte. Jetzt macht sie eine Ausbildung zur Hebamme.
»Dein nächstes Abenteuer?«
»Oh, ganz was Tolles. Ich habe im Observer von morgen eine Kontaktanzeige geschaltet.« Ich bin wegen morgen schon ganz aufgeregt. Bestimmt werde ich einen klugen, Observer- lesenden Typen kennenlernen, das spüre ich. Das Doofe dabei ist nur, dass Julia und ich wegen der Anprobe unsere Samstagsschicht verlegen mussten. Sollte ich also morgen eine Nachricht meines Observer- lesenden Seelenfreundes bekommen, werde ich gerade bis auf Höhe meiner Cellulitis in sexuell abartig veranlagtem polnischem Küchenpersonal und zu lange gekochten Eiern stecken. Und das entspricht ganz und gar nicht meiner Vorstellung.
»Oh, wie tapfer!«, sagt Denise.
»Tapfer«, wiederhole ich stolz. Das gefällt mir. Ich bin eine mutige Vorkämpferin für die Frauen. Ich sollte mir Visitenkarten drucken lassen.
»Ja, tatsächlich. Eine Freundin von mir hat das gemacht. Es war die Hölle.«
»Weshalb?«
»Nun. Sie lernte einen Mann kennen, den sie sehr gern hatte.« Während Denise erzählt, lässt sie ihre Hände auf Julias Brüsten ruhen. »Mir war er von Anfang an verdächtig. Stiernacken. Sehr behaart. Egal, es war jedenfalls schrecklich für sie, als behauptet wurde, er gehöre einem Kinderpornografie-Ring an.«
Mir wird leicht übel. Julia fängt an zu lachen.
»Halt die Klappe, Dolly.«
»Hör auf, mich Dolly zu nennen! So groß sind sie nun auch wieder nicht!«
»Oh, sie sind wunderhübsch. Schöne, große Brüste«, lächelt Denise. Ich übermittle Julia wortlos »Da hast du’s«. Sie streckt mir daraufhin die Zunge heraus.
»Ich muss nur irgendwie einen zusätzlichen Streifen in das Mieder von Julias Kleid einfügen. Das könnte eine Weile dauern. Fühlen Sie sich wie zu Hause, während ich mich an die Arbeit mache.«
»Wenn Sie sagen, wir sollen uns ›wie zu Hause fühlen‹, bedeutet das dann auch, dass ich meine E-Mails auf Ihrem Computer ansehen kann, Denise?«
»Natürlich.«
»Ich dachte, wir wären in einer Stunde fertig«, seufzt Flora traurig, als Denise den Raum verlässt.
»Schau mal, ob sie eine Drahtlosverbindung hat. Wir könnten uns Rachel Birds Blog ansehen«, schlägt Julia vor und kommt auf mich zugeeilt. »Hast du den Blog Beichten einer Klosterschülerin gelesen, Flora? Der ist hervorragend. Unglaublich versaut.«
»Nein, den habe ich noch nie gelesen. Der einzige Blog, den ich anklicke, ist deiner, Sarah.«
»Dafür liebe ich dich, Flora.« Ich lächele sie an.
Ich gehe nicht auf Julias Wunsch ein, sondern checke rasch meine E-Mails. Nichts von Paul. Das war es dann also. Ich weiß, dass es so das Beste ist, aber ich wünschte, ich würde mich innen drin nicht so leer fühlen. Ich wechsle zu meinem Blog.
»Ich habe einen neuen Kommentar!«, frohlocke ich. »Von jemand, der sich P der Poet nennt.«
Ich lese laut vor:
> Es war einmal ein Mädchen, Sarah Sargeant wurde es genannt,
das knüpfte mit einem Jungen beim Marathon ein zartes Band.
Ein Missverständnis hat sie leider entzweit,
Ihn wieder zu treffen, war sie nicht bereit.
Doch er ist nicht so schlecht, wie sie denkt,
und möcht es erklären bei einem Getränk.
»Ach, ist das reizend«, sagt Flora und zieht dabei ihr Gesicht kraus, als würde sie von einem jungen Kaninchen sprechen.
»Also ich finde, du musst dich jetzt mal bei ihm melden«, sagt Julia mit so viel Begeisterung, dass ihr Pferdeschwanz anfängt zu tanzen, als wären wir auf einem Reiterfest.
»Das werde ich mit Sicherheit nicht tun. Seit wann machen denn ein paar schlecht gereimte Verse einen Lügner und
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