Ohne Abkommen (Die Ratte des Warlords III) (German Edition)
gewesen, die Kampfkunst, die Armee und sein Glaube an die Gerechtigkeit.
Doch jetzt hatte er keine Familie, er war schon lange kein Soldat mehr und der Gerechtigkeit hatte er auf Kosten anderer Geltung ve rschafft. Das Kung-Fu war wie ein Anker, aber es konnte ihm keine Kraft geben.
Die musste Kepler aus etwas anderem schöpfen. Es gab nur noch eines, das ihn beleben konnte . Zumindest hoffte er das.
Es war nicht der Sex, zumindest nicht nur. Es war die unendliche Ehrfurcht, die Kepler vor dem Weiblichen empfand, das er beinahe anbetete, weil es für ihn das absolut Schöne und der Inbegriff des Lebens war.
Er und Budi versuchten der Leere zu entgehen, indem sie sich in die Faszination stürzten, mit Frauen zu sprechen und sie zu berühren. Sie entwickelten sogar eine Strategie dafür. Es war stets Kepler, der die Frauen ansprach, Budi hatte immer noch Schwierigkeiten damit. Das war seltsam, denn nachdem der Sudanese drei Sätze gesprochen hatte, faszinierte er die Frauen genauso wie sie ihn.
Frauen kennenzulernen war spannend, es war sowohl anregend und auch err egend. Jeder brauchte etwas, um seine Geister wenigstens für einen Augenblick vergessen zu können. Alkohol oder Drogen hätte Kepler nie geduldet und Sex hatte eine ähnliche Wirkung. Solange es ihm und Budi dabei nicht ausschließlich um das Körperliche ging, solange sie einer Frau nicht nur als einem reinen Lustobjekt begegneten, solange hatten sie eine Chance, menschlich zu blieben.
Die Freude weibliche r Gesellschaft half nicht durchzudrehen, unabhängig davon, ob es nur bis zum Tisch eines Restaurants reichte oder bis zum Bett. Aber auch das Zweite vermochte nicht, die Leere in ihnen auszufüllen. Und die ließ Kepler und Budi nie vergessen, dass sie – außer für den Kampf – unnütz waren.
Sie konnten nichts anderes sein, als das was sie waren. Und sie wollten nichts anderes sein, denn das hieße, sich selbst zu verraten. Deswegen trainierten sie und fuhren in die leeren Gegenden im Hinterland von Durban, um zu schießen.
Um keine Monotonie aufkommen zu lassen, wechselten sie unregelmäßig die Arten ihrer Beschäftigungen und Kepler begann, Budi das Kali beizubringen, eine Messerkampftechnik, die er beim KSK gelernt hatte. Wenn er seine Kampfsporterfahrung in seinen Stil mit eingebracht hatte, so band Budi arabische und afrikanische Elemente ein. So lernte auch Kepler etwas dazu. Für ihn war es wieder einmal so, als ob er für einen Fall trainierte, von dem er hoffte, dass er nie eintrat. Es war eigentlich genauso wie bei der Armee.
Eigen tlich, denn der Fall trat irgendwann doch immer ein.
3 8. Innerhalb einer kurzen Zeit entwickelte Budi eine enorme Wissbegierigkeit. Das ging soweit, dass Kepler ihn manchmal vom Computer zerren musste, damit sie trainieren gingen. Oft genug kam es nicht dazu, weil er sich neben Budi hinsetzte und sie zusammen das Internet nach Daten und Fakten über die Rätsel der Wissenschaft durchforsteten. Wie in einem Gefecht, verständigten sie sich dabei mit knappen Gesten, wenn einer den anderen bat, weiterzuscrollen oder zu warten. Aber wenn sie sich über das Gelesene unterhielten, taten sie es sehr ausführlich. Manchmal hielten sie sogar während des Trainings inne und diskutierten ziemlich heftig, anstatt einander zu verprügeln.
Ein weiterer Monat ihres seltsamen neuen Lebens verging in Studien, Stadterkundungen und dem Training ohne dass Smith angerufen hatte. Und plötzlich stellten Kepler und Budi fest, dass Weihnachten war.
Es wurde in Südafrika als Karneval oder als Picknick am Strand gefeiert , nur der europäischstämmige Teil der Bevölkerung zelebrierte noch die Bräuche, die ihre Ahnen einst mitgebracht hatten. Allerdings ohne Weihnachtsbäume, dafür schmückte man die Fenster mit glitzernden Stoffen und bunten Folien und hängte Strümpfe neben der Eingangstür auf . In Siedlungen der Weißen wurde pantomimisch die Weihnachtsgeschichte nachgestellt und bei Kerzenlicht Weihnachtslieder gesungen. Ein weicher Zauber lag in der Luft, die Welt schien für einen Moment alles Schlechte von sich abgeschüttelt zu haben.
Am Boxing day , dem sechsundzwanzigsten Dezember, war es Brauch, Essen und Geschenke an Arme zu verteilen. Kepler hatte noch den Check, den er Roy abgenommen hatte, und er und Budi fuhren zu einem Waisenhaus. Budis Augen leuchteten beinahe beschwingt, als er die Verwaltung ging, um den Scheck dort abzugeben. Kepler blieb im Auto. Dieses Geschenk machte ihn nicht zu einem guten
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