Ohne Chef ist auch keine Loesung
Blaue hinein
vergeben und sich nachher nicht mehr erinnern, was abgesprochen war; Stimmungsschwankungen zwischen Jovialität und Tobsuchtsanfall;
Prioritätenverschiebung von Hü nach Hott ohne erkennbaren Anlass – um nur einige zu nennen.
Wir werden weiter unten sehen, was derartiges Chefgebaren bei Angestellten auslöst und welche hochdramatischen, auch persönlichen
Folgen sich häufig daraus ergeben. Zuvor erörtern wir noch den Fall, dass Sie oben auf unsere Frage zu Ihren Gefühlen
nicht
mit 3 geantwortet haben und sich
nicht
ertappt fühlen.
Lassen Sie Ihren Chef für sich arbeiten?
Wie wir in Kapitel 7 noch sehen werden, ist eine offene und ehrliche Kommunikation das A und O für ein gesundes und befriedigendes
Miteinander am Arbeitsplatz. Deshalb haben wir Schnappi ein Fax geschickt und ihn ganz offen gefragt, was er sich bei seiner
Argumentation in der Beförderungssituation gedacht hat. Zurück kam folgende Antwort:
|76| Der scheint echt ein harter Brocken zu sein! Und um ihn nicht ganz ungeschoren davonkommen zu lassen, haben wir ihm als Dankeschön
für seine Antwort einen Coaching-Gutschein geschickt. Dann haben wir seine Unterlagen ausgewertet und sind zu erstaunlichen
Ergebnissen gekommen. Besonders interessant war eine E-Mail, die ein Mitarbeiter der Schnappi GmbH offenbar im Abteilungsdrucker
liegen gelassen hatte:
|77| Natürlich handelt es sich bei unserem Kandidaten Günni um ein besonders krasses und dreistes Exemplar, das in dieser Ausprägung
hoffentlich nicht dem Durchschnittsarbeitnehmer und sicher schon gar nicht Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, entspricht.
Doch was Günni absichtlich mit seinem Chef treibt, passiert tagtäglich in den Unternehmen oft auch ohne böse Absicht: Dass
eben auch der ein oder andere Mitarbeiter eine unberechenbare Lottozahl ist – die mit 48 anderen Zahlen durch die Mischtrommel
schwirrt, hin und her, kaum zu erkennen, und so weiter …
Da gehen Arbeitsaufträge des Chefs zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus, Termine werden vergessen, Arbeiten nicht
rechtzeitig abgegeben, sodass der Chef aufgeschmissen ist und es am Ende selbst machen muss, Absprachen werden nicht eingehalten,
Ansagen des Chefs nicht ernst genommen. Und morgens kann es schon mal vorkommen, dass der Anruf eines Kunden ins Leere geht,
weil der Mitarbeiter seinen Arbeitszeitbeginn etwas zu flexibel auslegt. Ist die Laune gerade im Keller, weil man schlecht
geschlafen hat oder es Stress mit den Kindern zu Hause gab – dann bekommt das auch so mancher Geschäftspartner im Termin einmal
zu spüren.
Solche Unzuverlässigkeiten, so berichten uns die Chefs, sind leider in vielen Betrieben an der Tagesordnung. Hier, liebe Mitarbeiter,
dürfen wir aber nicht mit zweierlei Maß messen: Wer Zuverlässigkeit erwartet – der muss auch selbst welche bieten.
Warum ist es nun für beide Seiten so wichtig, zuverlässig und berechenbar zu sein?
Lassen Sie uns ein weiteres Fallbeispiel betrachten, das zeigt, was Unberechenbarkeit so alles anrichten kann: Ein Stationskrankenpfleger,
der zu 20 Prozent seiner Dienstzeit als Qualitätsbeauftragter für das gesamte Krankenhaus arbeitete, war in dieser Funktion
direkt der Geschäftsleiterin unterstellt. Von ihr |78| erhielt er verschiedene Arbeitsaufträge – die sich leider regelmäßig gegenseitig widersprachen, weil die Chefin seine Mischfunktion
nicht so recht unter einen Hut bringen konnte. Das Problem ergab sich für ihn daraus, dass er (a) heute Handbücher für die
Stationen anlegen, (b) morgen die Ergebnisse der letzten Mitarbeiterbefragung auswerten, (c) übermorgen dann doch nicht die
Stationshandbücher anlegen und (d) überübermorgen am besten erst gar keine Umfrage durchgeführt haben sollte – um nur ein
paar seiner Tätigkeitsfelder zu nennen. Diverse Versuche seinerseits, gemeinsame und verbindliche Absprachen zu treffen, blieben
ergebnislos. Zur Krönung beschwerte sich dann die Geschäftsleiterin vor der versammelten Leitungsrunde, dass er seine Arbeiten
nie absprachegemäß abliefere …
Uns interessiert nun das Seelenleben dieses Qualitätsbeauftragten, wenn er heute dies und morgen jenes zu hören bekommt –
und beim besten Willen nicht mehr nachvollziehen kann, weshalb seine Chefin alles andere als stark wie ein Leuchtturm steht.
Damit sind Sie jetzt an der Reihe, liebe Vorgesetzte. Versetzen Sie sich einmal in diesen Mitarbeiter – versuchen Sie, sich
in ihn
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