Ohne dich kein Sommer - Roman
wieder ein, das ich gesagt hatte, und ich musste weinen.
Wie hatte ich mich nur blamiert am Strand! Es war so furchtbar, einfach alles – Susannahs Tod, die Vorstellung, dass dieses Haus nicht mehr uns gehören sollte, die Tatsache, dass ich Conrad Gelegenheit gegeben hatte, mich erneut zurückzuweisen. Taylor hatte recht: Ich war eine Masochistin.
Ich drehte mich auf die Seite, zog die Knie an die Brust und weinte weiter. Nichts war, wie es sein sollte, ich selbst schon gar nicht. Plötzlich wünschte ich mir nur noch, meine Mutter wäre da.
Ich streckte einen Arm quer übers Bett zum Nachttisch aus und griff nach dem Telefon. Auf dem Display leuchteten die Zahlen auf. Beim vierten Klingeln nahm meine Mutter ab.
Sie klang verschlafen und auf eine Weise vertraut, dass ich nur noch mehr weinen musste. Mein größter Wunsch in dem Moment war, ich könnte durch die Leitung die Hand nach ihr ausstrecken und sie zu mir holen.
»Mommy«, sagte ich. Meine Stimme war nur ein Krächzen.
»Belly? Was ist los? Wo bist du?«
»Bei Susannah bin ich. Ich meine, im Sommerhaus.«
»Was? Was machst du im Sommerhaus?«
»Mr. Fisher will es verkaufen. Er verkauft es, und Conrad ist so unglücklich, und Mr. Fisher ist das total egal. Er will es einfach nur los sein. Er will sie los sein.«
»Belly, jetzt mal ganz langsam, so versteh ich überhaupt nichts.«
»Komm einfach her, ja? Bitte, bitte komm und bring alles wieder in Ordnung.«
Dann legte ich auf, denn auf einmal fühlte sich das Telefon so schwer an in meiner Hand. Ich kam mir vor wie auf einem Karussell, allerdings war das kein gutes Gefühl. Jemand schoss draußen Feuerwerkskörper ab, und jeder Knall dröhnte in meinem Kopf. Ich schloss die Augen, was alles nur noch schlimmer machte. Aber meine Lider waren so furchtbar schwer, und bald war ich eingeschlafen.
32
Jeremiah
Kurz nachdem Belly schlafen gegangen war, schickte ich alle nach Hause, und dann waren nur noch wir beide da, Conrad und ich. Conrad lag bäuchlings auf der Couch. Schon seit Belly und er vom Strand zurückgekommen waren, lag er so da. Beide waren sie nass und voller Sand gewesen. Belly war fix und fertig, und sie hatte offensichtlich geweint. Ihre Augen waren ganz rot gewesen. Conrads Schuld – klar.
Der Boden war voll mit Sand, den die Leute ins Haus geschleppt hatten. Überall lagen Flaschen und Dosen herum, und eins der Sofapolster hatte einen großen orangeroten Fleck, weil jemand mit seinem nassen Handtuch darauf gesessen hatte. Ich drehte es einfach um. »Das ist ja ein einziges Schlachtfeld hier«, sagte ich und ließ mich auf einen der Sitzsäcke fallen. »Wenn Dad das morgen sieht, der rastet aus.«
Conrad machte gar nicht erst die Augen auf. »Egal. Morgen räumen wir auf.«
Ich starrte ihn an. Ich hatte eine Scheißwut auf ihn. Ich war es so leid, immer hinter ihm die Scherben einzusammeln. »Dafür brauchen wir Stunden.«
Nun machte Conrad doch die Augen auf. »Wer hat denn die ganzen Leute eingeladen? Das warst ja wohl du.«
Damit hatte er allerdings recht. Die Party war meine Idee gewesen. Im Grunde war es ja auch nicht das Chaos, das mich so wütend machte. Sondern das mit Belly. Mit ihm und ihr. Das machte mich krank.
»Deine Jeans sind nass«, sagte ich. »Du verteilst den ganzen Sand auf der Couch.«
Conrad setzte sich auf und rieb sich die Augen. »Was hast du eigentlich für ein Problem?«
Ich hielt es nicht mehr aus. Erst wollte ich aufstehen, dann setzte ich mich wieder. »Was war verdammt noch mal los mit euch da draußen?«
»Nichts.«
»Was soll das heißen, nichts?«
»Nichts heißt nichts. Und jetzt lass gut sein, Jere.«
Ich konnte es nicht ausstehen, wenn er so war, so stoisch und abgehoben, schon gar nicht, wenn ich selbst wütend war. Er war immer schon so gewesen, aber neuerdings wurde es schlimmer. Seit unsere Mom gestorben war, war er verändert. Seitdem waren ihm alle und alles scheißegal. Ich fragte mich, ob das auch für Belly galt.
Ich musste es wissen. Was da war zwischen ihm und ihr, was er wirklich für sie empfand und was er sich vorstellte, wie das weitergehen sollte. Nichtwissen ist am schlimmsten, so was kann einen umbringen.
Also fragte ich ihn geradeheraus: »Magst du sie immer noch?«
Er starrte mich an. Ich hatte ihn total geschockt, das sah ich ihm an. Noch nie hatten wir über sie gesprochen, jedenfalls nicht so. Vermutlich war es gut, dass ich ihn so kalt erwischt hatte. Vielleicht würde er mir die Wahrheit sagen.
Wenn er
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