Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition)
blitzsauber, als würden sie den ganzen Tag nur den Boden polieren und die Fenster putzen. Es war vollkommen klar, dass diese Polizisten noch nie etwas mit ernsthaften Verbrechen zu tun gehabt hatten. Sie waren Anfänger. In Stockholm hätte ich vielleicht eine Chance gehabt, ich hätte einen Verbündeten finden können, jemanden, der weiß, wie finster das menschliche Herz sein kann. Aber nicht da, die Männer und Frauen dort wollten nur einen sicheren Job und kannten sich mit den Machtspielchen in einer Kleinstadt aus, mehr aber auch nicht.
Im Polizeirevier bat ich darum, mit Stellan, dem Kommissar, zu reden. Ich hatte mich auf eine lange Wartezeit eingerichtet, ein paar Stunden, doch ich hatte gerade ein, zwei Seiten meiner Notizen gelesen, als Stellan mich aufrief und in sein Büro führte. Vielleicht lag es daran, dass er Håkan so ähnlich sah, jedenfalls wirkte er neben einem Schreibtisch mit Stiften und Büroklammern völlig fehl am Platz. Er deutete auf einen Stuhl, blieb aber selbst stehen, sodass ich zu ihm aufsehen musste, und fragte, wie er mir helfen konnte. Ich wollte wissen, warum sie nicht wegen Mias Verschwinden mit mir gesprochen hatten. Er fragte unverblümt, ob ich wüsste, wo Mia war. Ich sagt Nein, das wüsste ich nicht, natürlich wüsste ich das nicht, aber dass ich nicht glaubte, dass das Mädchen einfach weggelaufen war. Ich habe mich nicht getraut, ihm meine Theorie zu unterbreiten, noch nicht, nicht ohne ausreichend Beweise. Interessant war, wie Stellan mich angesehen hat, nicht, als wäre ich verrückt oder würde Unsinn erzählen. So hat er mich angesehen …
M EINE MUM SETZTE EINEN Blick auf, der bedeuten konnte, dass sie traurig war, dass sie genau zuhörte oder dass sie sich langweilte.
Er sah mich an, als wäre ich eine Bedrohung! Er wollte abschätzen, wie viel Scherereien ich ihnen machen würde. Das ganze Polizeirevier und sein ranghöchster Beamter hatten überhaupt nicht die Absicht, die Wahrheit herauszufinden. Sie wollten die Wahrheit vertuschen. Dieser Fall brauchte einen kritischen Ermittler – einen Außenseiter. Ich hatte diese Rolle nicht übernehmen wollen, aber jetzt wurde sie mir durch die Umstände aufgedrängt. Ich dankte Stellan, dass er sich für mich Zeit genommen hatte, und beschloss, der nächste Schritt, der einzige logische Schritt, wenn die Polizei ihre Arbeit nicht machte und es keinen Durchsuchungsbefehl gab, war ein Einbruch in Håkans Haus.
W ÄHREND ICH DIE VORSTELLUNG verdauen musste, dass meine Mum in ein fremdes Haus einbrach, tauchten ihre Hände in das tiefste Fach der Umhängetasche. Ich konnte nicht sehen, was sie tat, bis sie die Hände langsam hervorzog. Sie trug rote Fäustlinge und streckte sie mir ernst entgegen, als wären sie beweiskräftig wie blutgetränkte Handschuhe. Es hatte etwas Absurdes, wie ernst meine Mum mir diese Fäustlinge präsentierte, trotzdem war mir nicht nach lächeln zumute.
Um keine Fingerabdrücke zu hinterlassen! Es sind dicke Weihnachtsfäustlinge, andere Handschuhe hatte ich nicht. Ich schleppte sie mitten im Sommer in der Tasche mit mir herum und wartete auf eine Gelegenheit, in das Haus einzubrechen. Du kannst ja bestätigen, dass ich so etwas noch nie gemacht habe. Ich wollte nicht mitten in der Nacht in Håkans Haus einsteigen, wie es ein Profidieb gemacht hätte, sondern den richtigen Moment abpassen und warten, bis Elise und Håkan nicht zu Hause waren. Vergiss nicht, wir waren in Schweden auf dem Land, da schließt niemand die Tür ab, es gibt keine Alarmanlagen – ich konnte einfach hineinspazieren. Håkan und seine Frau waren im Sommer normalerweise lange draußen auf den Feldern. Aber seit Mias Verschwinden benahm Elise sich anders. Sie arbeitete nicht mehr. Sie saß gedankenverloren auf der Veranda. Vorhin habe ich erzählt, dass sie immer beschäftigt war. Jetzt nicht mehr. Bevor du mich wieder unterbrichst: Ja, das könnte man auf viele Arten deuten. Egal, wie man diese Veränderungen bei ihr interpretiert, für mich wurde es dadurch schwieriger einzubrechen, weil sie viel öfter zu Hause war.
Eines Tages bekam ich mit, wie Elise und Håkan zusammen weggingen. Ich wusste nicht, wohin oder wie lange sie wegbleiben würden, vielleicht ein paar Minuten, vielleicht Stunden, aber das war meine einzige Chance, und ich nutzte sie. Ich ließ meine Arbeit im Gemüsegarten liegen, lief über die Felder und klopfte an ihre Tür, damit ich sicher sein konnte, dass das Haus leer war. Es kam keine Antwort,
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