Ohne Kuss ins Bett
Sonderbar?
»Also bist du dir ganz sicher«, stellte Will verärgert fest.
»Absolut. Fahr vorsichtig«, ermahnte sie ihn noch, und kaum hatte sie die Haustür hinter ihm geschlossen, da eilte sie auch schon in die Große Halle. Dort fand sie Isolde und Flo vor, Dennis und Kelly und Bill mit der Kamera.
»Keine Kamera«, begann Andie, aber Isolde meinte: »Lassen Sie sie nur. Manchmal ist auf den Filmen etwas zu erkennen. Schaden kann es ja nicht.«
»Doch, kann es, wenn sie das Ganze im Fernsehen bringt«, erwiderte Andie.
»Mir geht’s doch nur um die Atmosphäre«, säuselte Kelly. »Ich würde nichts tun, was Sie in ein schlechtes Licht rückt.«
»Ich würde ihr kein Zentimeterchen weit trauen«, stellte Dennis fest, und Andie erkannte, dass er mit Brandy abgefüllt war. Isolde desgleichen, aber sie vertrug Cognac offensichtlich gut. Dennis dagegen weniger.
Nun ja, sie konnte ihn später wieder ausnüchtern.
Southie kam herein, nahm Platz und lächelte Andie zu. »Tut mir leid, ich wollte euch nicht aufhalten. Aber wir sind nicht in Eile, oder?«
»Hat Kelly vergangene Nacht mit dir geschlafen?«
Southie sah Kelly an, die hervorstieß: »Habe ich nicht«, und ließ seinen Blick dann zu Andie wandern.
»Das ist wichtig«, betonte Andie.
»Ja«, antwortete Southie.
»Was?«, rief Bill, der Kameramann, aus.
»Habe ich nicht«, beharrte Kelly, und es klang ehrlich entrüstet.
»Das ist wirklich interessant«, murmelte Dennis und sah eulenhaft drein.
»Also hat sie mit Ihnen auch geschlafen?«, erkundigte Andie sich bei dem Kameramann.
»Du hast gesagt, dass du mit ihm Schluss gemacht hättest«, wandte sich Bill an Kelly. »Und da haben wir’s getrieben.«
»Ich habe mit keinem von euchgeschlafen«, behauptete Kelly.
»Das ist nicht gerade hilfreich«, mischte Isolde sich ein. »Hören Sie auf damit.«
»Doch, es ist wichtig, denn sie hat auch mit Will geschlafen«, stellte Andie fest. »Er hat es mir gerade in der Eingangshalle gesagt.«
»Habe ich nicht!« In Kellys Aufschrei lagen Wut und Ärger, aber kein Schuldbewusstsein. »Das waren Träume. Das war keine Wirklichkeit.«
»Doch, es war Wirklichkeit«, erwiderte Andie und empfand fast ein wenig Mitleid. »Sie waren besessen. Wir haben hier eine Geister-Nymphomanin, die hat sich ihren Körper gekapert und dann die Runde gemacht.«
Kelly glotzte sie, den Mund offen, an.
»Ach, verflucht noch mal«, stieß Isolde hervor.
»Ich erinnere mich nicht, in der Literatur je so etwas gelesen zu haben«, erklärte Dennis.
»Ich habe mit einem Geist geschlafen?«, fragte Southie.
»Zwei Mal«, antwortete Andie.
»Wenn ich das gewusst hätte«, meinte Southie, »dann hätte ich besser aufgepasst.«
»Das ist doch verrückt«, wandte Kelly ein. »Das waren Träume. Einfach verrückt.«
»Willkommen im Club«, bemerkte Andie.
»Können wir jetzt anfangen?«, erkundigte sich Isolde. »Harold findet das zwar alles sehr amüsant, aber er kann auch jederzeit wieder verschwinden.«
»Sicher.« Andie setzte sich, und eine sichtbar wütende Kelly tat es ihr nach.
»Ich habe nicht mit ihnen geschlafen«, erklärte sie Andie noch einmal, und es klang jetzt eher unglücklich als verärgert.
»Doch, das haben Sie, aber Sie wussten es nicht«, entgegnete Andie. »Und als Sie dann aufwachten, war Ihnen eiskalt und Sie mussten sich übergeben.«
Kellys Gesicht war bleich.
»Es gibt hier wirklich Geister, und Sie waren wirklich von May besessen, und es wäre wirklich besser, wenn Sie hier verschwinden, bevor sie heute Nacht wiederkommt und mehr will. Tut mir leid, wirklich. Für Sie ist es das Beste abzureisen, bevor sie es noch mal versucht.«
Scheuche sie nicht davon , mahnte May. Wir brauchen sie noch .
Andie riss es den Kopf hoch, und sie sah May jenseits des Tisches durch den Raum tänzeln, blau und reizvoll und tückisch, und hinter ihr zwei schattenhafte Gestalten – Miss J. und der Mann in dem altmodischen Mantel.
Dennis blinzelte in ihre Richtung.
»Hallo, May«, begrüßte Andie sie und unterdrückte ihren Zorn. »Mit dir habe ich noch ein Hühnchen zu rupfen.«
»Nach was genau suchen wir eigentlich?«, fragte Gabe, als sie in dem Sendewagen waren.
»Videobandaufzeichnungen von den Kindern, vom Haus, von sonst was.« North betrachtete die mit Equipment vollgestopften Regale. »Sie fangen dort an und ich hier drüben.«
Zehn Minuten später hatten sie eine Ansammlung von Videobändern gefunden, die nicht mit Namen, sondern mit Daten
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