Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam
nicht in der Stadt. Pah!« Dann hielt sie sich den Bauch vor Lachen.
»Schade«, sagte Louise. Olivia sah sie an und nickte bestätigend.
»Was ist schade?«, wollte ich wissen.
»Ach, wir wollten dich schick zum Essen ausführen, an deinem Geburtstag.«
Das rührte mich. »Wirklich? Ihr seid süß.«
»Nicht wir, dein neuer Freund ist süß.« Olivia grinste.
»Also, von neuem Freund kann hier nicht die Rede sein. Es geht um das Konzert.«
Annett nickte. »Klar, sozusagen um einen guten Zweck.«
»Ich gehe ins Bett. Gute Nacht.« Mit gesenktem Kopf lief ich an ihnen vorbei.
Louise musste noch etwas loswerden und rief mir hinterher: »Kannst du mir bei Gelegenheit mal diesen saugeilen Pyjama leihen?«
Nach diesem ereignisreichen und verrückten Tag bestand keine Chance, einzuschlafen. Ich wälzte mich hin und her, schloss die Augen und stellte mir eine schöne Blumenwiese vor. Als Kind hatte ich das manchmal gemacht, und früher hatte das immer geklappt. Diesmal half es nichts. Immer wieder sprangen meine Gedanken hin und her, und am Ende landete ich immer wieder beim Pizzaboy. Dabei ertappte ich mich jedes Mal zufrieden grinsend. Peinlich war es schon gewesen, mit dem Kindergarten-Pyjama und dem übermüdeten Gesicht. Trotzdem war es nach vielen Jahren wieder ganz neu für mich, mich mit dieser Flirtsache auseinanderzusetzen. Konnte man so etwas verlernen? War es eher so etwas wie Schönschreiben oder eher wie Fahrradfahren?
Hoffentlich hatte er keinen Knall. Es gab immerhin Leute, die nett wirkten, aber erst nach einem längeren Gespräch merkte man, dass man da einen Übergeschnappten vor sich hatte. Tante Kathi hatte sich mit einer supernetten Frau aus dem Strickkurs angefreundet. Nach einem Besuch bei ihr mied sie den Kurs wie der Teufel das Weihwasser. Die supernette Frau hatte siebzehn Katzen in der Wohnung und eine Art Altar, mit dunkelrotem Samt überzogen. Als Tante Kathi bei ihr war, wollte sie zusammen mit ihr vor dem Altar beten. Die Arme hatte fluchtartig die Wohnung verlassen.
Ich überlegte, ob der Pizzaboy vielleicht auch gestört war. Was kam da infrage? Er konnte auf reifere Frauen stehen, weil er einen Mutterkomplex hatte. Das hieß, ich würde ihm die Socken rauslegen und ihn daran erinnern müssen, er solle seine Mütze aufsetzen. Er konnte aber auch verzweifelt auf der Suche nach einer Frau sein, weil er ein Siebzehn-Katzen-Typ war und alle immer wegliefen. Das war mein letzter Gedanke, bevor ich nach stundenlangem Grübeln endlich einschlief.
14
M arkus lag in seiner rosa Damastbettwäsche, auf vielen Rüschenkissen, neben ihm Süßigkeiten und eine ausgetrunkene Kaffeetasse (Mutters bestes Porzellan, das sie nur zu besonderen Gelegenheiten aus der Vitrine holte).
»Hallo, Diva«, begrüßte ich ihn.
»Ich kann nichts dafür.« Er breitete die Arme aus und zeigte auf das Bett. »Sie will es so.«
»Ich weiß.«
Wir saßen in meinem ehemaligen Kinderzimmer. »Der Arzt sagt, ich soll langsam anfangen aufzustehen und mit den Krücken laufen. Jeden Tag ein bisschen mehr.«
»Und wie fühlst du dich?«
»Eigentlich ganz gut.«
Unsere Mutter kam herein und brachte mir einen Kaffee. »Hast du gefrühstückt?«, fragte sie mich.
»Ja.«
»Du hast ein bisschen abgenommen, gell?«
»Danke.«
Sie blickte verständnislos auf mich herab, die Hände in die Hüften gestützt. »Das war nicht als Kompliment gemeint.«
»Hätte mich auch irgendwie gewundert.«
Meine Mutter ließ ihren Blick über meinen Körper wandern. »Du bist dünn geworden. Na ja, verständlich. Die Sache mit der Chinesin und das alles.« Sie seufzte theatralisch, dann ging sie, um das Mittagessen zu machen.
»Wie geht es dir in dieser Frauen- WG ?«
»Warum grinst du so komisch, wenn du das sagst?«, fragte ich.
Markus tat überrascht. »Was? Das tue ich doch gar nicht. Nun sag schon. Ist es lustig? Lästert ihr über die verdamm ten Scheißkerle? Backt ihr Kuchen? Häkelt ihr Tisch läufer?«
Ich blinzelte und antwortete scherzhaft. »Woher weißt du das alles, du Schelm?«
»Ein Vögelchen hat’s mir gezwitschert«, antwortete er und tat feminin.
Wir lachten. Ich erzählte Markus von dem Pizzaboy. Als ich mit der Geschichte fertig war, merkte ich, dass er sich das Lachen verkniff. »Was ist? Warum grinst du denn jetzt schon wieder?«
»Es ist nicht wegen der Geschichte.«
»Sondern?«
Er verzog den Mund. »Ich stelle mir gerade das Gesicht unserer Mutter vor, wenn du einen Freund hättest, der viel
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