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Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam

Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam

Titel: Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelly Arnold
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leicht meine Wange. Es war nur ein Moment, aber der genügte, um mich verlegen zu machen. Ich räusperte mich umständlich. Irgendwie hatte ich keine Übung mehr darin zu flirten und angeflirtet zu werden. Ich fing an, über die so wahnsinnig interessanten Cocktailfarben zu sprechen.
    »Sind wahrscheinlich alles Farbstoffe«, meinte Sascha nüchtern.
    Danach sprachen wir über meine Tante Kathi, die ich immer noch vermisste. »Sie war die Schwester meiner Mutter«, erzählte ich. »Eine einfache Frau, aber sie hatte diese Bauernschläue und war lustig und warmherzig.«
    »Wann ist sie denn gestorben?«, wollte Sascha wissen.
    »Vor zwei Jahren, an Krebs. Aber sie musste nicht lange leiden. Ich hatte sie sehr gern; als Kind war ich lieber bei ihr als bei meiner Oma.«
    Sascha hörte aufmerksam zu. »Wenn wir in der Kindheit Menschen haben, die uns auffangen und uns Geborgenheit und Anerkennung geben, dann kann sich das positiv aufs ganze Leben auswirken.«
    »Wirklich?«
    Er nickte.
    »Weißt du, was mein Lieblingsspruch von ihr ist: »Liaba an Bauch vom Saufa als an Buckel vom Arbeit’n.«
    Sascha lachte. Ich mochte sein Lachen so sehr. Es war offen und ehrlich. Ich finde, dass ein Lachen viel über einen Menschen aussagt. Es hat etwas mit Mut zum Kontrollverlust zu tun und mit Vertrauen.
    Als wir beim dritten Cocktail angelangt waren, fing ich an, über Christoph und seine Affäre zu sprechen. Deshalb trank ich so ungern Alkohol. Man war einfach nicht mehr Herr über sich selbst.
    Was danach kam, war definitiv der Wirkung des Alkohols geschuldet. Sascha bestand darauf zu bezahlen, danach fuhren wir zu seiner Wohnung. Dass ich so bereitwillig zu ihm mitkam, war mir später schleierhaft. Aber eigentlich war das auch egal.
    Als ich am nächsten Morgen mit leichten Kopfschmerzen aufwachte, brauchte ich einen geschockten Moment lang, das Geschehene zusammenzufügen. Meine Kehle wurde ganz trocken, als ich Saschas Gesicht dicht neben mir sah. Ich versuchte, aufzustehen, aber es gelang mir nicht gleich. Da lag er vor mir, friedlich schlafend, und ich war mir sicher, dass er um einiges besser aussah, als ich gerade. Durchzechte Nächte hatten mir noch nie gutgetan, nicht einmal, als ich noch jung war.
    Mühsam stand ich auf. Ich fühlte mich wie ausgewrungen. Schweren Schrittes und mit hängendem Kopf suchte ich das Bad. Was sich Badezimmer nannte, war ein winziger Raum mit Waschbecken, Toilette und Miniaturdusche. Wo konnte Sascha wohl Tabletten aufbewahren? Hatte er so etwas überhaupt? Im Hängeschränkchen über dem Waschbecken fand ich eine Packung Aspirin. Ich nahm gleich drei Stück heraus und schluckte sie mit dem Wasser aus dem Hahn. Als ich in den Spiegel blickte, hatte ich Schlimmeres erwartet. Ging eigentlich, wie ich aussah. Als ich mich so im Spiegel betrachtete, fiel mir plötzlich ein, dass es ein Wochentag war, Montag. Wie spät war es? Ich lief wieder ins Zimmer, und ein Blick auf den Wecker ließ mich beruhigt aufatmen. Viertel vor acht. Es blieb noch genug Zeit, nach Hause zu fahren und zu duschen, bevor ich zur Arbeit ging. Wo war ich überhaupt? Wie würde ich nach Hause kommen?
    Sascha hatte sich mittlerweile auf den Bauch gedreht und schlief leise und friedlich weiter. Als ich ihn so betrachtete, wurde mir ein bisschen warm ums Herz. Das sagt man so, aber ich schwöre, genau das fühlte ich; so eine seltsame Wärme, die mein Herz durchflutete. Auch wenn ich keine komplett klare Erinnerung mehr an die letzte Nacht hatte, aber die Geborgenheit und Leidenschaft hallte noch in mir nach, und ich wusste, dass es schön gewesen war.
    Leise zog ich mich an und verließ die Wohnung. Langsam und vorsichtig ließ ich die Tür ins Schloss fallen. Ich musste irgendeine Tram- oder Busstation finden. Als ich die letzte Stufe hinter mir hatte, kam aus der Wohnung im Erdgeschoss eine alte Frau heraus und musterte mich abschätzig. »Wer sind Sie?«
    »Wie bitte?«
    »Ich habe gefragt, wer Sie sind«, meinte sie selbstbewusst.
    Was sollte diese Indiskretion? Frechheit! Was Nachbarn sich heutzutage alles erlaubten!
    »Und wer sind Sie?«, fragte ich spitz zurück.
    »Ich bin Saschas Oma.«
    »Ach so«, meinte ich kleinlaut.
    Sie reagierte nicht darauf, sondern wartete geduldig auf meine Rechtfertigung.
    »Ich … Wir – haben gelernt.« Warum fühlte ich mich plötzlich wie eine Fünfzehnjährige? »Psychologie.«
    »Sie sind Studentin?« Ihre hochgezogenen Augenbrauen verrieten, dass sie mich für alles hielt, nur

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