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Ohrenzeugen

Titel: Ohrenzeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wildis Streng
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sein, logischerweise.«
    »Und die letzten sind die vom Briefeschreiber!«, mutmaßte Lisa.
    Uwe nickte. »Leider sind auf der Uhr keine brauchbaren Fingerabdrücke, vielleicht ein bisschen DNA, da bin ich grad dabei, aber das meiste wird vom Mordopfer sein. Bringt mir also am besten lauter DNA-Proben von euren Verdächtigen.«
     
    »Und hier hätten wir das Modell ›Eiche– sanfte Ruhe in edlem Holz‹.«
    Erna Weidner knetete ihre Hände.
    »Ich weiß nicht«, zweifelte sie und sah fragend zu Karl hinüber.
    »Was kostet der?«, fragte Karl den Bestattungsunternehmer.
    Der große Mann, der wohl auch wegen seines schütteren Haares wie ein riesiges Baby wirkte, trug einen viel zu engen Anzug, sozusagen von Berufs wegen.
    Die rosa Krawatte, die wohl modern wirken sollte, unterstrich das schweinchenähnliche Aussehen des Mannes.
    »Nun, wir meinen, dass sich Trauernde nicht allzu große Sorgen um Geld machen sollten. Und deshalb ist dieser Sarg ein absolutes Schnäppchen!«
    Wie eine Preispräsentiererin in einer Fernsehshow wies er nun auf den Sarg und klappte den Deckel hoch.
    »Sehen Sie die feine Samtausstattung in Bordeauxrot? Nirgends ruht es sich sanfter als hier! Fühlen Sie mal!«
    Erna streichelte nachdenklich die samtene Oberfläche und fragte sich, ob dieses Verkaufsgenie sie als Nächstes zum Probeliegen auffordern würde.
    Irgendwie hatte die Situation etwas Groteskes. Hier stand sie mit Karl und dem Riesenbaby, das ihr ganz zu Anfang versichert hatte, wie sehr es mit ihr fühle, und trotzdem kam sie sich vor wie bei einer Dauerwerbesendung von QVC.
    Nehmen Sie diesen Sarg, spüren Sie die feine Qualität, das geölte Nussbaumholz. Nein? Wie wäre es mit edlem Kirschbaum, poliert, mit cremefarbenen Seideninlays? Nein? Hier hätten wir das Modell Eiche, der Klassiker schlechthin, fühlen Sie den eleganten Samt, auf dem lässt es sich ruhen wie auf Wolken. Blablabla.
    »Frau Weidner?«, sagte das Baby und vergewisserte sich, dass es noch die geschätzte Aufmerksamkeit seiner Kundin hatte.
    Erna wurde schwindlig. »Wissen Sie, ich hab’ für so was irgendwie grad keinen Kopf.«
    Sofort geleitete der Bestatter sie zu einem Stuhl und brachte ihr ein Glas Wasser. Fünf Minuten später erkundigte er sich mitfühlend, ob es denn wieder gehe.
    Erna sah in Karls besorgtes Gesicht und versuchte ein Lächeln. »Schon in Ordnung«, sagte sie. »Wissen Sie, ich denke, ich habe genau das Richtige für Sie«, lächelte der Mann nun und tätschelte ihr aufmunternd die Hand. »Für Sie wäre unser ›Rundum-Sorglos-Paket‹ am besten!«
    Karl stutzte. »Rundum-Sorglos-Paket?«, wiederholte er verständnislos.
    Das Riesenbaby nickte triumphierend. »Beim Rundum-Sorglos-Paket kümmern wir uns um alles. Das heißt, wir stellen einen schönen Sarg, kümmern uns um Blumen und Kränze, übrigens auch um die Blumendekoration für den Leichenschmaus, die Anmietung der Lokalität für die Feierlichkeit und so weiter.
    Alles im Rahmen eines Budgets, das uns die Familie nennt. Da gibt es zum Beispiel das Rundum-Sorglos-Paket ›Öko‹ mit Pappsarg, das aber doch eher erbärmlich ist, wenn Sie mir die Bemerkung erlauben.« Erna Weidner nickte matt.
     
    Nach einer halben Stunde unterschrieb die Witwe den Vertrag über das Rundum-Sorglos-Paket ›Superior‹. Sie wollte ihrem Mann noch einmal etwas Gutes tun.
     
    »Ich hab’ Karten reserviert«, sagte Simon, als sie ins Büro kamen.
    »Für was?«, meinte Heiko verständnislos.
    »Ha, für die Ohper in Schdudgart.« Simon strahlte Lisa an. »Damit die Liihsa auch ainmal Kultur mitkriegt in unserem Baden-Wirttemberch.«
    Lisa lächelte.
    »Ahja, gute Idee.«
    »Isch euch morgen Ahbend recht? Da gibt’s eine hervoooohhrraaahgende Inszenierung von ›Das Schweigen der Sirenen‹.«
    Heiko blinzelte. O Gott! Nicht Oper!
    Ein einziges Mal in seinem Leben hatte er bisher in die Oper gehen müssen.
    Und zwar hatte ihn seine Mutter zu einer Aufführung von ›Figaros Hochzeit‹ im Rahmen eines Schulausfluges zwangsangemeldet.
    Damals in der sechsten Klasse hatte er sich ziemlich blamiert, als er laut und deutlich verkündet hatte, dass nichts auf der Welt ihn dazu bringen würde, zu dieser Gelegenheit ein Hemd zu tragen.
    Seine Mutter hatte ihn endlich dazu gezwungen und seine Kumpels hatten ihn die ganze Fahrt über ausgelacht. Und dann die Oper! Schmetternd hatten die italienisch gesungen, italienisch! Das bedeutete, dass man nicht mal die Handlung kapierte. Es war also nicht nur

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