Ohrenzeugen
die Presse hat angerufen. Die wollen Ergebnisse und ich auch. Wenn das so lang dauert, das macht sich halt nicht gut!«
Heiko nickte. »Okay«, sagte er dann einfach.
»So ein Depp!«, schimpfte er, als sie den kurzen Weg zum Krankenhaus zu Fuß zurücklegten, »Was bildet der sich denn ein? Hockt den ganzen Tag vor der Kiste und zockt Solitär und mantelt sich dann auf, weil wir den Mörder noch nicht haben!«
Lisa dachte bei sich, dass Heiko echt niedlich war, wenn er sich aufregte.
»Wir werden ihn schon finden, den Mörder!«, beruhigte sie.
Lisa strahlte. Der Araber. Eine Gelegenheit zum Fremdsprachenreden! »Wä salamu es alikum«, grüßte sie und der Arzt sagte »Älikum es salam.« Er kam auf sie beide zu und schüttelte ihre Hände. »Ich denke, Sie können den Patienten befragen«, meinte er. »Er ist auf dem Weg der Besserung. Natürlich wird er noch ein paar Tage hier bleiben müssen. Aber das wird schon wieder!«
»Shokran«, sagte Lisa.
»Bläj jmil.«
Heiko kapitulierte. Das war eine Sprache, die ihm wirklich gänzlich suspekt war. Englisch hatte er gehabt in der Schule, Französisch und sogar Latein. Französisch hatte er schnell wieder vergessen und Latein war zwar ab und zu hilfreich, aber trotzdem nicht wirklich alltagstauglich. Aber Arabisch… also Arabisch kam wirklich vom anderen Stern.
Die Tür schwang geräuschlos auf und gab den Blick auf zwei Betten frei. In dem einen saß ein Opa mit zerzausten und wirr vom Kopf abstehenden Haaren, der in seinem gelb gestreiften Pyjama überaus aufmerksam wirkte und hektisch Apfelkompott löffelte.
Im anderen lag Herbert Winterbach, den Arm in Gips und das Auge blau geschwollen.
»Sin des die Bollizischda?«, fragte der Alte sofort und seine Augen weiteten sich, gierig nach einer Sensation.
Herbert nickte schwach.
»Moorcha«, grüßte Heiko und der Opa nickte.
»Na, wie geht es Ihnen?«, fragte Lisa, und sie musste ihr Mitgefühl nicht einmal heucheln. Der Mann sah wirklich arg mitgenommen aus.
»War schon mal besser«, krächzte Winterbach mit belegter Stimme.
»Können Sie sich jetzt erinnern?«, fragte Heiko.
Der Patient schluckte. »Nicht genau. Vielleicht war’s der Itaker!«
»Wer?«, hakte Lisa nach.
»Marco Campo?«, vermutete Heiko.
Winterbach nickte, so gut es ihm eben möglich war. »Kann sein. Der hat doch eine schwarze Lederjacke, wenn mich nicht alles täuscht. Und genau so eine hatte der Typ von gestern auch an.«
»Na, da ist er aber nicht der einzige Mensch auf der Welt«, wandte Lisa ein.
»Ja, aber einen Grund hätte er ja auch!«, fuhr Winterbach fort.
Lisa zog die Augenbrauen hoch. »Nämlich?«
»Ha, d’Silke. Und vielleicht auch den Kleinen!«, meinte er.
»Ist der von Ihnen?«, wollte Heiko wissen.
Winterbach schluckte. »Ich vermut’s«, gab er zu. »Aber ich weiß es net. Der kann von einigen Kerlen sein, so, wie die rumgehurt hat, nachdem wir auseinander waren.«
Der Opa schüttelte missbilligend den Kopf. »Der arme Mou!«, murmelte er und schob sich einen weiteren Löffel Apfelkompott in den faltigen Mund.
»Und der alte Herr Weidner hätte die Liaison zwischen seiner Tochter und Marco Campo nicht geduldet«, vermutete Lisa.
»Der hat schon getobt, als wir uns getrennt haben! Ich wäre dem sein perfekter Schwiegersohn gewesen. Und der Silke wäre ich auch ein guter Mann geworden«, sagte Winterbach und hustete. »Aber die Silke sagt was anderes. Die sagt, Sie hätten sie geschlagen!«
Winterbach versuchte ein Grinsen. »Also, Fräulein, hören Sie mal kurz weg, und, Herr Kommissar, ganz unter uns: Alles darf man den Weibern nicht durchgehen lassen, oder? Wenn einem da mal die Hand ausrutscht, dann ist das doch okay!«
»Das ist eine Straftat«, erklärte Lisa spitz und fühlte ihr Mitleid schwinden.
Winterbach winkte ab. »Sind alles alte Geschichten!«
Die Schwester kam herein. Sie war sehr klein und sehr rund und sie redete mit den Patienten, als hätten die ein paar Gehirnzellen zu wenig.
»Ja, Herr Wiiiihnterbach, ja wie geeeeeht’s uns denn, gell, des wird scho widder, wenn Sie brav sin, dann wird des ganz schnell widder, gell!« Sie schüttelte das Kissen auf und widmete sich dann Winterbachs Bettnachbarn, bei dem sie eine ohrenbetäubende Lautstärke anschlug, wohl, weil sie annahm, dass alle Alten schwerhörig wären. Dann verschwand sie so schnell wieder, wie sie gekommen war.
»Und hätte der sonst noch einen Grund?«, fragte Heiko weiter.
Winterbach leckte sich
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