Oksa Pollock. Die Entschwundenen
zugeschwollenes Auge. »Siehst du, Plemplem, mein übermäßiger Stolz hat nur dazu geführt, dass nun alles noch schlimmer ist.«
»Die Dienerschaft der Alten Huldvollen hat nicht das Verständnis dieses Tadels«, bemerkte der Plemplem. »Der Stolz ist nicht die Ursache des Unglücks: Die Treubrüchigen haben eine Verantwortung dafür inne, der niemand die Vernachlässigung schenken darf.«
Dragomira seufzte erneut und versuchte unter sichtlichen Schmerzen, sich aufzusetzen. Zoé kam sofort herbei und schob ihr einige Kissen als Stütze unter den Rücken.
»Vielleicht … Mag ja sein«, fuhr Dragomira fort. »Aber wenn ich nicht so überzeugt davon gewesen wäre, den Verrätern allein die Stirn bieten zu können, hätte ich rechtzeitig für Unterstützung gesorgt, und all das wäre nicht passiert. Ich wollte zeigen, dass ich stärker bin als sie. Aber jetzt muss ich einsehen: Ich bin nur eine alte Frau, die ihre besten Tage hinter sich hat.«
Der Plemplem ging zu ihr und richtete seine großen blauen Augen auf sie. Er war blass und stand mit gebeugtem Rücken und hängenden Schultern da.
»Die Strenge ist übermäßig«, sagte er. »Die Alte Huldvolle ist vor allem die Alte Huldvolle.«
»He, das ist vielleicht tiefsinnig!«, warf der Getorix ein und hüpfte auf die Rückenlehne des Sofas, auf dem Dragomira lag. »Mein Kompliment, Herr Haushofmeister!«
»Der Sarkasmus beschädigt nicht das Herz des Plemplems«, erwiderte das pummelige Geschöpf. »Er dringt nicht einmal in dessen Nähe.«
»He, wieso bist du eigentlich so blass, Butler?«, fuhr der Getorix in spöttelndem Ton fort.
Der Plemplem schniefte und ließ sich auf den Teppich sinken.
»Das Plemplem-Paar ist zerbrochen«, sagte er mit rauer Stimme.
Dragomira rutschte erschrocken an den Rand des Sofas und ergriff die kleinen Patschhände des Geschöpfs.
»Der weibliche Teil hat den Verlust seiner Seele erlitten«, sagte der Plemplem und sank in sich zusammen. »Das Wiedersehen ist abgeschafft.«
»Das kann nicht sein!«, rief die Baba Pollock bestürzt.
»Was ist das für eine schreckliche Nachricht?«, erklang Naftalis ernste Stimme.
Der große Schwede stand zusammen mit seiner Frau im Flur von Dragomiras Wohnung. Beide kamen ins Wohnzimmer, knieten sich zum Plemplem auf den Boden und strichen ihm über den flaumigen Kopf.
»Willst du damit sagen, dass die Plempline …?«, hob Zoé an, wagte aber nicht, das fatale Wort auszusprechen.
»Alterslose, die aus ihrer Gemeinschaft verbannt wurden, haben die Seele der geliebten Plempline subtrahiert«, bestätigte der Plemplem, und dabei kullerten dicke Tränen über seine Wangen.
»Das darf nicht wahr sein«, murmelte Brune und schaute das kleine Geschöpf an, das wie ein Häufchen Elend dasaß.
»Das Risiko des Verlusts hat die Vereinigung mit der Realität vollzogen.«
Mitfühlend sprang der Getorix los, um ihm ein Taschentuch zu holen. Dann schloss er den Plemplem in die Arme.
»Ich habe niemals im Ernst gemeint, dass du bloß ein ordinärer Lakai wärst, weißt du?«, erklärte er ihm plötzlich, um seine Betroffenheit zu verbergen. »Und ich zähle darauf, dass du mir einen deiner leckeren Croque Monsieur machst!«, fügte er hinzu, um die Stimmung aufzulockern.
Artig erhob sich der Plemplem und ging in die Küche, wo er sich unter lautem Geschirrgeklapper zu schaffen machte. Der Getorix bemühte sich, seinen Mangel an Taktgefühl wieder wettzumachen, indem er dem Plemplem selbst erfundene Witze erzählte, doch er war nicht wirklich mit dem Herzen dabei. Dragomira erhob sich mit einem Stöhnen und ging, auf Zoé gestützt, den beiden nach.
»Du wusstest es von Anfang an, nicht wahr?«
»Die beiden Plemplems hatten die Kenntnis von der Subtraktion ihrer Hälfte schon vor der Ankunft im Gemälde«, gab der Plemplem zu und schaute Dragomira in die Augen. »Ihre Herzen waren auf die Trennung vorbereitet, jedoch nicht auf den Schmerz …«
»Und ihr habt nichts gesagt? Keiner von euch beiden?«, murmelte Dragomira und nahm ihn in die Arme.
»Die Alte Huldvolle darf nicht vergessen, dass die Plemplems die Mitteilung dessen, was sie wissen, nur betreiben, wenn die Frage gestellt wird«, erklärte das Geschöpf schluchzend. »Die Abwesenheit einer Frage bewirkt die Abwesenheit der Mitteilung.«
»Natürlich … Das ist unverzeihlich von mir. Ich hätte dich vor der Eingemäldung fragen müssen, was du weißt.«
»Wissen und sagen, was man weiß, verhindern nicht, dass das Schicksal
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