Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition)
Mit dir kann man ja gar keinen Spaß mehr haben …«
Statt einer Antwort rollte Gus auf seinem Stuhl zurück zu seinem Schreibtisch, ohne zu lächeln. Ihr war nicht klar, ob er die leise Enttäuschung in ihrem Blick bemerkt hatte. Sie war sich so sicher gewesen, dass er sie küssen würde!
Und sie hätte es sich so sehr gewünscht.
Doch er wandte sich wieder seinem Bildschirm zu, oder jedenfalls tat er so, als ob. Denn als sie genauer hinsah, fiel ihr auf, dass er einfach nur blind auf der Tastatur herumtippte.
Das rührte sie. Oksa stand auf, schlich zu ihm und legte ihre Hände auf seine Schultern. Sie spürte, wie Gus erst erstarrte und sich dann entspannt zurücklehnte. Schließlich legte er wieder die Finger auf die Tastatur. Riesige Buchstaben erschienen auf dem Bildschirm:
FALLS DU MICH KÜSSEN WILLST, EINVERSTANDEN !
Oksa lachte schallend. »Geht’s vielleicht ein bisschen romantischer? Was bildest du dir ein? Wie käme ich denn dazu, dich küssen zu wollen?«
Sie nahm die Hände von Gus’ Schultern und gab ihm einen leichten Klaps auf den Kopf. Sofort wirbelte er auf seinem Stuhl herum, packte sie am Handgelenk, zog sie an sich, und ehe sie richtig wusste, was er vorhatte, küsste er sie.
Sie überlegte einen Augenblick, ob sie sich wehren sollte, doch dann gab sie sich seinem Kuss hin – während Kukka zornbebend und Zoé ein wenig verschämt zusahen.
Ein neuer Verbündeter
A ls Abakum, Pavel und Mortimer in das Zwischengeschoss kamen, wunderten sich die vier Jugendlichen, dass ein unbekannter Junge sie begleitete.
»Wow! Ihr seid ja ziemlich gut ausgestattet!«, bemerkte dieser und stürzte sofort zu den Computern.
»Niall, ich möchte dir Gus, Kukka, Oksa und meine Cousine Zoé vorstellen«, sagte Mortimer.
»Äh … Wir haben uns doch schon mal gesehen.«
Er musterte sie der Reihe nach, und sein Blick blieb lange an Zoé hängen. »Stimmt! Ich hatte ganz vergessen, dass wir alle an der St.-Proximus waren.«
In der Tat hatten sie sich auf dem Schulhof gesehen, und obwohl sie sich nie näher kennengelernt hatten, erinnerten sie sich zumindest aneinander.
»Ihr habt euch ein bisschen … verändert, oder?«, sagte Niall erstaunt zu Oksa und Gus.
»Ein bisschen«, gab Oksa zu und sah dann Mortimer fragend an.
Der schüttelte verneinend den Kopf. Im Augenblick sollte sie es lieber dabei bewenden lassen.
»Also, ich war nicht an der St.-Proximus!«, wandte Kukka schmollend ein.
Gus verdrehte die Augen zum Himmel, so flüchtig, dass es kaum zu bemerken war. Aber der kurze Moment genügte Oksa, um sich zu freuen.
»Du bist also Niall Monroe«, stellte Zoé fest, »der beste Computerhacker der Welt!«
»Das ist vielleicht ein bisschen übertrieben«, sagte Niall verlegen.
Er schaute Zoé an. Sein dunkler, samtiger Teint blieb unverändert, doch seine Lider mit den langen schwarzen Wimpern zuckten nervös, als das junge Mädchen ihm einen bewundernden Blick zuwarf.
»Also hast du dich doch nicht Orthon angeschlossen!«, rief Oksa.
»Sagen wir mal, dass er gefragt worden ist«, antwortete Mortimer an seiner Stelle.
»Das war ja klar!«, warf Gus ein.
»Wie das?«, wollte Zoé wissen.
Niall wirkte auf einmal verunsichert. Er schien zu zögern, ob er ihr antworten sollte.
»Wir können dich nicht zwingen, uns zu vertrauen«, erklärte Mortimer. »Aber von uns hast du wirklich nichts zu befürchten. Außerdem hast du doch schon eine Reihe von Beweisen für unsere Zuverlässigkeit erhalten.«
Die fabelhaften Fünf musterten Niall neugierig.
»Orthon ist ein Wahnsinniger, uns hat er auch hintergangen«, sagte Zoé schließlich.
»Aber er ist doch dein Onkel! Und dein Vater, Mortimer«, sagte Niall fassungslos.
»Genau!«, erwiderte Zoé, ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen. »Das macht es noch schlimmer, wie du dir sicher vorstellen kannst.«
War ihr aufgefallen, wie unruhig Niall wurde, sobald sein Blick auf sie fiel? Oksa war es jedenfalls nicht entgangen. Ob beabsichtigt oder nicht, Zoés Charme schien zu wirken, und zwischen den beiden knisterte es offenbar gewaltig.
»Ich war nicht zu Hause, als dein Onkel, äh … Mortimers Vater oder besser gesagt McGraw uns einen Besuch abgestattet hat«, erklärte Niall. Es wurde immer offensichtlicher, dass er die Augen nicht von Zoé lösen konnte.
»Nenn ihn ruhig Orthon, das ist einfacher«, warf sie mit einem winzigen Lächeln ein.
»Meine Eltern haben sich gewundert«, fuhr er fort. »Sie hatten ihn seit dem Elternabend im
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