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Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Titel: Oksa Pollock. Die Unverhoffte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
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der Ort seinen ganzen Charme. Eine Treppe führte rundum an der Wand entlang auf den Grund des Silos, wo die meisten Pflanzen standen. Oksa verschlug es fast die Sprache, als sie all diese sagenhaften Pflanzen sah, die miteinander schwatzten wie alte Damen beim Kaffeekränzchen. Manche standen direkt auf dem Boden oder auf langen Holztischen, andere hingen am Treppengeländer. Oksa erkannte mehrere Goranovs wieder; ein paar Setzlinge standen auf einem riesigen Regal. Das mussten die »Säuglinge« sein, von denen Abakum gesprochen hatte. Als Oksa näher trat, fing die größte Goranov – offenbar die Mutter – ängstlich zu zittern an.
    »Wer kommt denn da? Das ist ja eine Fremde! Eine Fremde, die Krankheiten einschleppen wird! Bakterien! Viren! Was treiben denn bloß die Wackelkrakeeler? Eine Fremde ist bei uns eingedrungen! Alarm! ALARM!«
    Abakum ging zu ihr, strich ihr zärtlich über die Blätter und murmelte ein paar Worte, die Oksa nicht verstehen konnte. Die Aufregung hatte auf das ganze Silo übergegriffen, und man hörte nur noch Blätterrascheln und Geflüster, das zu einem richtigen Lärm anschwoll. Die Pflanzen neigten sich zueinander, als ob sie sich eine Nachricht zuraunten, bis schließlich eine von ihnen, die größte, die mitten im Raum in einem riesigen Topf thronte, einen heiseren Schrei ausstieß: »Es ist die Junge Huldvolle! ES IST DIE UNVERHOFFTE!«
    Schlagartig erstarb das Getuschel und Geraschel, nur, um gleich darauf noch stürmischer anzuheben. Die Pflanzen schlugen mit ihren Blättern, bis diese wie Schlagzeugbecken schallten.
    »Sie applaudieren dir«, flüsterte Abakum Oksa ins Ohr.
    Oksa wurde rot, denn Beifall von Pflanzen zu bekommen, war sie natürlich nicht gewohnt, und sie bedankte sich mit einem Winken.
    »Diese große Pflanze ist der Wahnsinn! Was ist das?«
    Bevor er antwortete, pfiff Abakum erneut auf den Fingern, und die Pflanzen setzten ihre Unterhaltung in einer gemäßigteren Lautstärke fort.
    »Ah, du hast meine Centaurea bemerkt. Die ist aber auch wirklich auffallend. Und dabei ist sie noch nicht einmal ausgewachsen. In ein paar Monaten wird sie fünf Meter hoch sein.«
    »Sie scheint hier das Sagen zu haben, wie eine Art Chefpflanze, oder?«, sagte Oksa, während sie die Centaurea neugierig betrachtete.
    »Damit liegst du gar nicht so falsch. Die Centaurea regelt in einem Treibhaus die Atmosphäre, indem sie Wasserdampf oder Kohlendioxid absorbiert oder abgibt, je nach Bedarf. Aber das ist nicht ihre einzige Funktion. Vielleicht ist dir aufgefallen, dass unsere Geschöpfe ziemlich eigensinnig sind. Nun, das gilt für die Pflanzen genauso, nur, dass die sich nicht von der Stelle bewegen können. Wenn es zu einem Streit kommt, kann es deshalb auch schon mal schwierig werden. Oft tritt dann die Centaurea als Schlichterin auf und beruhigt die erhitzten Gemüter wieder. Hast du gesehen, wie sie sich vorhin der Situation angenommen hat?«
    »Sie ist richtig stark, das sieht man sofort. Und was ist mit dieser?«, fragte Oksa und ging zu einer Pflanze mit langen dünnen Stängeln und zierlichen zartlila Blüten.
    »Das ist eine Nobilis. Ihr Stempel produziert eine Art Goldstaub, aus dem man ein Blendgranuk herstellen kann.«
    Die Nobilis neigte einen ihrer langen Stängel, um mit den Blüten sanft über Oksas Hand zu streichen. Oksa war so überrascht, dass sie erschrocken zurückzuckte. Doch Abakum ermunterte sie mit einem Lächeln, die Pflanze gewähren zu lassen, woraufhin die Nobilis sich mit einem verzückten Glucksen hin- und herwiegte. Ein Stück weiter weg versuchte eine buschige, redselige Pflanze, Oksas Aufmerksamkeit zu erregen, indem sie ihre Blätter in sämtliche Himmelsrichtungen schüttelte. Oksa trat neugierig näher. Die Pflanze, die ihre Begeisterung mit spitzen kleinen Schreien kundtat, umschlang sofort Oksas Handgelenk, um sie bei sich zu behalten.
    »Das ist eine Pulsatilla, Oksa«, stellte Abakum sie vor. »Eine Pflanze mit einem lebhaften Naturell, wie du siehst. Wie nützlich sie ist, habe ich nach dem Großen Chaos in Edefia entdeckt, als ich die schrecklichen Granuks studierte, die den Treubrüchigen als Waffen dienten.«
    »Die Schwarzen Globulusse?«, fragte Oksa.
    »Ja, vor allem der Colocynthis, der Gliedmaßen in Glas verwandelt, wie bei Leomidos armem Haselhuhn. Aus der Pulsatilla kann man ein Gegenmittel gewinnen, das die Wirkung des Colocynthis aufhebt. Das hat Dragomira auch dem Haselhuhn gegeben und es hat seinen Fuß geheilt.«
    Die

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