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Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Titel: Oksa Pollock. Die Unverhoffte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
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dies das berühmte Geheimnis-das-nicht-enthüllt-werden-darf, das Geheimnis der Huldvollen. Von da an spitzte sich die Situation rapide zu. Diejenigen, die nach Da-Draußen wollten, äußerten ihre Forderung immer vehementer. Allerdings dachten sie nicht daran, nur eine Urlaubsreise zu machen oder diplomatische Beziehungen zu den Von-Draußen aufzubauen! Nein, was sie lockte, war Macht, Vorherrschaft, Profit – lauter Vorstellungen, vor denen wir uns in Edefia immer gehütet hatten. Jahrhundertelang hatte unser System auf Prinzipien beruht, die diesen vollkommen entgegengesetzt waren, und sie hatten unser Denken und Fühlen geprägt. Doch seit den öffentlichen Träumflügen Maloranes entwickelten sich zu unserem Unglück auf breiter Basis Ehrgeiz und Machtgier. Als dann das Geheimnis-das-nicht-enthüllt-werden-darf verraten wurde, ging uns auf, weshalb die vorherigen Huldvollen uns in einer Art seliger Unwissenheit gehalten hatten: Das Öffnen des Tores hätte ja auch bedeutet, dass das Da-Draußen Zugang zu Edefia bekommen könnte! Und die Möglichkeiten unserer Welt hätten bei den Von-Draußen großes Begehren ausgelöst, was zu Krieg oder vielleicht sogar zu unserer Vernichtung geführt hätte. Ganz anders, als viele damals dachten, war nämlich das Geheimnis-das-nicht-enthüllt-werden-darf nicht gegen die Da-Drinnen und ihre Huldvollen erlassen worden, sondern vielmehr für unsere Sicherheit, und das hatten alle Huldvollen vor Malorane sehr wohl verstanden! Ihr eigenes Leben und das Wohl Edefias hingen davon ab. Erinnert euch an den vertraulichen Eid, den alle Huldvollen bei ihrer Zeremonie des Umhangs leisteten:
    Du allein, Huldvolle,
    Sollst dieses Geheimnis hüten.
    Keiner soll es kennen außer dir.
    Denn in den Menschen,
    Den Von-Drinnen wie den Von-Draußen,
    Ist Gutes und Böses.
    Wird das Geheimnis enthüllt,
    Wirst dein Leben du geben!«
    »Man hat ihnen also vorgeworfen, dass sie sich an den Eid halten«, stellte Oksa fest.
    »Genau«, erwiderte Abakum. »Und man muss zugeben, dass es ein grausames Dilemma für sie war. Sie mussten sich sozusagen der Täuschung und Lüge bedienen, um das Geheimnis zu hüten – und damit Edefia und sein Volk zu schützen.«
    »Na, herzlichen Dank!«, warf Oksa sarkastisch ein.
    »Ihr alle, meine Freunde, wisst, dass wir über Gaben verfügen, die mehr als einer der Von-Draußen liebend gern besitzen würde. Aber es geht nicht nur um unsere Fähigkeiten, sondern auch um die Diamanten. Im Da-Draußen sind sie hochbegehrt, sie sind ein Schlüssel zu Reichtum und zu jener Macht, nach der manche so begierig sind. Vermutlich war diese Tatsache auch ein Beweggrund für Ocious. Er war blind vor Ehrgeiz und hat nie die Gefahr bedacht, die das Öffnen des Tores mit sich bringen würde. Ihn interessierte nur eins: hinauszugelangen und dank der immensen Reichtümer, die die kostbaren Steine ihm bringen würden, seine Macht im Da-Draußen zu etablieren. Sobald er entdeckt hatte, dass es möglich war, Edefia zu verlassen, hat er das Todesurteil des Geheimnisses-das-nicht-enthüllt-werden-darf unterzeichnet und damit unserer Welt das Chaos gebracht. Doch er ist nicht hinausgelangt, sondern nur sein Sohn, Orthon. Und wenn Orthon heute nach Edefia zurückkehren will, dann heißt das erstens, dass er es kann . Wenn eine Sache aussichtslos ist, dann gibt man die Idee irgendwann auf, wenn nicht sogar die Hoffnung darauf. Zweitens: Orthon hat genau wie wir das Exil erleiden müssen. Selbst wenn wir Perlen und Diamanten einmal beiseitelassen, ist es naheliegend, dass er zurückkehren möchte, genau wie wir alle.
    Doch Orthon gehört nicht zu unserer Gruppe. Das hat er nie und das wird er auch nie. Nicht, weil er der Sohn von Ocious ist – dafür kann er schließlich nichts, und ich glaube, dass einige von uns bereit gewesen wären, ihn trotz dieser Verwandtschaft in unseren Kreis aufzunehmen. Nein, es liegt daran, dass er definitiv ein Feind Edefias ist und obendrein ein Feind der Rette-sich-wer-kann. Ich werde nie vergessen, wie er beim Großen Chaos vor meinen Augen meinen Adoptivvater getötet hat, und er weiß sehr wohl, welchen Groll ich seither gegen ihn hege.«
    Abakums graue Augen überzogen sich bei diesen Worten mit einem Schleier der Bitterkeit und blickten eine kleine Weile verloren ins Weite.
    »Ich weiß nicht, was ihn antreibt«, fuhr er schließlich mit düsterer Stimme fort. »Sicher ist nur eins: Er will, dass das Tor sich öffnet, und zu diesem Zweck muss er dich,

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