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Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Titel: Oksa Pollock. Die Unverhoffte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
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oder in Die-Goldene-Mitte und spürten dort Verliebte auf, die sie dann hypnotisierten. Anschließend schnüffelten sie deren Gefühle auf, um sie sich anzueignen. Daher wurden sie auch Schnüffler genannt. Lange Zeit wusste niemand um dieses eigenartige Phänomen. Man nannte es die Liebespest, weil die Betroffenen von einem Tag auf den nächsten nichts mehr für den Menschen empfanden, den sie am Vortag noch über alles geliebt hatten. Und das hatte seinen Grund! Diese leidenschaftliche Liebe war ihnen für immer geraubt worden! In den Jahren, bevor die Alterslosen Feen einschritten, entwickelte sich das Ganze zu einer richtigen Massenhysterie in Edefia. Die größten Granukologen bemühten sich, ein Mittel dagegen zu finden. Vergeblich …
    Eines Tages wurde Coxo, der skrupelloseste aller Schnüffler, auf frischer Tat ertappt. Er war gerade dabei, sich der Liebe der Jungen Huldvollen zu bemächtigen, die in wenigen Tagen heiraten sollte. Da kam alles ans Licht und die Durchscheinenden wurden ins Grelle Land verbannt.«
    »Das ist ja abscheulich!«, empörte sich Oksa.
    »Teuflisch!«, bestätigte Tugdual.
    »Aber nun zu den Mauerwandlern. Alles fing mit Temistokeles an«, fuhr Naftali fort. »Temistokeles war ein Handkräftiger, der im Jahr 1516 geboren wurde und 1648 auf gewaltsame Weise ums Leben kam. Er war ein fieberhafter Forscher auf dem Gebiet der Steine und Mineralien und ihrer Eigenschaften. Die Medizin machte dank seiner Gesteinsstudien enorme Fortschritte, doch sein Interesse reichte viel weiter. Er ging rasch von der Chemie zur Alchemie über, vor allem zur umwandelnden Alchemie.«
    »Was ist das?«, fragte Marie schüchtern.
    »Bei dieser Form der Alchemie geht es, einfach ausgedrückt, darum, einen Stoff in einen anderen zu verwandeln. Im Da-Draußen war es natürlich die Verwandlung von Metall in Gold, die das leidenschaftlichste Interesse hervorrief. In Edefia dagegen waren die Handkräftigen bereits zu solchen Wundertaten fähig, denn sie können ja gewisse Steine in Diamanten verwandeln.
    Auch die Unsterblichkeit war eine der großen Utopien der Alchemisten, doch darum ging es Temistokeles gar nicht. Sein ganzes Interesse galt unserer Grenze, jenem Lichtmantel, den noch nie jemand durchdrungen hatte. Das war sein ultimativer Traum, sein Lebensziel: die Lichtgrenze zu durchqueren. Bei seiner ständigen Suche nach neuen Stoffen begann er sich auch für das glitzernde Gestein aus dem Grellen Land zu interessieren. Da er wegen dessen Leuchtkraft aber nicht einfach dorthin gehen konnte, nahm er mit einem Durchscheinenden Kontakt auf.
    Bei dieser schicksalhaften Begegnung lieferte der Durchscheinende seinem Besucher Bruchstücke des so gefürchteten funkelnden Gesteins. Temistokeles nannte es Lumineszentia und forschte verbissen daran, da er sich sicher war, einen ganz außergewöhnlichen Stoff in den Händen zu halten. Und er hatte natürlich recht. Der Durchscheinende war sich ebenfalls bewusst, dass ihm die Begegnung mit Temistokeles eine höchst unverhoffte Chance bot, und so schlug er ihm einen Handel vor, dem dieser unmöglich widerstehen konnte: das Geheimnis der Umwandlung des Gesteins gegen das Liebesgefühl eines jungen Menschen.
    Sofort begab sich Temistokeles nach Steilfels, betäubte einen jungen Mann, der sich bald verloben wollte, und brachte ihn in das Grelle Land. Der Schnüffler nahm seine scheußliche Prozedur vor, beraubte den jungen Mann für immer seiner Gefühle und lieferte Temistokeles im Gegenzug das Geheimnis der Durchscheinenden: Coxo, der Urahne der Schnüffler, hatte eine sagenhafte Rezeptur entwickelt, die es erlaubte, das Gestein in seine Einzelteile zu zerlegen. Wie überglücklich Temistokeles angesichts dieser Enthüllung war, könnt ihr euch sicherlich vorstellen. Nach Jahren des Forschens sollte seine Arbeit nun einen gigantischen Schritt nach vorn machen.«
    »Das heißt, das Ganze war kein Bluff?«, fragte Oksa baff. »Diese Rezeptur existierte wirklich?«
    »Ja, Oksa«, sagte Naftali bloß.
    »Und du … du kennst nicht zufällig ihren Inhalt?«, wagte sie sich weiter vor.
    »Doch.«
    Dragomira entfuhr ein Ausruf der Überraschung. Die anderen Rette-sich-wer-kann rutschten nervös auf ihren Sitzen herum. Diese Enthüllungen beunruhigten sie, und doch konnten sie es kaum erwarten, mehr zu erfahren.
    »Die Rezeptur, die der Durchscheinende an diesem Tag Temistokeles gab, war nicht vollständig. Im Lauf der Jahrhunderte war nämlich die kollektive Erinnerung daran

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