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Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Titel: Oksa Pollock. Die Unverhoffte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
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Monsieur Lemaire hat mich gehen lassen, weil ich Nasenbluten hatte. Ich habe Oksa Pollock im Gang getroffen, und sie ist mitgekommen, um mir zu helfen.«
    Oksa fiel die Kinnlade hinunter. Das war wirklich dreist gelogen! Das Einzige, was an der ganzen Geschichte stimmte, war ihr Name. Woher kannte er den überhaupt? Und warum tischte er Monsieur Bontempi solche Lügen auf? Es war doch eine ideale Gelegenheit für ihn, sie anzuschwärzen. Es sei denn, er wollte sich selbst schützen, weil er nicht das erste Mal negativ auffiel …
    »Stimmt es, was er da sagt, Oksa? Ihr habt euch nicht geprügelt?«
    »Nein, nein, Monsieur Bontempi«, log Oksa mit wild klopfendem Herzen. »Ich wäre doch überhaupt nicht in der Lage, mich mit einem so starken Jungen anzulegen.«
    Bei diesen Worten verzog sie wütend das Gesicht und vermied es sorgfältig, besagten Jungen anzusehen. Natürlich konnte sie es mit ihm aufnehmen, das hatte sie ja gerade bewiesen!
    »Stimmt, du machst nicht gerade den Eindruck einer Preisboxerin«, sagte Monsieur Bontempi und strafte damit ihre Gedanken Lügen. »Nun, junger Mann, geh und lass dich verarzten.«
    »Ach, das ist nicht nötig«, sagte der Fiesling. »Ich gehe in den Unterricht zurück, ich fühle mich schon viel besser.«
    Daraufhin machte er auf dem Absatz kehrt und verließ die Toiletten mit steifem Gang und ohne Oksa, die sich noch kleiner machte, eines Blickes zu würdigen.
    Sobald er weg war, setzte Monsieur Bontempi sein Verhör fort: »Und du, Oksa, was hattest du um diese Zeit außerhalb des Klassenraums zu suchen? Musstest du auch auf die Toilette?«
    »Äh, nein … Ich … Mr McGraw hat mich aus dem Unterricht geschickt«, stammelte Oksa, die mittlerweile zu durcheinander war, um etwas anderes zu sagen als die Wahrheit.
    »Rausgeschickt? Um Himmels willen! Warum denn das?«, fragte Monsieur Bontempi stirnrunzelnd.
    »Ich weiß nicht«, sagte Oksa kleinlaut.
    »Was soll das heißen: Du weißt nicht?«
    »Er hat mir nur gesagt, dass ich gehen soll, mehr nicht.«
    »Ich bin sehr erstaunt«, sagte der Rektor.
    Er musterte Oksa prüfend. Sie wirkte ziemlich harmlos für eine Schülerin, die jemanden wie McGraw derart reizte, dass er sie aus dem Unterricht schickte. Und das bei einer Achtklässlerin. Und noch dazu einer Neuen …
    »Komm mal mit.«
    Der Schulleiter legte Oksa die Hand auf die Schulter. Ihre Verzweiflung wuchs, als sie merkte, dass sie in Richtung Physikraum gingen.
    »Oh nein, bitte nicht!«, rutschte es ihr heraus.
    Monsieur Bontempi schien besonders gute Ohren zu haben, denn er hörte es, obwohl sie nur geflüstert hatte.
    »Warum nicht, Oksa? Ist Mr McGraw ein so furchtbarer Lehrer?«
    »Nein, nein«, log sie und verpasste sich dafür in Gedanken zwei kräftige Ohrfeigen.
    Sie fühlte sich elend, als sie zusammen mit dem Rektor durch die von schlanken Säulen gesäumten Gänge ging. Wellen von Wut und Angst schossen durch ihren Körper und fühlten sich an wie Gift in ihren Adern. Sie war noch zu verstört von dem Vorfall in der Toilette und hatte nicht die geringste Lust, erneut mit McGraw zusammenzustoßen. Sie hatte die Nase gestrichen voll!
    Plötzlich blieb der Schulleiter stehen. Er lehnte sich gegen die Steinbrüstung an der Außenseite des Gangs, beugte sich in Richtung Schulhof hinaus und sah zum Himmel hoch. »Herrje! Da braut sich was zusammen.«
    Tatsächlich verfinsterten dicke schwarze Wolken den Himmel. Rasend schnell wurde es dunkel, und obwohl erst Vormittag war, war es, als würde die Nacht anbrechen. In den Klassenzimmern wurde Licht angeschaltet, das auch in die Gänge fiel. Ein Schauder lief Oksa den Rücken hinunter, als draußen heftiger Regen niederprasselte. Wenig später kamen der Rektor und die Schülerin vor der Tür des Physikraums an. Monsieur Bontempi klopfte zweimal kurz an und trat sofort ein. Die Schüler standen auf, wobei ihre Stühle übers Parkett schabten wie vorhin bei Oksa.
    Oje, das wird McGraw gar nicht gefallen, dachte sie. Umso schlimmer für mich. Am liebsten hätte sie sich unsichtbar gemacht. Wer weiß, vielleicht konnte sie das ja mit ihren neuen Fähigkeiten?
    »Monsieur Bontempi, was kann ich für Sie …?«
    »Ich habe diese verirrte Schülerin im Gang getroffen, Mr McGraw, und wollte sichergehen, dass sie ihre Klasse wiederfindet«, unterbrach ihn der Rektor. Die Episode in der Jungentoilette ließ er unerwähnt.
    »Oksa Pollock hat sich nicht verirrt, ich habe sie hinausgeschickt«, sagte McGraw kurz

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