Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Titel: Oksa Pollock. Die Unverhoffte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
Vom Netzwerk:
für ein schöner Geburtstag! Der schönste von allen!

Außergewöhnliche Geschenke
    D
ie Stimmung entsprach ganz dem milden und strahlenden Sonnenschein an diesem späten Nachmittag. Oksas Gäste waren bald nach Maries Erscheinen aufgebrochen und hatten die Familie Pollock ihrer Wiedersehensfreude überlassen.
    Alle zusammen gingen beschwingten Schrittes und leichten Herzens zum Bigtoe Square zurück. Dort beschloss Dragomira, Oksa und Marie zum ersten Mal Zutritt zu ihrem Streng-vertraulichen-Atelier zu gewähren – eine symbolische Handlung für die Baba Pollock!
    »Das ist ja völlig irre!«, rief Oksa, als sie den Kontrabasskasten betraten. »Wie funktioniert das? Gibt es einen Code oder so?«
    »Nein, es gibt keinen Code«, antwortete ihre Großmutter und ging die schmale Wendeltreppe hinauf. »Aber der Kontrabasskasten gehorcht ausschließlich mir und meinen beiden treuen Plemplems, den Hütern aller Geschöpfe, die unter diesem Dach leben. Wir brauchen nur die Hand an den Kastenboden zu legen und schon geht er auf.«
    »Wow!«, rief Oksa begeistert. »Ganz schön fortschrittlich!«
    »Was glaubst du denn, meine Duschka? Wir sind eine hoch entwickelte Gesellschaft. Diese Art, Türen zu öffnen, ist steinalt. In Edefia benutzen wir sie jedenfalls seit Anbeginn der Zeiten.«
    »So was«, sagte Oksa. »Gab es das in der Pariser Wohnung auch?«
    »Ja, auf dem Dachboden genau über deinem Zimmer. So, wir sind angekommen«, verkündete Dragomira. »Liebe Oksa, liebe Marie, das ist mein Streng-vertrauliches-Atelier!«
    »Oh mein Gott!«, stammelte Marie und schlug die Hände vor den Mund.
    »Aah!«, rief Oksa, verstummte abrupt und blieb auf der Schwelle stehen.
    Was sie da erblickte, hätte tatsächlich jedem die Sprache verschlagen. Vor ihren Augen schliefen allerlei seltsame Geschöpfe friedlich in Nischen in der Wand. Eine Art dicke, haarige Kartoffel, kleine Frösche mit zusammengefalteten Flügeln, ein runzliges Zwergwalross, ein winziges Huhn in einem Nest aus Watte … Doch am seltsamsten fand Oksa die Vorstellung, dass diese merkwürdigen Wesen immer schon ihre Nachbarn gewesen waren und in einem geheimen Raum gewohnt hatten, der aussah wie die Höhle eines Zauberers und nur wenige Meter von ihrem eigenen Zimmer entfernt lag.
    »Kommt doch rein«, sagte Dragomira. »Ihr braucht keine Angst zu haben, meine Geschöpfe schlafen wie die Murmeltiere.«
    Oksa trat näher und sah sich das Atelier genauer an. Durch die riesigen Dachfenster fiel helles, warmes Tageslicht herein. Wie überall in Baba Pollocks Wohnung herrschte auch hier ein unbeschreibliches Durcheinander. In einem kleinen Alkoven, dessen Fußboden mit verschiedenen übereinandergelegten Teppichen bedeckt war, standen ein petrolblaues Sofa und ein kleines, bronzefarben gestrichenes Möbel. Der Krake, den Oksa an dem Abend gesehen hatte, als sie das Geheimnis ihrer Herkunft erfuhr, saß auf einer schmiedeeisernen Konsole. Er wedelte mit seinen elf Tentakeln, deren Enden wie kleine Scheinwerfer leuchteten. Es sah wunderschön aus. Die mit schweren, glänzenden Stoffen behängten Wände gaben dem Raum eine gemütliche Abgeschiedenheit und erstickten zudem jedes Geräusch. Die Plemplems waren ebenfalls da, reglos wie Statuen standen sie in einer Ecke.
    »Unglaublich«, flüsterte Marie Oksa ins Ohr.
    »Kommt und setzt euch!«, bat Dragomira und zeigte auf ein längliches dunkelviolettes Zweisitzersofa.
    Marie nahm ihren Mann bei der Hand, während Oksa dicht bei ihrer Mutter blieb.
    Dragomira zog ein kleines Päckchen hervor, das Oksa eilig auspackte.
    »Was ist das, Baba? Ein Armband? Oh, das ist ja toll! Und so weich!«
    »Es ist ein Ringelpupo, meine Kleine«, erklärte Dragomira.
    Oksa sah sie ungläubig an.
    »Mir ist zu Ohren gekommen, dass du gewisse Schwierigkeiten hast, deine Fähigkeiten im Zaum zu halten.«
    »Das kann man wohl sagen«, mischte sich Marie Pollock ein und sah ihre Tochter mit ihren haselnussbraunen Augen an. »Ich wollte all das zuerst nicht glauben – und dann hat es mich furchtbar geängstigt. Als ich deinen Vater heiratete, wusste ich zwar, dass die Pollocks reichlich exzentrisch sind, aber dass es so weit geht … Und du kleine Hexe hast meine Nerven auch nicht gerade geschont!«
    Bei diesen Worten versuchte Marie nicht, ihre Traurigkeit zu verbergen. Oksa wunderte sich darüber. Der Ernst, der sich nun so deutlich auf dem Gesicht ihrer Mutter abzeichnete, war ihr ganz neu. Normalerweise war ein solcher

Weitere Kostenlose Bücher