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Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Titel: Oksa Pollock. Die Unverhoffte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
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und hörte gleichzeitig ihre Mutter noch lauter lachen. Dann nahm Marie Pavel den Hörer aus der Hand.
    »Und, meine kleine Zauberin, geht’s dir gut? Wie sind die Ferien?«
    »Ganz schön heftig, aber toll! Du solltest mal sehen, was ich alles kann, Mama. Den Magnetus habe ich enorm verbessert und außerdem kann ich jetzt vertikalieren.«
    »Du machst mir Angst mit deinen Geschichten!«, rief Marie. »Pass gut auf und ruh dich auch ein bisschen aus.«
    »Mach ich.«
    »Wir sprechen uns morgen wieder, meine Große. Tschüs!«
    Nachdem sie aufgelegt hatte, ging Oksa zu Gus in den Salon. In einen Sessel gekauert, sah er zum Fenster hinaus und streichelte das Plemplem-Baby, das schnarchend auf seinem Schoß lag.
    »Alles in Ordnung, Gus?«, fragte sie ihn.
    Gus zuckte nur die Achseln und drückte sich noch tiefer in den Sessel.
    »Ist irgendwas?«, hakte Oksa nach.
    »Och, nichts Wichtiges«, brummelte Gus.
    »Also ist was«, stellte Oksa fest und kniete sich neben ihren Freund.
    »Äh … ja, da ist was – ich bin da«, antwortete Gus mit gesenktem Blick.
    »Was erzählst du da?«
    »Na ja, dass … Ach, weißt du, ich kann aber auch gar nichts«, sagte er und versuchte dabei, seine Stimme zu dämpfen, damit das kleine Geschöpf, das in seinem Schoß schlief, nicht aufwachte. »Ich meine … Wenn ich mit meinen Eltern telefoniere, was soll ich ihnen dann erzählen? Von meiner besten Freundin, die sich königlich amüsiert, herumfliegt und Wolkenbrüche verursacht? Oder von Wahnsinnsgeschöpfen, die aus einem unsichtbaren Land kommen? Und was soll ich ihnen von mir erzählen? Dass ich immerzu danebenstehe und Beifall klatsche, wenn du deine unglaublichen Kunststücke machst? Dass ich zu nichts zu gebrauchen bin? Dass ich ein Versager bin?«
    Gus sprach mit zusammengebissenen Zähnen. Seine bitteren Worte trafen Oksa mitten ins Herz. Tränen stiegen ihr in die Augen.
    » Ein Versager? Spinnst du? Du bist kein Versager! Du bist nicht zu nichts zu gebrauchen!«, protestierte sie. Ihre Kehle war wie zugeschnürt.
    »Ach? Glaubst du? Selbst die Kapiernixe sind nützlicher als ich. Egal, was ich mache, ich mache es weniger gut als du. Und damit meine ich nicht das Vertikalieren oder den Magnetus, ich meine den ganzen Rest: Inlineskaten, die Schule, Karate, unsere Freunde, ALLES, ich sag’s dir! Ich hinke immer hinterher. Gus, der Versager, immer und immer wieder.«
    Oksa war völlig erschlagen von Gus’ Worten. Sie wusste schon lange, dass er keine hohe Meinung von sich hatte, aber so hatte sie ihn noch nie erlebt. Und das Schlimmste waren nicht seine harten und unerbittlichen Worte. Nein, das Schlimmste war, dass Gus wirklich glaubte, was er da sagte. So sah er sich selbst …
    »Aber Gus, das ist doch alles Blödsinn !«, rief sie laut. »Du hast bergeweise gute Eigenschaften! Du bist treu und intelligent, bist unheimlich gut in einer Menge Sachen, Informatik zum Beispiel und Computerspiele. Du kennst dich mit Mangas aus, du bist ein superguter Schüler.«
    »Quatsch!«, sagte Gus bitter. »Deine Noten sind viel besser als meine.«
    »Beim Karate«, fuhr Oksa genauso vehement fort, »es tut mir leid, das sagen zu müssen, aber da unterschätzt du dich, wie bei allem anderen auch. Wenn man ein bisschen genauer hinschaut, merkt man gleich, dass du viel besser bist als ich. Du kennst mich doch, ich mache immer viel, aber bei einer Menge Sachen geht es auch daneben. Nicht wie bei einem gewissen Gus, dem alles, was er tut, hervorragend gelingt, ohne dass er sich dabei in den Vordergrund drängen würde … was an sich auch schon eine verdammt gute Eigenschaft ist! Und weißt du, was ich an dir so toll finde? Deine Gelassenheit. Wenn es dich nicht gäbe, würde ich schon längst in großen Schwierigkeiten stecken. Du denkst wenigstens nach, bevor du handelst, im Gegensatz zu mir. Ist dir klar, wie wichtig das ist? Ich brauche dich als Freund. Außerdem mag ich es, wenn du mein Freund bist. Basta! Du bist mir genauso wichtig wie meine Familie. Oder besser gesagt, du gehörst für mich zur Familie. Oh, wie ich mich aufrege , wenn du solche Sachen sagst …«
    Entnervt wandte Oksa sich ab und sah aus dem Fenster. Wut und Traurigkeit brodelten in ihr. Sie wollte sich nicht davon überwältigen lassen und holte tief Luft, um sich zu beruhigen.
    »Okay, okay«, räumte Gus ein. »Aber trotzdem bist du eine Königin, eine Zauberin, ein ganz besonderes Mädchen. Und ich: ein Nichts. Ich bin nicht neidisch, Oksa, ich bin nur

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