Oksa Pollock. Die Unverhoffte
Oksa leise. »Soviel ich weiß, sind Schwarze Globulusse hochgefährliche, manchmal sogar tödliche Granuks. Die Treubrüchigen haben sie entwickelt, als sie den Angriff auf Edefia vorbereitet haben. Ich habe bei der Filmaugenvorführung gesehen, wie ein Mann von einem Schwarzen Globulus getroffen wurde, und es war grauenhaft, sage ich dir. Der Colocynthis scheint zur selben Kategorie von gefährlichen Granuks zu gehören – und das heißt, dass ein Treubrüchiger das Haselhuhn angegriffen hat.«
»Ein Treubrüchiger? Du spinnst wohl! Wie soll das denn gehen?«
»Ich weiß nicht, Gus. Was meinst du, Plempline?«, sagte Oksa und wandte sich dem kleinen Geschöpf zu, das neben ihr stand und sie nicht aus den Augen ließ. »Du hast doch gesagt, dass in der Nacht jemand auf dem Grundstück war, oder?«
»Ja, Junge Huldvolle, so lautet die Wahrheit«, antwortete die Plempline.
»Was weißt du sonst noch? Sag es mir, ich bin die Junge Huldvolle!«, befahl ihr Oksa.
Das rutschte ihr in einem unhöflicheren Ton heraus als beabsichtigt und sie wurde rot. Es war das erste Mal, dass sie sich auf ihre Stellung berief, und sie schämte sich ein wenig, dass es ein so zuvorkommendes Geschöpf wie die Plempline getroffen hatte.
Gerade als sie sich dafür entschuldigen wollte, begann die eingeschüchterte kleine Haus- und Hofmeisterin nervös zu erzählen: »Der Meister und die Alte Huldvolle hatten am Abend eine große mündliche Unruhe, die Furcht ließ sich ermessen. Ich habe der Jungen Huldvollen bereits alle Details, die sich in meinem Kopf befinden, auseinandergesetzt, und ich kenne keine zusätzlichen Auskünfte, das ist mein Versprechen.«
»Ist ja schon gut, Plempline, ist ja schon gut, beruhige dich«, entgegnete Oksa und tätschelte ihr den Kopf. »Ich danke dir für deine Hilfe.«
Dann wandte sie sich an Gus und sagte triumphierend: »Siehst du, da ist was im Busch! Bestimmt hat der nächtliche Eindringling etwas mit dem Schwarzen Globulus zu tun. Vielleicht treibt er sich sogar noch in der Nähe herum, ja, ich bin mir sogar sicher! Und vergiss nicht, dass der Grässlon verschwunden ist. Vielleicht hängen diese beiden Dinge miteinander zusammen.«
»Du hast bestimmt recht, aber mich würde interessieren, warum das arme Tier angegriffen wurde«, sagte Gus.
»Vielleicht sollte es gar nicht das Haselhuhn treffen?«
»Meinst du etwa, dass …«
Die Haustür schlug mit einem lauten Knall zu. Die Kinder verstummten. Oksa legte den Finger an die Lippen, um der Plempline zu verstehen zu geben, dass sie nichts von ihrem Gespräch verraten sollte.
»Ja, Junge Huldvolle, ich habe das Verständnis.«
Leomido kam mit erschöpfter Miene in den Salon. Er bemühte sich, seine Unruhe zu verbergen, doch sein Blick huschte unstet durch den Raum – ein Zeichen von großer Sorge, das weder Gus noch Oksa entging.
Oksa stand auf und ging ihm entgegen. »Und, Leomido? Geht’s dem Haselhuhn besser?«, fragte sie.
»Ja, viel besser«, antwortete er. »Sein Fuß ist gerettet. Er ist fast wieder wie vorher. Das haben wir wieder einmal Abakums und Dragomiras Können zu verdanken. Ich hätte nie geglaubt, dass ich diese Salbe je brauchen würde.«
»Welche Salbe?«
Doch Oksas Frage schien nicht zu Leomido durchzudringen. Der alte Mann blieb in seine Gedanken versunken schweigend neben dem Kamin stehen.
»Ist Baba immer noch bei ihm?«, fragte Oksa in einem erneuten Versuch, Leomido aufzurütteln.
»Ja, um seinen Zustand zu überwachen«, antwortete er schließlich tonlos. »Das arme Haselhuhn hat einen ziemlichen Schock erlitten.«
Oksa musterte ihren Großonkel genauer. Dem Haselhuhn mochte es ja besser gehen, aber von ihm konnte man das sicher nicht sagen.
»Ist das nicht gefährlich? Ich meine … Baba … ganz allein am See? Was ist denn eigentlich passiert, Leomido?«
Ihr Großonkel setzte sich und legte den Kopf in den Nacken. »Was hast du gesagt, Oksa? Entschuldige bitte, ich war in Gedanken.«
»Ist es nicht gefährlich für Baba, ganz allein am See zu bleiben, nach allem, was passiert ist?«
»Alles ist wieder in Ordnung, ihr könnt beide ganz beruhigt sein«, sagte er schwach.
Oksa warf Gus einen skeptischen Blick zu und er zuckte die Achseln. Wortlos gab er ihr zu verstehen, dass er fand, sie sollten es dabei bewenden lassen und lieber später auf eigene Faust Antworten auf ihre Fragen suchen. Oksa war einverstanden und sagte nun: »Baba hat übrigens vorhin etwas ganz Irres gemacht.«
»Ja, da bin ich
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