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Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Oksa Pollock. Die Unverhoffte

Titel: Oksa Pollock. Die Unverhoffte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
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stieß sie stammelnd hervor: »Hat er … … hat er den Absturz aus dem Heißluftballon betrieben?«
    »Nein, nein«, antwortete ihr Gefährte ernst. »Die Verletzung wurde von einer ungeheuerlichen Gefahr ausgeteilt: von einem Totenkopf-Chiropter!«
    »Ein Totenkopf-Chiropter? Aber Chiropter kommen doch aus Edefia! Die Treubrüchigen …«
    Die Plempline konnte ihren Satz nicht beenden: Überwältigt von größter Furcht sank sie ohnmächtig zu Boden. Der Plemplem eilte sofort zu ihr und blies ihr so lange ins pausbäckige Gesicht, bis sie wieder zu sich kam.
    In diesem Moment öffnete sich die Eingangstür mit einem lauten Quietschen. Zur großen Erleichterung der verängstigten Geschöpfe erschien Leomidos lange Gestalt auf der Schwelle. Unglücklicherweise war diese Rückkehr tatsächlich hochdramatisch: In den Armen hielt er den bewusstlosen Gus, auf dessen Gesicht eine hässliche Verletzung zu sehen war, ähnlich der eines Schlangenbisses. Die Haut um die Wunde herum war geschwollen und Gus’ ganze linke Gesichtshälfte hatte die Farbe von verfaulendem Obst angenommen.
    Oksa war angewidert von dem Gestank, der von der Wunde ausging. Sie kämpfte gegen den Ekel und die Panik an, ließ dabei aber ihren Freund nicht aus den Augen.
    Als Leomido den Verletzten auf eines der Sofas im großen Salon legte, öffneten sich Gus’ Lider ein wenig, und man sah seine völlig verdrehten, milchig weißen Augäpfel. Oksa befürchtete plötzlich das Schlimmste. Gus würde es nicht schaffen … Sie stöhnte und spürte ein heftiges Kribbeln, das sich in ihrem ganzen Körper ausbreitete, als würde er sich von Kopf bis Fuß mit bitteren Tränen füllen.
    Nach einigen Minuten, die ihr wie Stunden vorkamen, erschienen Gus’ Pupillen jedoch wieder. Die dunkelblauen Augen des Jungen blieben erst noch ohne Ausdruck, als wäre sein Hirn ausgeschaltet, doch dann kam er zu sich und sein Blick belebte sich.
    »Lieber Plemplem, hol schnell Dragomira her!«, befahl Leomido, und zu Oksa gewandt fügte er hinzu: »Mach dir keine Sorgen! Dragomira wird wissen, was zu tun ist. Gus schafft das schon …«
    Es war kurz vor Mitternacht, als die letzten Rette-sich-wer-kann endlich den großen Salon in der ehemaligen Kirche betraten. Kurz hinter Mercedica, der stolzen Spanierin, die zu Babas Bande gehörte, kamen Naftali und Brune Knut, Tugduals exzentrische Großeltern. Sie zogen zuerst ihre dicken Mäntel aus und begrüßten dann ihre Freunde.
    »Ihr seid ja alle da«, sagte Naftali. »Guten Abend, Junge Huldvolle.«
    Oksa kannte die Knuts noch nicht, und es verschlug ihr den Atem, als sie den Raum betraten. Noch nie hatte sie ein so beeindruckendes Paar gesehen. Naftali war außergewöhnlich groß und kahl, und Kinn und Wangen waren mit einem zarten, beinah durchsichtigen Flaum bedeckt. Er war von Kopf bis Fuß in schwarzen Samt gekleidet, ein einziges auffälliges Detail hob sich davon ab: eine Kette aus winzigen, funkelnd grünen Perlen, die seine geheimnisvollen smaragdgrünen Augen betonten.
    Er ließ den Blick auf Oksa ruhen und legte seiner Frau die Hand auf den Arm. Diese verbeugte sich leicht und sagte mit kehliger Stimme: »Ich freue mich sehr, dich kennenzulernen, Junge Huldvolle.«
    Brune Knut war eine ebenso auffällige Erscheinung wie ihr Mann. Sie war vermutlich siebzig, vielleicht sogar achtzig Jahre alt und sah fantastisch aus. Sie trug eine Hose mit einem asymmetrisch geschnittenen Kleid darüber und unter ihrem schneeweißen Haar im Pagenschnitt lugte ein mit einem guten Dutzend winziger Diamanten geschmücktes Ohr hervor. Auch ihre Oberlippe war mit einem kleinen Edelstein verziert, der kurz aufblitzte, als sie den Kopf vor Oksa neigte.
    »Guten Abend«, stammelte das junge Mädchen verwirrt. Sie war es nicht gewohnt, von einer derart eindrucksvollen Frau mit so viel Respekt behandelt zu werden.
    Sie ließ sich auf den Teppichboden nieder, schlang die Arme um die Knie und versuchte, ihre Verlegenheit zu kaschieren. Obwohl in dem Salon mit seinem prachtvollen Ambiente eine warme Atmosphäre herrschte, war die Stimmung ernst. Alle saßen im Halbkreis um den riesigen Kamin, unterhielten sich leise miteinander und sahen Oksa hin und wieder sorgenvoll an. Sie spürte die Last der Blicke, doch die Gedanken, die wild in ihr brodelten, isolierten sie zwangsläufig von der Gruppe.
    Unwillkürlich hob sie die Augen zur Decke. Genau über ihr befand sich Gus’ Zimmer. Ihrem Freund ging es dank Dragomiras mysteriöser Salben und

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