Oktoberfest
ausdenken müssen. Die Frau des Amerikaners war zusammengeklappt.
Ausgezeichnet!
Die Auswertung der Aufzeichnungen des Richtmikrofons hatte ergeben, dass Generalmajor Oleg Blochin mit seiner Einschätzung richtig gelegen hatte. Der Mann war nicht nur Soldat, sondern er war auch noch Amerikaner.
Besser hätte er es gar nicht treffen können.
Seit Beginn der Operation hatte er nach einem Soldaten im Zelt Ausschau gehalten. Denn sollte seine Desinformationsoperation Erfolg haben, brauchte er dafür einen Soldaten. Jetzt hatte er sogar einen amerikanischen Soldaten. Einen Mann mit Kampferfahrung, wie er durch die Abhöraktion wusste.
Er wusste auch, dass der Mann, mit dem sich der Amerikaner und seine Frau unterhalten hatten, ein deutscher Professor war, der gut Englisch sprach. Blochins Englisch war zwar passabel, aber er sprach mit starkem Akzent. Er würde dem Professor gegenüber lieber als Deutscher auftreten. Der würde übersetzen können.
Aus dem Tonfall und der Thematik der abgehörten Gespräche hatte er herausgehört, dass sich der Professor mit dem Ehepaar angefreundet hatte.
Umso besser.
Blochin und seine beiden Begleiter erreichten die am Boden liegende Frau und den daneben knienden Mann. Der Professor saß wieder auf seinem Platz am Biertisch.
»Was ist hier los?«, herrschte Blochin den Amerikaner an, der ihn mit zu schmalen Schlitzen verengten Augen fixierte.
Peter Heim antwortete für McNamara. »Die Frau hat einen Schwächeanfall. Wir brauchen einen Sanitäter.«
»Wer hat mit Ihnen geredet?« Blochin sah den Professor feindselig an.
»Der Mann ist Amerikaner und versteht nicht so gut Deutsch. Deshalb habe ich geantwortet«, antwortete Peter Heim etwas unsicher. Der Kommandeur der Geiselnehmer war eine einschüchternde Erscheinung. Angst kroch in dem Professor empor.
»Aha! Und die Frau braucht also einen Sanitäter? Was ist denn passiert?«
Peter Heim übersetzte die Frage für McNamara.
»Sie ist schwanger, und ihr Kreislauf macht den Stress und das viele Sitzen nicht mehr mit. Bitte helfen Sie ihr«, kam die Antwort.
»Sie haben ja komische Vorstellungen«, sagte Blochin kalt. »Sagen Sie mir einen Grund, warum ich die Frau hier nicht einfach verrecken lassen sollte.«
Er beobachtete das Gesicht des Amerikaners genau, während Peter Heim übersetzte. Und er sah das erhoffte Aufblitzen der Aggressivität in den Augen des amerikanischen Marineinfanteristen.
Das läuft ja wie am Schnürchen, dachte sich Generalmajor Oleg Blochin.
Da meldete sich Okidadse per Funk. »Sie sollten sofort in den Gefechtsstand kommen, General. Das müssen Sie sich ansehen!«
»Wieso? Was ist los?«
»Der Bundespräsident spricht gerade im Fernsehen. Er bietet sich als Geisel an.«
»Ich komme.« Blochin rief seinen Begleitern etwas zu. Dann ging er mit schnellen Schritten in Richtung des Gefechtsstandes und ließ Professor Heim und Oberstleutnant McNamara zurück.
Die beiden wechselten ratlose Blicke. Kurze Zeit später kamen zwei Sanitäter mit einer Bahre auf sie zu.
Die noch immer bewusstlose Brighid McNamara wurde auf die Trage geladen. »Unser Arzt wird ihr helfen«, sagte einer der Sanitäter in gebrochenem Deutsch.
McNamara nickte dem Mann zu. »Danke«, sagte er mit leiser Stimme.
Peter Heim bemerkte den drohenden Unterton, der in dem einen Wort lag.
Während Blochin zu Okidadse ging, musste er sich eingestehen, dass er mit einer solchen Wendung nicht gerechnet hatte.
Der Bundespräsident zeigte eine Charaktereigenschaft, die er von einem dieser degenerierten Demokraten nicht erwartet hätte.
Eine Charaktereigenschaft, die Generalmajor Blochin mehr als jede andere schätzte: Mut.
Iljuschin kam ebenfalls auf den Gefechtsstand zu. Der Nahkampfspezialist hatte geschlafen und war auf dem Weg, sich ein Frühstück zu organisieren. Jetzt wäre Blochin an der Reihe, sich auszuruhen. Aber das musste er wohl verschieben. Zuvor würde er sich anhören, was das Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland ihm anzubieten hatte. Dann würde er Kriegsrat halten.
*
Zwei Stunden später landete der Luftwaffen-Airbus mit den Diamanten an Bord in Augsburg.
Der Bundesfinanzminister war persönlich anwesend, um die kostbare Fracht in Empfang zu nehmen. Zu seiner Sicherheit hatte General Moisadl ihm dreißig Soldaten des Kommandos Spezialkräfte und die gleiche Anzahl Gebirgsjäger und Feldjäger mitgegeben.
Mehrere gepanzerte Fahrzeuge standen bereit, um die Edelsteine nach München zu
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