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Oktoberfest

Oktoberfest

Titel: Oktoberfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scholder Christoph
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sich inzwischen ebenfalls umgezogen. Sie trugen schwarze Kampfanzüge. Kugelsichere Westen, Kehlkopfmikrofone und Kopfhörer wurden aus den Wagen verteilt. Die Bewegungen der Männer waren schnell und konzentriert.
    Vier trugen mittlerweile Polizeiuniformen. Jeder der Männer erhielt eine Maschinenpistole MP 5.
    Die Kampfkoppeln, die aus einem Gürtel und zwei Schultergurten bestanden, wurden angelegt. Jede Kampfkoppel trug eine Nummer. Die an den Gurten angebrachten Ausrüstungsgegenstände waren genau an die Aufgaben des jeweiligen Mannes angepasst.
    Das Reißen der Klettverschlüsse und die metallischen Geräusche der Koppelschnallen gingen in den Bässen der aktuellen Wiesn-Hits völlig unter. Dagegen kam ja sogar eine Polizeisirene nur schwer an. Selbst als in einem der Lastwagen ein Generator ansprang, war das Geräusch bereits in fünf Metern Entfernung nicht mehr zu hören. Die Männer luden die Waffen durch.
    Die falsche Polizeipatrouille machte sich auf den Weg.
    Die Männer setzten sich Gasmasken auf und zogen die Riemen hinter ihren Köpfen fest. Noch immer konnten sie das Zischen hören, mit dem das Gas in dem Anschluss im Boden verschwand.
    Schließlich setzten sie Kevlar-Helme auf. Auf den Helmen waren an Vorder- und Rückseite Nummern in einer reflektierenden Lackierung aufgemalt.
    Okidadse startete die Wiedergabe der Videoaufzeichnungen vom letzten Sonntag.
    17:52 Uhr
    Alois Kroneder atmete in der Wiesn-Wache hörbar auf. Die Bilder waren wieder da. Fast sieben Minuten hatte der Ausfall diesmal gedauert. Die längste Zeit bisher. In der vergangenen Woche waren die Kameras und die Bildschirme wiederholte Male ausgefallen. Techniker hatten den Fehler gesucht, und sie hatten jedes Mal behauptet, ihn nun gefunden zu haben. Aber der Fehler hatte sich hartnäckig gehalten.
    Kroneder beobachtete, wie die Kühltransporter zu einem weiteren Zelt fuhren. Er konnte Romberg erkennen, der gerade mit einem der Küchenchefs vom Zelt der Korbinian-Brauerei sprach. Alles in Ordnung. Die Bilder, die die Kameras lieferten, sahen genau so aus, wie sie an einem Sonntagnachmittag auszusehen hatten.
    Er war kurz davor gewesen, zusätzliche Patrouillen auszuschicken, um das Festgelände zu kontrollieren. Aber das war jetzt nicht mehr nötig.
    Sie hatten die Sache im Griff.
    17:56 Uhr
    Blochin blickte zu Dr. Kusnezow.
    Ein kurzes Nicken. »Wir haben den nötigen Druck, General. Auf Ihr Kommando …« Der Arzt vollendete den Satz nicht.
    »Dann mal los, Herr Doktor.« Blochins Stimme war völlig ruhig.
    Dr. Kusnezow drückte einen Knopf an einer Schalttafel, die im Wagen angebracht war. Die Keramikverschlüsse der einhundert Hochdruckventile, die in den Balken des Benediktiner-Zeltes verborgen waren, öffneten sich. Der ungeheure Druck sprengte die dünne Schicht Holzkitt, mit der die Ventile getarnt worden waren, einfach weg. Der gesamte Innenraum des Zeltes wurde gleichmäßig mit einem Narkosemittel begast.
    Dr. Kusnezow hatte einige Zeit tüfteln müssen, bis er die richtige Mischung zwischen Narkosewirkstoff und Herz-Kreislauf-Mitteln gefunden hatte.
    Die Menschen im Zelt sollten betäubt werden. Aber sie sollten nicht an Atemlähmung sterben. Dr. Kusnezow hatte das Betäubungsgas, das beim Sturm auf das Theater des Musicals »Nord-Ost« verwendet worden war, deutlich verbessern können.
    Ganz ohne Verluste würde es dennoch nicht ablaufen.
    Eine gewisse Mortalität war eingeplant.
    Die Wirkstoffe sanken auf die fünftausend Insassen des Zeltes herab. Die meisten kippten nach vorne auf die Tische. Einige schafften es noch, aufzustehen, bevor sie zusammenbrachen. Diejenigen, die an den Enden der Bierbänke saßen, fielen seitlich in die Gänge.
    Die Bedienungen wurden im Stehen oder Laufen ohnmächtig. Geschirr und Krüge zerbrachen scheppernd. Bier floss und versickerte. Knöchel knacksten. Die groben Dielen rissen Schürfwunden. Das Küchenpersonal kollabierte vor den Grillstationen und Herdplatten. Tote Hühner glitschten über den Boden.
    Den Musikern der Kapelle knickten die Knie ein. Das Lied Resi, i hol’ di’ mit mei’m Traktor ab endete abrupt in einem schaurigen Misston.
    Das Gas wirkte in Sekunden.
    Plötzlich war es in dem riesigen Bierzelt still.
    Totenstill.
    Blochin kannte diese Art der Stille. Er lauschte seinem eigenen, ruhigen Atem. Eine ganz besondere Art der Stille.
    Der Klang des Todes selbst.
    Mit einem Knacken erwachte Blochins Kopfhörer zum Leben. Es rauschte einige Sekunden. Noch ein Knacken.

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