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Oktoberfest

Oktoberfest

Titel: Oktoberfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scholder Christoph
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McNamara. Ich bin ein Marine. US Marine Corps. Ich arbeite im Naval Intelligence Center in Stuttgart. Marinegeheimdienst. Ich bin seit einer Woche aus dem Irak zurück und wollte mit meiner Frau Brighid hier auf dem Oktoberfest meine Rückkehr feiern.«
    Er deutete auf eine junge, rothaarige Frau, die ihm gegenübersaß.
    Ihr sommersprossiges Gesicht war etwas blass. Sie hob grüßend die rechte Hand und winkte dem Professor kurz zu. Der erwiderte nickend.
    »Morgen wollten wir Schloss Neuschwanstein besichtigen«, fuhr der Mann fort. »Und dann nach Salzburg weiterfahren. Die Sound-of-music -Tour mitmachen und uns die Stadt ansehen. Ein Wiener Schnitzel essen.« Der Mann seufzte. »Tja, daraus wird wohl vorerst nichts.«
    »Wenn Sie Soldat sind, dann verstehe ich Ihre Frage.« Peter Heim lächelte den Mann an. »Ich habe mir, ehrlich gesagt, schon so etwas gedacht. Sie sehen so aus, als seien Sie in einer sehr guten körperlichen Verfassung. Welchen Rang bekleiden Sie denn?«
    »Ich bin Oberstleutnant, wenn Sie damit etwas anfangen können.«
    »Ja, und nicht nur die Offiziersränge sind mir bekannt. Wissen Sie, ich bin Professor für Kulturtheorie an der hiesigen Universität.« Peter Heim hatte das Gefühl, als spräche er über ein anderes Leben, das er zu einer anderen Zeit, in einer anderen Welt einmal gelebt hatte. »Das Militär ist eines der ältesten Kulturphänomene der Menschheit. Deshalb habe ich mich damit auseinandergesetzt. Meiner Überzeugung nach bin ich allerdings Pazifist.«
    »Eine Einstellung, die in Ihrem Land aus verständlichen Gründen nicht ganz unüblich ist. Darf ich Sie nach Ihrem Namen fragen?«
    »Peter Heim. Es wäre mir lieber, ich hätte Sie und Ihre Frau unter angenehmeren Umständen kennengelernt.«
    McNamara nickte dem Professor lächelnd zu.
    »Ich möchte meine Frage von vorhin noch mal wiederholen. Haben Sie den Eindruck, dass der Mann, der vorhin gesprochen hat, Deutscher ist?«
    »Ja, allerdings. Er hat sich während seiner Ansprache einiger Ausdrücke und Redewendungen bedient, die nur ein Muttersprachler so verwenden würde.«
    »Das ist erstaunlich. Ich habe diese Männer jetzt einige Zeit beobachtet. Das sind ohne jeden Zweifel Soldaten. Profis. Nicht irgendwelche Soldaten. Das ist eine Eliteeinheit. Kommandosoldaten. Ich erkenne das. Allein die Art, wie sie sich bewegen. Ihre Gesten. Die Art, wie sie mit ihren Waffen umgehen. Aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wieso deutsche Elitesoldaten ein Bierzelt auf dem Oktoberfest besetzen sollten.« McNamara ließ seinen Blick durch das Zelt schweifen. »Aber sie haben es offensichtlich getan.«
    Peter Heim sah den amerikanischen Geheimdienstoffizier nachdenklich an. Der Mann hatte recht. Das war wirklich erstaunlich.
    Mehr als das.
    Das war eigentlich undenkbar.
    *
    Lange Zeit sagte keiner der Anwesenden ein Wort. Die Filme, die die beiden Kameras im Zelt der Fischer-Liesl aufgenommen hatten, waren nach Berlin überspielt worden.
    Während die Filme liefen, waren vereinzelt kurze Laute der Ungläubigkeit und des Entsetzens hörbar geworden. Der Präsident des BKA hatte sich übergeben müssen. Würgend war der Mann zur Toilette gerannt. Der Kanzler saß starr, eine Hand vor den Mund geschlagen. Seit zwei Minuten war es in dem Raum völlig still. Niemand bewegte sich.
    Das Einzige, was zu hören war, war der Atem der versammelten Entscheidungsträger der Republik. Bestürzung war in den Mienen zu lesen.
    Der Außenminister holte tief Luft. Er setzte mehrfach an, bevor er schließlich die ersten Worte hervorbrachte.
    »Was für eine Katastrophe«, sagte er krächzend.
    Jetzt fand auch der Regierungschef die Sprache wieder.
    »Eine unfassbare Tragödie. Für die Opfer. Für die Angehörigen.« Der Kanzler ließ seinen Blick über die Gesichter der anderen Herren wandern. »Für unser Land.«
    Er schob seinen Kopf zwischen den Schultern nach vorne. Sein Gesicht, das eben noch völlige Fassungslosigkeit gezeigt hatte, spiegelte nun Entschlossenheit.
    »Meine Herren, ich erwarte Ihre Vorschläge.«
    »Ich werde umgehend in St. Augustin anrufen und die GSG 9 in Marsch setzen. Wir brauchen diese Leute jetzt dort vor Ort. Ich denke, ich habe Ihr Einverständnis?« Der Innenminister sah den Bundeskanzler an.
    Der nickte.
    Der Innenminister griff zum Telefon.
    Es klopfte.
    »Herein!«, rief der Regierungschef unwirsch. Seine Büroleiterin trat ein.
    »Herr Bundeskanzler, wir haben dringende Anfragen aus den

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