Oktoberfest
dankbar, als ihm ein Mann vom Technischen Hilfswerk eine Decke anbot. Nachdem er sie sich um die Schultern gelegt hatte, wurde ihm rasch wärmer. Er sah in die verschlafenen Augen seines Gegenübers.
»Wir sollten auch versuchen, ein bisschen zu schlafen«, sagte Werner zu Matthias.
»Ich bin vor kurzem an der Schulter operiert worden und kann unmöglich hier am Tisch schlafen.«
»Dann musst du dich an einen der Helfer wenden. Sie sollen dir eins der wenigen Betten zur Verfügung stellen. Genau für solche Fälle bringen sie diese Dinger doch hier rein.«
Matthias nickte. »Du hast recht.« Er hob eine Hand, um die Aufmerksamkeit der Helfer auf sich zu lenken. Ein Bereitschaftspolizist näherte sich.
»Kann ich etwas für Sie tun?«
»Ja. Ich wollte fragen, ob ich eines der Betten haben könnte. Ich bin erst vor vier Wochen an der Schulter operiert worden und werde hier wohl nicht schlafen können, weil ich dann zu große Schmerzen bekomme.«
Der Polizist sah ihn verständnisvoll an.
»Dann kommen Sie mal mit. Ich glaube, das lässt sich machen. Einer der Ärzte kann sich Ihre Schulter auch noch mal ansehen, wenn Sie das wollen.«
»Ich glaube nicht, dass das nötig sein wird. Trotzdem danke!«
Sein neuer Bekannter verabschiedete sich von Werner Vogel. »Dann schlaf mal gut, Werner, soweit das möglich ist. Mannomann, wir leben in verrückten Zeiten, was?«
»Ja, wohl wahr. Dir auch eine gute Nacht. Bis morgen früh zum Wiesn-Frühstück!« Werner grinste Matthias aufmunternd an, der dem Polizisten in Richtung der provisorischen Schlaflager folgte.
Werner Vogel war ziemlich angetrunken und müde. Er rollte seine Jacke zu einem Kissenersatz zusammen und legte sie vor sich auf den Biertisch. Dann bettete er sich hin und schloss die Augen.
Er seufzte. Seine letzten Gedanken, bevor er einschlief, galten seiner geliebten Amelie. Wie mochte es ihr gehen? Bestimmt war sie in Sicherheit. Wahrscheinlich lag sie in ihrem schönen, gemütlichen Bett. Da wäre er jetzt auch gerne. Bald fiel er in einen leichten Schlaf.
Auch in den anderen Zelten wurde es langsam ruhiger. Die Müdigkeit gewann die Oberhand über die Aufregung. Die Gespräche ebbten ab. Immer mehr Geiseln schliefen nach und nach ein.
2:45 Uhr
Am Flughafen in Augsburg herrschte reinstes Chaos. Beim Anflug auf das relativ kleine Rollfeld konnte Härter erkennen, dass unzählige Passagiermaschinen herumstanden. Den ganzen Abend über, bis in die Nacht hinein, waren aus München umgeleitete Flugzeuge hier gelandet. Die Hotels der Stadt waren bis auf das letzte Bett belegt. Auch die Gasthöfe im Umland hatten kaum noch Zimmer frei.
»Da sind aber viele Reisende gestrandet«, sagte der Pilot, als er aus der Kanzel nach unten sah.
Ein Gedanke nahm in Wolfgang Härters Kopf Gestalt an.
Ein Moment der Klarheit.
Er hatte etwas übersehen.
Er hätte eine Verbindung herstellen müssen. Härter konzentrierte sich. Als er den Gedanken greifen wollte, war ihm, als versuche er, einen Nebelfetzen festzuhalten. »Was haben Sie gerade gesagt?«
»Ich habe gesagt, dass da unten eine Menge Leute gestrandet sind.«
Härter schüttelte den Kopf. Er kam einfach nicht darauf. Doch irgendetwas hätte er verstehen können, verstehen müssen .
»Kennen Sie das, Herr Kapitänleutnant? Ihnen fällt etwas ein, Sie können es aber nicht in Worte fassen?«
»O ja, das kenne ich. Es liegt einem auf der Zunge, will aber nicht rauskommen.« Der Pilot nickte mehrfach, während er mit dem Landemanöver begann.
Doch der Gedanke bekam keine Konturen.
Nachdem der Pilot auf einem abseits gelegenen Bereich des Flughafens gelandet war, stieg Härter aus und verabschiedete sich.
»Herr Kapitänleutnant, ich könnte mir vorstellen, dass ich Sie bald wieder brauche. Bleiben Sie also in der Nähe. Tanken Sie auf. Essen Sie was. Ruhen Sie sich aus.« Er sah einen Wagen des Bundesgrenzschutzes über das Rollfeld näher kommen.
»Wenn Sie eine Empfehlung von mir annehmen wollen, fliegen Sie zum Gebirgsjägerbataillon 233 nach Mittenwald. Der Kommandeur der Gebirgsjägerbrigade 23 ist mir persönlich bekannt. General Moisadl. Ich werde ihn anrufen und Ihr Kommen ankündigen. Sagen Sie ihm einen schönen Gruß von mir. Dann bekommen Sie Treibstoff sowie eine gute Unterbringung und erstklassige Verpflegung für sich und Ihre Crew.« Härter hielt kurz inne. »Mit Blick auf ein beeindruckendes Gebirgspanorama«, setzte er dann grinsend hinzu.
Der Kapitän hat wirklich eine ganz eigene
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