Olfie Obermayer und der Ödipus
nur unsere Nachbarn behauptet, die allerdings waren sich sicher!«
»Und diese Behauptung lasse ich nicht einfach im Räume stehen«, fiel ihr der Jo-Vater ins Wort. »Ich lasse mir nicht von einer Handvoll Rotzer meinen guten Ruf in der Nach-barschaft ruinieren!«
Ich schielte reihauf und reihab. Wer macht als erster den Mund auf, fragte ich mich. Ich tippte auf den Axel, doch das war leider ein Irrtum. Die Erbswurstsuppe trat einen Schritt aus der Riege und rief: »Aber so war das doch nicht!
Der Jo hat uns alle eingeladen! Seit vorigem Montag schon!
Ehrlich! Bis auf das Mädchen, das der Wolfgang Obermeier mitgebracht hat! Sonst ist niemand ungeladen gekommen!«
Beifälliges Gemurmel, dem ich mich nicht anschloß, wurde laut, die Anette rief: »Jo, sag doch, daß es stimmt!« Und der Niki rief: »So eine Gemeinheit, Jo!« Der Jo war, glaube ich, total verzweifelt. Aber jetzt, dazu noch vor den Eltern, konnte er die Wahrheit nicht zugeben.
Die Erbswurstsuppe näherte sich dem Hofratstisch noch um einen Schritt. »Und ich habe keinen Tropfen Alkohol getrunken, das schwöre ich«, rief sie. »Nicht einmal eine Zigarette habe ich geraucht. Und schon gar keine mit Hasch!«
Die Erbswurstsuppe war ob der bösartigen Unterstellungen derart empört, daß sie zu heulen anfing. »Ich habe bloß
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Brote geschmiert«, schluchzte sie. »Stundenlang hab ich Brote geschmiert!« Sie drehte sich zum Jo. »Sag doch, daß ich die Wahrheit sage!«
Der Jo nagte an seiner Unterlippe, schaute verschreckt und schwieg. Da löste sich der Gustl aus der murrenden Riege.
Mit zittrigen Fingern zog er seine Brieftasche aus der Hose, nahm einen gefalteten Zettel heraus, entfaltete ihn, legte ihn auf die Schreibtischplatte und sagte mit wutbebender Stimme: »Bitte! Das ist die Schrift vom Jo! Das kann man mit seinen Heften vergleichen. Da hat er aufgeschrieben, was wir für die Party alles brauchen und wieviel wir von jedem einkassieren müssen! Und unten hat er hingeschrie-ben, wer schon bezahlt hat! Das ist doch der Beweis dafür, daß er lügt!«
Das war nun tatsächlich ein eindeutiger Beweis! Allerdings bewies der Zettel auch ganz nebenbei, daß vier Doppier Weißwein, drei Doppier Rotwein, ein Liter Bacardi und zwei Flaschen Gin für die Fete eingeplant waren.
Die Jo-Eltern wieselten zum Hofrat. Sie erkannten die Schrift auf dem Zettel als die Klaue ihres Sohnes. Die Jo-Mama erbleichte, der Papa vom Jo schnappte sich den Jo und knallte ihm zwei Ohrfeigen auf die rechte Wange. Der Hofrat wummerte wieder eine Faust auf den Tisch und rief, er verbitte sich Prügelszenen in seiner guten Stube. Der Jo-Papa ließ vom Jo ab, die Jo-Mama holte tief Luft und rief, daß der Tatbestand der Verwüstung trotzdem gegeben sei, allein der verkotzte Pool sei ein mittlerer Skandal, und die Tapete und die Tulpen und die Bäume schrien zum Himmel! Auch wenn der Jo selbst eingeladen habe, zu einem Vanda-lenakte sicherlich nicht! Und die Idee zum Alkohol-einkauf, die komme nicht von ihm, so sei ihr Sohn nicht!
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Das müßten ihm andere diktiert haben, sie könne sich schon vorstellen, wer! Sie kenne ja etliche in der Klasse, die kein Umgang seien! Vom Gustl wisse doch jeder, daß er ein Trinker sei, und der Bruder der Anette handle ja angeblich sogar mit Drogen, wen wundere es da, wenn seine Schwester dieses Zeug zu einer Party mitbringe! Ein Dutzend vager Verdächtigungen, gespickt mit Kollegennamen, kreischte die wirre Frau, und mit einem Male ging es drun-ter und drüber. Es war ein allgemeines Eigene-Haut-retten und zum Kotzen. Von »Ich hab nicht« über »Ich hab nur«
bis zu »Die anderen haben« war alles zu hören. Dazwischen zischte der Axel: »Haltet doch die Pappen!« Aber er hatte keinen Erfolg. Als die Erbswurstsuppe rief: »Warum soll mein Papa zahlen, weil der besoffene Egon die Tulpen rui-niert hat?«, rief der Egon: »Hätte der Oskar nicht den Schlauch genommen, dann wäre ich nicht in die Tulpen gefallen!«, und dann dauerte es nur noch ein paar Minuten, bis der Verlauf der Fete ziemlich lückenlos dargestellt war.
Auch der Joint auf der Terrasse kam zur Sprache, weil der gute Egon, als Alkoholiker entlarvt, sein ramponiertes Image damit aufbessern wollte, daß er die anderen des Kitt-Konsums beschuldigte; Alkohol gilt ja immer noch für weniger anstößig als Hasch. Was garantiert daher kommt, daß die meisten Eltern schon ein paarmal, viele Eltern oft und ein paar Eltern ständig »im Öl« sind, während :sie
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