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Olfie Obermayer und der Ödipus

Olfie Obermayer und der Ödipus

Titel: Olfie Obermayer und der Ödipus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Nöstlinger
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den Unterschied zwischen einer Haschzigarette und einem Heroin-Stoß nicht einmal kennen.
    Der Axel stritt glatt ab, an der Raucherrunde teilgenommen zu haben. Die Anette, die keine starken Nerven hat, gab es schluchzend ;zu, sagte aber, ein fremdes Mädchen habe ihr die Zigarette gereicht, und sie habe gar nicht geahnt, daß da
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    was anderes drin sein könne als feinster Virginia-Gold-Tabak. Der Niki schloß sich der Anette an, teilte jedoch eilfertig mit, daß der Wolfgang Obermeier dieses fremde Mädchen eingeschleust habe. Der Hofrat wollte von mir den Namen des Mädchens wissen.
    Ich sagte: »Maria! Mehr weiß ich nicht!«
    Der Hofrat sagte: »Das ist doch lächerlich!«
    Ich blieb stur. Das Mädchen, sagte ich, sei mir auf dem Weg zum Jo hin begegnet, vorher habe ich sie nie gesehen, ich habe sie einfach spontan eingeladen, basta!
    Knapp vor dem Ende der zweiten Unterrichtsstunde löste der Hofrat die Versammlung auf und sagte zum Abschluß, daß die Angelegenheit damit längst nicht abgeschlossen sei, Schritte würden unternommen werden, alles müsse ans Licht kommen. Der Ruf der Schule sei gefährdet, und wenn es sein müsse, werde auch die Polizei eingeschaltet.
    Die Eltern vom Jo zogen ab, die Partygäste schlichen, jeder fast jedem gram, ihren Klassen zu. Zwischen ihnen, von allen gemieden, der Jo. Nur die Erbswurstsuppe blieb in der Kanzlei zurück. Das merkte ich erst, als wir wieder in der Klasse waren. Daß die rachsüchtige Person dem Hofrat alles, was ihr über die Joschi bekannt war, und noch drei Prozent Zuwaage drauf, zu erzählen gedachte, war mir klar.
    Und daß es sich daher nur noch um Minuten handeln konnte, bis man mich wieder in die Kanzlei zurückholte, war mir auch klar. Nicht, daß ich das als Riesenkatastrophe ansah!
    Ich bin kein hysterischer Panikfreak! Mir kam das alles bloß unheimlich sinnlos und unmenschlich lästig und ab-grundtief entwürdigend vor. Und die Partygäste, dieser einander denunzierende, keifende Haufen war mir zuwider. Ich

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    fühlte mich mitten in Feindesland, und für ein Partisanenle-ben habe ich keine Eignung.
    Die Dr. Naderer und die Kollegen, die nicht bei der Party gewesen waren, erwarteten uns voll Neugier. Die sensati-onslüsternen Gesichter, die mir da entgegenglotzten, waren mir um nichts weniger zuwider als die Do-deln, die mit mir die Klasse betraten. Ich ging zu meinem Pult, holte meine Schultasche heraus und stopfte die paar Sachen, die auf dem Pult lagen, hinein.
    »Bruder in Christo, verlier nicht die Nerven«, mahnte mich der Axel.
    »Mir reicht es«, sagte ich und ließ die Schnallen der Tasche zuschnappen.
    »Hock dich her, und dreh nicht durch«, sagte der Axel. Fast hätte ich auf seinen Rat gehört. Doch dann fiel mein Blick auf den leeren Platz der Erbswurstsuppe, und ich stand auf und verließ ohne eine Erklärung für die Dr. Naderer die Klasse. Wie von Höllenhunden gejagt, hetzte ich in die Garderobe, zog meine Schlappen aus, schlüpfte in die Schuhe und in die Jacke und verließ durch den hinteren Eingang das Schulhaus. Ich kam mir, stinkige, bleihaltige Straßenluft tief einatmend, vor, als habe ich mir eben selbst das Leben gerettet.
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    7. Kapitel

    in dem ich etwas unternehme, was mein Damenclan später eine »Kurz-schlußhandlung« nennen wird; womit man absolut falsch liegt.

    Manchmal wummert im Leben alles so schnell und so kompakt auf einen runter, daß man hinterher ganz wirr wird, wenn man die Ereignisse im Detail ordnen und ihren Ablauf richtig darstellen will. Was am Montagnachmittag in ein paar Stunden mit mir passierte, hält einer wie ich, der nur an zäh-schleimig dahinblubbernde Langeweile gewohnt ist, im Kopf fast nicht aus.
    Ich kam am Montagmittag, pünktlich wie immer, aus der Schule nach Hause. Durchfroren war ich, weil ich drei Stunden durch die Straßen gegangen war und kalter Wind geweht hatte. Fürs Kaffeehaus hatte ich kein Geld gehabt.
    Die windige Spaziererei hätte ich mir sparen können. Von der Schule hatte man zuerst bei mir zu Hause und dann bei der Mama in der Kanzlei angerufen und mein unerlaubtes Verschwinden aus dem Unterricht gemeldet.
    Tante Fee zitterte vor Erregung. »Mir hat man ja nichts Näheres gesagt«, erklärte sie. »Aber der Moni haben sie gesagt, daß du in Drogen verwickelt bist!« Flehend hob sie die Hände und machte bitte-bitte. »Gelt, Olferle, das ist aber doch nicht wahr! Da irren sie sich, oder?«
    Ich sagte der armen, alten Fee, daß ein Irrtum vorliege,

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