Oliver Hell - Das zweite Kreuz
von Bonn-Liessem. Sag Klauk Bescheid, wie die Koordinaten sind. Er kann dann über sein I-Phone sicher die genaue Stelle finden. Wenn die App funktioniert. Meine funzt nicht immer. Wollte ich nur so bemerken“, sagte Wendt aufgekratzt.
„ Ok“, sagte Rosin knapp. Sie fand, dass Wendt irgendwie seltsam drauf war.
„ Wenn mir jetzt jemand erklärt, um was es hier geht, dann kann ich sicher auch mehr leisten, als nur Koordinaten in einen Rechner tippern“, sagte er und drehte sich mit seinem Stuhl herum. Er schaute jeden herausfordernd an.
„ Lea“, sagte Hell und machte eine Kopfbewegung in Richtung Wendt. Dann ging er zusammen mit Wrobel aus dem Raum.
Wendt legte den Kopf zur Seite und lächelte sie an. Sie informierte ihn mit kurzen Worten über die Ereignisse der letzten Tage.
*
N50° 39‘ 19‘‘ E07° 09‘ 01‘‘
Klauk war froh, dass er die Villa verlassen konnte. Bis dahin hatte er rein gar nichts gefunden. Keine Unterlagen. Wie konnte es sein, dass jemand keine Unterlagen über sein Leben daheim aufbewahrte?
Er rief Heike Böhm zu, die immer noch das Obergeschoss durchsuchte, das er zum Waldfriedhof fahren müsse. Es gäbe wohl einen neuen Brief vom Entführer. Was nahm es denn jetzt für eine Entwicklung? Noch gab es keine neue Meldung über eine Entführung, aber es war davon auszugehen, dass es nicht mehr lange dauern würde. Er überlegte, wie er auf dem schnellsten Weg zum Waldfriedhof in Bonn-Liessem gelangte. Er rief kurz bei Rosin an, die ihm die nächstgelegene Straße nannte.
Von der Villa Lindemann in der Ubierstraße in Bad Godesberg bis nach Bonn-Liessem war es nicht weit. Er ignorierte seine triefende Nase für einen Augenblick. Er tippte die Adresse in das Navigationsgerät. Die elektronische Frauenstimme plauderte aus, dass es fünfeinhalb Kilometer seien, mit einer Fahrzeit von elf Minuten. Er fuhr los und bog rechts auf die Rheinallee ab.
Eine Viertelstunde später parkte er seinen Golf im Pappelweg.
„ Sie haben ihren Zielort erreicht“, plapperte die Frauenstimme gelangweilt. Er stellte das Navi aus. Bei Gelegenheit würde er die Stimme ändern. Diese Frauenstimme hatte ihren Reiz verloren. Man konnte andere Stimmen in das Navigationsgerät laden. Klauk drückte das kleine Feld auf seinem Autoschlüssel und ging zu Fuß weiter. Hinter ihm blinkte es dreimal.
Er bereute es, das GPS-Gerät nicht eingesteckt zu haben. Unterwegs tippte er die Koordinaten, die Lea Rosin ihm gemailt hatte, in sein Smartphone ein. Hoffentlich klappte es diesmal. Der Friedhof hieß deshalb Waldfriedhof, weil er romantisch inmitten eines kleinen Wäldchens angelegt worden war.
Ein Mülleimer in der Rheinaue, das Forsthaus Venne und jetzt ein Friedhof. Auch aus dieser Auswahl konnte man keine Schlüsse ziehen. Vielleicht lag der nächste Hinweis auf einem Grab. Wenn es ganz gut lief, dann konnte man mit dem Namen auf dem Grabstein etwas anfangen. Doch war eher damit zu rechnen, dass der nächste Hinweis nur noch mehr Verwirrung in den Fall bringen würde. Ein handfestes kleines Wunder wäre jetzt angebracht.
Klauk suchte den Eingang. Nachdem er einige Meter an dem Zaun entlang geschlichen war, stieß er auf das Eingangstor. Klauk betrat den Friedhof und starrte auf sein Smartphone. Ein Friedhofsgärtner mit einer Schubkarre begegnete ihm. Er bemerkte ihn kaum. Der Schnee der letzten Tage war weggetaut. Es war beinahe warm. Daher sollte das, was der Entführer hinterlassen hatte, schnell zu finden sein. Mit schnellen Schritten durchquerte er die Reihen mit Gräbern. Die Bäume trugen frühlingsgrüne Blätter. Klauk sah es nicht. Er war nicht mehr weit entfernt von der gesuchten Koordinate.
Noch ein paar Meter.
Er hielt inne. Die Koordinaten auf dem Display veränderten sich nicht mehr.
Klauk drehte sich im Kreise. Er hielt das Smartphone hoch. Wieder kein Empfang? „Oh nein, nicht schon wieder“, stöhnte er.
Da Klauk nicht darauf achtete, wohin er trat, stolperte er über eine Grabsteinumrandung. Das Smartphone glitt ihm aus der Hand. Es landete auf dem Kies. Klauk verlor das Gleichgewicht. Er ruderte mit den Armen. Vergebens. Eine Sekunde später fand er sich auf dem Rücken liegend wieder. Auf einem Grab. Mit schmerzverzerrtem Gesicht rappelte er sich auf. Er stützte sich ab.
Wo war das Smartphone? Hoffentlich war es nicht durch den Sturz beschädigt. Auf allen Vieren suchte er nach seinem Telefon.
Dort lag es. Vor ihm auf dem Kies. Klauk krabbelte hin. Die
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