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Oliver Hell - Das zweite Kreuz

Oliver Hell - Das zweite Kreuz

Titel: Oliver Hell - Das zweite Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wagner
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sämtliche Organe entfernt worden waren. Der gesamte Thorax war leer, kein Herz, keine Lunge, kein Verdauungstrakt. Alles fehlte. Dafür waren keine Fremdkörper gefunden worden. Was die bereits geäußerte Vermutung entkräftete, Adelberg sei erschossen worden.
    Sie ließ den Brief sinken. Da war aber einer sehr gründlich, dachte sie. Eilig tippte sie auf ihrem Handy die Kurzwahl von Hell. Während sie mit ihm sprach, betrachtete sie wieder mit zusammengekniffenen Augen die Mumie.
    „ Gut zu wissen. Danke“, sagte Hell, nachdem sie ihm die Ergebnisse mitgeteilt hatte.
    „ Ich rufe jetzt in der KTU an. Mal schauen, ob die was für mich haben. Melde mich“, sagte sie in Eile.
    Der Anruf bei der KTU brachte die Gewissheit, dass es sich um Günther Adelberg handelte. Die DNA-Proben des Hautpartikels und der Haarprobe des Archäologen waren identisch. Ein zusätzlich vorgenommenes Tox-Screening hatte keine Auffälligkeiten ergeben. Dr. Beisiegel bedankte sich und legte ihr Handy neben sich auf den Sektionswagen.
    Alles ergab einen Sinn. Jemand hatte sich alle Mühe gemacht, die wahre Todesursache dieses armen Mannes hier zu verschleiern. Ebenso wie der Mann mit Tüchern verhüllt war, so war auch sein Ableben ein Geheimnis. Dr. Beisiegel hob einen Finger. Sie lächelte, weil sie sich dabei ein wenig vorkam wie Lehrer Lämpel. Trotzdem, sie schwor sich, nicht eher mit der Untersuchung aufzuhören, bis sie einen definitiven Beweis für einen Mord in Händen hielt. Oder das Gegenteil beweisen konnte.
    Sie überlegte, was sie als Nächstes zu tun gedachte. Es gab mehrere Möglichkeiten, Adelberg eine tödliche Dosis eines Giftes beizubringen. Wenn es sich um einen Giftmord handelte. Man konnte es injizieren, man konnte es ihm in einem Getränk auflösen, man konnte ihn eine Tablette verabreichen. Viele Gifte waren noch lange nachweisbar. Die hätte das Tox-Screening enttarnt. Also war es keine Vergiftung, die über einen längeren Zeitpunkt geschah, sondern etwas Kurzfristiges. Was im Magen und in der Leber nachzuweisen gewesen wäre, so wie ein Herzmittel, wie ein Digitalis-Präparat.
    Ihr fehlte die Krankenakte Adelbergs. Es gab nur die Aussage der Ehefrau, ihr Mann sei gesund gewesen. Damit ließ sich nichts anfangen. Vielleicht hatte der Mann eine Unverträglichkeit gegen einen bestimmten Stoff. Das hätte ebenso tödlich sein können, und nicht mehr nachweisbar. Ein anaphylaktischer Schock, der nicht behandelt wird, ist eine sehr effektive Art zu töten.
    Auch wäre eine Gabe von Insulin, oder eines Antidiabetikums nicht mehr nachweisbar ohne die Organe. Ein gesunder Mensch würde an einer Dosis Insulin sterben, ebenso an einer Dosis eines Antidiabetikums. Es käme zu einem hypoglykämischen Schock, der Mensch bekäme entsetzliche Krämpfe, fiele ins Koma und würde schließlich sterben.
    Sie betrachtete den Körper, der vor ihr lag. Warum auch immer, sie hatte das Gefühl, das sie es ihm schuldig war, herauszufinden, woran er gestorben war. Selten ließ sie es zu, eine Beziehung zu einem Opfer aufzubauen. Doch in diesem Fall war es anders. Die ganzen Begleitumstände waren so mysteriös. Außerdem stand ihr Ruf auf dem Spiel. Sie galt weit über die Grenzen des Bundeslandes als die Gerichtsmedizinerin mit der größten Aufklärungsrate. Diesen Ruf wollte sie nicht aufs Spiel setzen.
    Sie griff zu ihrem Handy. Nach drei kurzen Klingeltönen hatte sie Hell dran. „Haben sie schon mal eine Mumie untersucht?“, fragte sie den verdutzen Kommissar, „Wenn sie dabei sein wollen, dann kommen sie vorbei.“
    *
    Karsten Olbrichs fand keine Kraft mehr, sich aufzurappeln. Ständig meldete sich sein Magen, seine Zunge war nahezu am Gaumen festgeklebt. Die Lippen ausgetrocknet und rissig. Es war schon wieder Stunden her, seitdem er versucht hatte, sich zu befreien. Oder waren es nur Minuten? In dem dunklen Kellerloch hatte er sämtliches Zeitgefühl eingebüßt. Seine linke Hand schmerzte höllisch. Umsonst. Er war nicht frei. Wollte er das nicht? Dennoch hatte er keinen zweiten Versuch unternommen, die Fessel zu sprengen. Wozu? Es kam ja doch niemand. Dieser Dreckskerl würde sie hier verrecken lassen. Da war er sich mittlerweile sicher.
    Er hatte viel Zeit damit verbracht, nachzudenken. Wer war dieser Mann? Keiner, der an der damals verübten Tat beteiligten war so jung. Er verspürte einen tiefen Groll gegenüber den beiden Mitgefangenen, die ihn in das alles hineingezogen hatten. Für ihn war nur die Drecksarbeit

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