Oliver Hell - Der Mann aus Baku (Oliver Hells zweiter Fall) (German Edition)
auf die Geschehnisse in diesem Raum angesprochen hat, wusste er nicht viel zu berichten. Guseinov hatte nicht lange gezögert. Grinsend hatte er mit aller Gewalt zugeschlagen. Wie ein Boxer traf er die schon verletzten Stellen in Hells Gesicht, trat ihn erneut gegen die Nieren, gegen den Kopf. Vor seine Augen trat ein roter Schleier aus Blut, der immer undurchdringlicher wurde. Mit letzter Kraft versuchte er, den Tritten und Schlägen aus dem Weg zu gehen. Als ihn erneut ein brutaler Tritt am Kopf traf, verlor er langsam das Bewusstsein.
Was dann passierte, hö rte er nur noch wie in weiter Entfernung. Es gab laute Schreie, dann holte eine Maschinengewehrsalbe ihn für einen Moment ins Leben zurück. Jemand fiel auf ihn, bewegte sich nicht mehr. Bevor er total ohnmächtig wurde, hörte er noch einmal die Maschinenpistole. Weit entfernt.
Die Gestalt, die kurz darauf in der Tü re auftauchte, sah er nicht. Erst als jemand ihn von der Last des Mannes befreite, der auf ihn gestürzt war, kam er zu sich. Jemand sprach zu ihm. Worte, wie aus einem anderen Universum. Er kannte die Stimme. Sie gehörte zu demjenigen, der sein Gesicht beinahe zärtlich vom Blut befreien wollte.
„ Chef! Sind sie wieder bei mir? Chef, los! Aufwachen! Wir müssen hier weg. Chef!“
Sie schü ttelte seine Schultern. Ihm entfuhr ein mickriger Schmerzenslaut.
„ Da sind Sie ja, ich bin’s, Lea. Schauen sie mich an, Chef. Los, anschauen!“ Ihre Stimme klang stark, trotzdem sprach sie leise, und mit einem bangen Unterton.
Sein Brustkorb bä umte sich auf, schon kam wieder ein Schmerzensschrei aus seiner Kehle. Er versuchte, zu sprechen. „Lea, wie schön. Wo sind Klauk und Wendt?“
„ Ich bin alleine. Wir müssen hier weg. Agayer ist noch da, Badak ebenfalls. Können Sie aufstehen?“, fragte sie.
Hell hö rte, was sie sagte. Sie war alleine hier. In der Höhle des Löwen. War diese Frau total irre, oder todesmutig?
„ Sie sind alleine?“, fragte er. Es machte ihm große Mühe zu sprechen.
„ Ja, ich muss sie hier rausholen. Kommen Sie, aufstehen.“ Sie schob sanft ihren Arm unter Hells Schulter, richtete ihn auf. Er versuchte, sie zu erkennen. Durch seine zugeschwollenen Augen, und den Blutschleier hatte er den Eindruck, ihr Gesicht, ebenfalls ihre Lippen seien auch völlig blutverschmiert. Ebenfalls ihre Hände würden nur so vor Blut triefen.
Fü r eine so zierliche Person hatte Rosin enorme Kraft. Sie schaffte es, Hell beim Aufstehen zu helfen. Sein Körper schmerzte, doch wollte er sich nicht die Blöße geben, wieder ohnmächtig zu werden. Seine Beine schienen ihm nicht zu gehorchen. Es machte ihm Mühe, nicht wieder zusammenzusinken. Schritt für Schritt ging er vorwärts.
Gemeinsam brachten sie es fertig durch die Gä nge bis zu der blauen Türe zu gelangen, die vor der Treppe nach oben lag. Sie blieben stehen. Horchte. Hinter der Türe wurde geschossen. Hell lehnte sich gegen die Ziegelwand. Er schnaufte durch.
„ Bleiben Sie hier, ich schaue nach, was da passiert“, sagte sie und schlich leise die Stufen hinauf. Hell hatte nicht die Kraft, sie zurückzuhalten.
*
Die Kugeln prallten von einer der großen Industrie-Nähmaschinen ab. Agayer hatte hinter einem der Tische Deckung gesucht. Erneut klatschte eine Kugel gegen den Metallkorpus der Maschine.
Agayer l ud seine Maschinenpistole nach. Sein Widersacher bekam natürlich mit, dass von ihm kein Gegenfeuer kam. Er witterte seine Chance. Mit beiden Pistolen, die er bei sich trug, verließ er seine Deckung hinter einem Schrank. Kam auf Agayer zu. Er feuerte auf den Ort, von dem noch vor kurzem die Feuerstöße der Maschinenpistole gekommen waren. Der tödliche Kugelhagel blieb unbeantwortet. Er hörte auf zu schießen. Von der Seite hörte er ein kleines Geräusch. Es klang wie eine Patronenhülse, die auf den Boden fiel. Er drehte sich in die Richtung des Geräusches um, und legte auf den an, der dort im Schatten stand.
Das Letzte, was er in seinem Leben sah, war das Mü ndungsfeuer der Maschinenpistole. Der Mann gab noch jeweils einen Schuss aus beiden Waffen ab, bevor er bäuchlings auf dem Boden aufschlug. Agayer trat aus dem Schatten hervor. Aus der Mündung der Waffe trat ein feiner Rauchfaden. Er kickte die beiden Pistolen zur Seite, drehte den Mann mit seinem rechten Fuß auf den Rücken. Er starrte in tote Augen.
Keine Z eugen. Das war sein Grundsatz. Dieser Mann hatte gesehen, wie er Guseinov, und den zweiten Mann erschossen hatte. Er beugte sich
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