Oliver Hell - Gottes Acker (German Edition)
Klauk den Telefonhörer in der Hand. Er tippte die Nummer des Zolls am Köln-Bonner Flughafen ein. Dann ließ er sich von Meinhold die französischen Namen auf einem Zettel notieren. Er hob zum Dank den Daumen hoch.
„ Hallo, hier spricht Sebastian Klauk von der Kripo Bonn. Wir ermitteln in drei Mordfällen nach einem Mann, der Chamäleon genannt wird.“
Er hörte zu, weil sein Gegenüber etwas nachfragte. Er bewegte seinen rechten Arm kreisend in der Luft. Das, was der Zollbeamte nachfragte, schien belanglos zu sein. Schließlich wurde das Kreisen zu einem beinahe ärgerlichen Wedeln, gefolgt von einem Augenaufschlag.
„ Ja, Chamäleon. Wir vermuten, dass sein Name Jean-Paul Lacro ist. Es würde uns sehr helfen, wenn ihr auf das APP zurückgreift und die Datenbanken von WCO oder IATA und ICAO abfragt, ob jemand mit diesem Namen eingereist ist. Sagen wir mal innerhalb der letzten drei Wochen. Es könnte auch sein, dass er folgende Namen benutzte: Gerard Ohayon oder Francois Cazardieu.“
Er buchstabierte dem Zollbeamten die Namen und fragte, wie lange er für den Abgleich benötigte. Klauk machte es dringend, es würde um ein weiteres Leben gehen, womit er ja nicht einmal lügen musste. Dann legte er auf. Drei Augenpaare waren auf ihn gerichtet.
„ Mit Glück innerhalb der nächsten Stunde“, sagte Klauk und streckte sich, „Jetzt haben wir so ein luxuriöses Büro, aber an gemütliche Couchen hat niemand gedacht. Jetzt eine Mütze Schlaf, das wäre fein.“
*
Auf Hells Schultern lastete schwer die Andeutung seiner Kollegin Meinhold, die gesagt hatte, er solle sich einen schönen Abend machen. Schließlich seien sie ja noch zu dritt und er hätte ein paar Stunden Schlaf nötiger, als sie. War es so augenscheinlich, das er überarbeitet und todmüde war?
„ Was hattest Du noch gesagt wegen der Kur?“, fragte er Franziska, als sie in seinem Mercedes nach Hause fuhren. Franziska fuhr, Hell hatte seinen Sitz nach hinten in eine angenehme Position gebracht.
„ Du solltest drüber nachdenken, ob Du für einige Wochen Pause machst.“
Hell schaute nachdenklich aus dem Seitenfenster. Dieser Gedanke machte ihm beinahe genauso viel Angst. Gestand er sich damit seine Schwäche und Anfälligkeit ein? Sähen das Hansen und Überthür auch so?
„ Du denkst, dass ich das kann? Ich meine, so ein Arbeitspferd wie ich ohne seinen täglichen Trott. Und was mir ehrlich gesagt noch mehr Sorge bereitet, was denkst Du dann?“
Franziska Leck warf ihm einen Blick zu. „Was soll ich denken? Ich denke, dass Du eine Auszeit benötigst, damit dein Körper und vor allem dein Geist regenerieren können. Das ist in der heutigen Arbeitswelt keine Schande. Wenn wir alle uns darauf besinnen würden, dass wir nur das Stück vom Kuchen abbeißen, was wir auch wirklich benötigen, dann wäre unsere Gesellschaft in sich gesünder.“
„ Für einen Polizisten ist das ein lustiger Plan“, antwortete Hell, „Jeder sucht sich nur die Fälle aus, die keine langen und aufwendigen Ermittlungen mit sich bringen. Das wäre ein Traum.“
Franziska lächelte. „Du weißt, wie ich das meine. Solange der Götze Wirtschaftswachstum in unserer Welt über allem thront, richten wir unsere Gesundheit systematisch zugrunde. Jeder rennt, wie die Lemminge, sehend in den Abgrund. Es wird Zeit, dass wir alle unsere persönlichen Grenzen erkennen und dementsprechend leben. Sonst fährt unsere Gesellschaft vor die Wand, aber mit Anlauf und Ansage“, sagte sie.
Hell kratzte sich an den Bartstoppeln. Vielleicht war es klug, auf Franziska zu hören. Ihre Weitsicht war eine große Bereicherung in seinem Leben. Er hörte ihr zu, wie sie Statistiken über den Zusammenhang von Herzinfarkten in den Führungsetagen großer Unternehmen und der ständigen Überarbeitung zitierte. Aber auch bei vielen anderen Berufsgruppen hatte sie Beispiele parat. Er stimmte ihr zu.
Draußen schien der Vollmond und tauchte die Nacht in silberne Verheißung. Eine Nacht wie geschaffen für Liebende. Er betätigte den Schalter für die Seitenscheibe und atmete die würzige Nachtluft begierig ein. Es duftete nach Pinien, obwohl es in Bonn keine Pinien gab. Seine Gedanken schweiften ab. Ein warmes, verheißungsvolles Gefühl breitete sich von seinem Bauch auf den ganzen Körper aus. Urlaub. Freiheit. Er dachte an die Tage in Fedderwardersiel.
Franziska und er am Strand.
Plötzlich sah er sich am Steuer eines Wohnmobils sitzen.
Franziska erzählte noch immer über die
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