olly - 09 - Die Burg erlebt ihr groesstes Fest
jubilierte innerlich. Dann besann er sich, blickte auf das gefüllte Glas in seiner Hand und lachte.
„Danke, ich bin bestens versorgt. Außerdem – ich sehe nur noch leere Gläser auf Ihrem Tablett. Was wollten Sie mir denn anbieten?”
„Oh, wie dumm von mir!” stotterte Sandra. „Da hat man mir doch tatsächlich schon wieder alles abgenommen, ich habe es in dem Trubel gar nicht bemerkt.” Sie schickte einen schmachtenden Blick zu dem ellenlangen jungen Mann hinauf. „Warten Sie einen Augenblick, ich hole sofort Nachschub.”
„Nicht nötig, ich bin ja bereits bestens bedient worden. Aber dort drüben, Fräulein Peters sehe ich ohne Glas. Kümmern Sie sich doch mal darum, daß sie etwas bekommt.”
Was sollte das? Wollte er sie hier wirklich wie ein Schulmädchen herumkommandieren? Na warte, wir sprechen uns noch, dachte Sandra grimmig. Mit wiegenden Schritten tänzelte sie davon und holte frische Getränke aus der Küche. Dolly und Susanne schleppten gerade große Platten mit kunstvoll dekorierten Schinkenröllchen und gefüllten Eiern und Tomaten herbei, die draußen auf dem Büfett aufgebaut werden sollten.
Dolly bekam kugelrunde Augen, als sie Sandra in ihrer Aufmachung sah.
„Schau dir unser Herzblättchen Sandra an”, sagte sie amüsiert zu Susanne und faßte übermütig nach Sandras wallenden Locken. „Hat dich deine Mami aber feingemacht! Paß nur auf, daß du dich nicht bekleckerst!”
„Laß doch den Unsinn”, wehrte Sandra ärgerlich ab. „Ich mache mich bei festlichen Gelegenheiten nun mal gern ein wenig zurecht. Die Geschmäcker sind eben verschieden”, fügte sie hochmütig hinzu.
„Nun friß mich nicht gleich”, sagte Dolly lachend, „ich hab’s doch nicht so gemeint. Das Kleid gefällt mir, es ist zauberhaft!”
„Ja, es war auch sündhaft teuer”, sagte Sandra geschmeichelt.
„Das denke ich mir”, bemerkte Susanne trocken. „Nun kommt, es gibt noch ‘ne Menge zu tun.”
Unter der strengen Aufsicht von „Sparflamme” bauten die Mädchen auf der Terrasse, die vor der Umkleidehütte lag und später einmal als Sonnenterrasse dienen sollte, das kalte Büfett auf. Michaela und Marianne – in weißen Spitzenschürzchen und mit Spitzenhäubchen auf dem Kopf – waren dazu ausersehen, die Gäste mit Tellern, Bestecken und Servietten zu versorgen und sie bei der Wahl der zahlreichen Speisen zu beraten.
„Die kulinarischen Köstlichkeiten, die sie hier sehen, meine lieben Gäste”, verkündete Fräulein Peters, „haben unsere Schülerinnen alle selbst hergestellt, um Ihnen zu zeigen, was sie in den ersten beiden Semestern in den Kochkursen gelernt haben.”
Kräftiger Applaus war die Antwort auf diese Ankündigung. Dann drängte sich alles um die farbenfrohen Platten und Schüsseln. Jedes Gericht war mit einem kleinen Fähnchen versehen, auf dem der Name der Urheberin und die Bezeichnung zu lesen waren. Krabbensalat Anita stand da, oder Matjessalat Clarissa. Schweinefilets a la Dolly wurden flankiert von Kalbsmedallions Susanne, Spargelsalat Will gab es und Geflügelsalat Marianne. Die Fähnchen hatte Michaela hergestellt, ohne daß die anderen davon gewußt hatten. Und da es in der Küche eine heftige Auseinandersetzung zwischen Michaela einerseits und Sandra und Evelyn andererseits gegeben hatte, nahmen die Mädchen jetzt schmunzelnd zur Kenntnis, daß auf den letzten beiden Platten stand:
Pute a la Evelyn und Gänsebrust a la Sandra.
Rundherum waren kleine Tische mit weißen Gartenstühlen aufgestellt, an denen sich die Gesellschaft nun zum Essen niederließ. Die Schülerinnen gingen von einem zum anderen und fragten nach den Getränkewünschen. Andere räumten abgegessene Teller ab, halfen, wo etwas fehlte oder holten Nachschub aus der Küche.
„Achtung – Auftritt der Königin der Nacht!” raunte Susanne Dolly zu und wies mit dem Kopf zum Haus hinüber.
In der Eingangstür zum Küchentrakt war Evelyn erschienen. Sie trug ein weit ausgeschnittenes Cocktailkleid aus dunkelblauer Spitze. In ihre goldblonden, zu einer wahren Löwenmähne auftoupierten Haare hatte sie sich ein Diadem aus Straßsteinen gesteckt, um den Hals und die Arme trug sie dazu passenden Schmuck.
„Ach du grüne Neune, ein wandelnder Christbaum. Arme Evelyn, was ist bloß in sie gefahren?”
Dolly brauchte auf die Antwort nicht lange zu warten. Evelyn steuerte schnurstracks auf Herrn Schwarze zu, sah ihn unter einem Vorhang dichter Wimpern schmachtend an und fragte ihn, ob sie ihm noch etwas zu trinken
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