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Olympos

Titel: Olympos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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tätschelt dem jetzt lebhaft kaue n den Hund ein letztes Mal den Kopf und kehrt Hephaistos den Rücken zu.
    Sie gehen durchs Vestibül in die Haupthalle – den Thronsaal sozusagen –, wo Achilles Jahre zuvor von Odysseus und seiner Gattin Penelope empfangen worden ist. Odysseus ’ Sohn Tel e machos war damals ein schüchterner Junge von sechs Jahren; kaum in der Lage, sich vor den versammelten Myrmidonen zu verneigen, wurde er von seiner Kindermagd eilends fortg e führt. Nun ist der Thronsaal leer.
    Hephaistos zieht eines seiner Instrumentenkästchen zu Rate. »Hier entlang«, sagt er und führt Achilles aus dem Thronsaal z u rück durch das mit bunten Fresken verzierte Vestibül in einen längeren, dunkleren Raum. Es ist der Festsaal, der von einem neun Meter langen, niedrigen Tisch beherrscht wird.
    Zeus liegt ausgestreckt auf dem Tisch, die Arme und Beine leicht angewinkelt. Er ist nackt, und er schnarcht. Im Festsaal herrscht ein einziges Chaos – überall liegen Becher, Schalen und diverse Utensilien herum, Pfeile haben sich auf den Boden e r gossen, wo ein großer Köcher von der Wand gefallen ist, und an einer and e ren Wand fehlt ein Wandbehang, der zusamme n geknüllt unter dem schnarchenden Vater der Götter liegt ……
    »Kein Zweifel, das ist Absoluter Schlaf«, brummt Hephaistos.
    »Hört sich so an«, sagt Achilles. »Erstaunlich, dass bei dem Schnarchen und Schnauben das Gebälk nicht einstürzt.« Der Männertöter steigt vorsichtig über die Spitzen mit Widerhaken versehenen Pfeile hinweg, die auf dem Boden verstreut sind. Zwar geben nur wenige griechische Krieger es zu, aber die mei s ten tragen tödliche Substanzen als Gift auf ihre Speer- und Pfei l spitzen auf, und Achilles, der Sohn des Peleus, weiß von den Vo r hersagen des Orakels und seiner Mutter Thetis über seinen eig e nen Tod lediglich, dass der Grund seines Ablebens eine vergiftete Pfeilspitze sein wird, die den einzigen sterblichen Teil seines Kö r pers durchbohrt. Doch weder seine unsterbliche Mutter noch die Moiren haben ihm je erzählt, wo oder wann genau er sterben oder wer den tödlichen Pfeil abschießen wird. Es wäre eine allzu a b surde Ironie, denkt Achilles jetzt, wenn er sich an einem der ura l ten, heruntergefallenen Pfeile des Ody s seus am Zeh verletzen und qualvoll zugrunde gehen würde, bevor er Zeus wecken kann, um ihn um Penthesileas Rettung zu bitten.
    »Nein, ich meine, Absoluter Schlaf war die Scheiß-Droge, mit der Hera ihn betäubt hat«, erklärt der Handwerker. »Es war ein Zaubersaft, der mit meiner Hilfe zu einem Spray entwickelt wu r de, obwohl Nyx die eigentliche Chemikerin war.«
    »Kannst du ihn aufwecken?«
    »Oh, ich glaube schon, ja, ja, ich glaube schon.« Hephaistos nimmt kleine Beutel und Schachteln von den Bändern, die an se i ner Lederweste und seinen Ledergurten befestigt sind, schaut in die Schachteln, verwirft manches, legt andere Fläschchen und kleine Gerätschaften neben Zeus ’ mächtigen Schenkel auf den mit dem zusammengeknüllten Wandbehang bedeckten Tisch.
    Während der bärtige Zwerggott nervös herumfuhrwerkt und i r gendetwas zusammenbaut, betrachtet Achilles den Vater aller Götter und Menschen, Zeus, der über die Sturmwolken gebi e tet, zum ersten Mal von nahem.
    Zeus ist viereinhalb Meter groß und eindrucksvoll, selbst jetzt, wo er mit gespreizten Beinen rücklings auf dem Wandb e hang und dem Tisch liegt. Sein Körper ist muskulös und pe r fekt gebaut, der eingeölte Bart perfekt gekräuselt, doch abges e hen von solchen Nebensächlichkeiten wie Größe und körperliche Vollko m menheit ist er nur ein Riese von einem Mann, der nach einem grandiosen Fick eingeschlafen ist. Der göttliche Penis – fast so lang wie Achi l les ’ Schwert – liegt noch immer geschwollen, r o sa und schlaff auf dem öligen, göttlichen Schenkel des obersten Gottes. Der Stur m wolkenversammler schnarcht und sabbert wie ein Schwein.
    »Das hier sollte ihn aufwecken«, sagt Hephaistos. Er hält eine Spritze hoch, ein Gerät, das Achilles noch nie gesehen hat. Sie e n det in einer über dreißig Zentimeter langen Nadel.
    »Bei den Göttern!«, schreit Achilles. »Willst du das in Vater Zeus stecken?«
    »Genau in sein lügenhaftes, lüsternes Herz«, bestätigt H e phaistos mit einem hässlichen, meckernden Lachen. »Das sind tausend Kubikzentimeter reines göttliches Adrenalin, gemischt mit meinem eigenen kleinen Rezept aus diversen Amphetam i nen – das einzige Gegenmittel gegen

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