Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Olympos

Titel: Olympos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
Vom Netzwerk:
verbliebenen Wände – diejenige, an welcher der Köcher mit den vergifteten Pfeilen hing, auch der Umriss eines großen Bogens ist noch an ihr zu erkennen – verschwimmt zu einer dreidimension a len Bildfläche, die große Ähnlichkeit mit dem Holo-Pool in der großen Halle der Götter hat.
    Achilles erkennt, dass er auf eine Luftaufnahme dieses Hauses blickt – Odysseus ’ Palast. Er sieht den Hund Argos draußen auf dem Hof. Der halb verhungerte Hund hat den Zwieback gefre s sen und ist wieder so weit zum Leben erwacht, dass er sich in den Schatten verkrochen hat.
    »Hera hätte unter meiner goldenen Tarnwolke ein Kraftfeld hi n terlassen«, murmelt Zeus. »Der Einzige, der es hätte aufheben können, ist Hephaistos. Mit ihm werde ich mich später b e fassen.«
    Der Göttervater macht eine weitere Handbewegung. Das virt u elle Bild zeigt nun den Gipfel des Olymps: leere Häuser und Ha l len, verlassene Streitwagen.
    »Sie sind hinuntergegangen, um mit ihren Lieblingsfiguren zu spielen«, brummt Zeus.
    Achilles sieht eine Schlacht vor den Mauern Iliums. Es ist hel l lichter Tag, und Hektors Truppen scheinen die Argeier und ihre Belagerungsmaschinen zum Hügel Batieía und noch weiter z u rückzutreiben. Die Luft ist von Pfeilsalven erfüllt, und zwa n zig oder mehr fliegende Streitwagen kurven herum. Blitzschl ä ge und leuchtend rote Strahlen zucken über dem Schlachtfeld der Sterbl i chen hin und her. Explosionen lassen die Ebene erbeben und ha l len in den Himmel hinauf. Oben liefern sich die Götter ein G e fecht, während ihre jeweiligen Favoriten unten auf Leben und Tod kämpfen.
    Zeus schüttelt den Kopf. »Siehst du sie, Achilles? Sie sind wie Kokainsüchtige, wie Spieler an ihren Tischen, die nicht aufh ö ren können. Seit ich vor über fünfhundert Jahren die letzten Titanen – die ursprünglichen Wechselbälger – besiegt und Kr o nos, Rhea und die anderen monströsen Ursprünglichen in die leere Tartaros-Grube geworfen habe, haben wir unsere göttlichen Olympierkrä f te weiterentwickelt und uns in unsere göttlichen Rollen eing e lebt … und WOFÜR???«
    Achilles, der nicht ausdrücklich aufgefordert worden ist, e t was zu sagen, hält den Mund.
    »VERDAMMTE KINDER MIT IHREN SPIELEN!!«, brüllt Zeus, und Achilles muss sich erneut die Ohren zuhalten. »Nutzlos wie Heroin-Junkies oder Teenager des Untergegang e nen Zeitalters vor ihren Videospielen. Nach diesem langen Jahrzehnt, in dem sie trotz meines Verbots ihre Komplotte geschmiedet, ihre Verschw ö rungen angezettelt, sich heimlich gestritten und die Zeit verlan g samt haben, um ihre Lieblingshelden mit Nanotech-Kräften b e waffnen zu können, müssen sie es einfach bis zum bitteren Ende durchziehen und dafür sorgen, dass ihre Seite gewinnt. ALS OB ES AUCH NUR DIE G E RINGSTE ROLLE SPIELEN WÜRDE!!«
    Achilles weiß, dass ein Geringerer als er – und in seinen A u gen sind alle Männer Geringere als er – mittlerweile auf den Knien liegen und wegen des göttlichen Gebrülls vor Schmerz schreien würde, aber das Ultraschallgetöse macht auch ihn innerlich mü r be.
    »Allesamt Süchtige«, sagt Zeus. Sein Gebrüll ist jetzt erträgl i cher. »Ich hätte sie schon vor fünf Jahren zwingen sollen, den Anonymen Trojanern beizutreten, dann hätte sich die schreckl i che Abrechnung, die nun fällig ist, vielleicht vermeiden lassen. Hera und ihre Verbündeten sind zu weit gegangen.«
    Achilles beobachtet das Blutbad an der Wand. Das Bild ist so tief, so dreidimensional, dass es ihm vorkommt, als hätte sich die Wand zu den Leichenfeldern Iliums mit ihren Mensche n massen geöffnet. Unter Agamemnons unbeholfener Führung fallen die Achäer unverkennbar zurück – Apollo mit dem si l bernen Bogen ist eindeutig der tödlichste Gott auf dem Feld, er treibt die fli e genden Streitwagen von Ares, Athene und Hera zum Meer –, aber es ist noch kein ungeordneter Rückzug, w e der in der Luft noch am Boden. Der Anblick der Kämpfe bringt Achilles ’ Blut in Wa l lung und weckt in ihm den Wunsch, an der Spitze seiner My r midonen in den Kampf zu stürmen und im Gegenangriff eine Schneise des Todes in die trojanischen Re i hen zu schlagen, die erst enden würde, wenn sein Streitwagen und seine Pferde den Ma r mor in Priamos ’ Palast zerkratzen. Am liebsten würde er dabei Hektors Leichnam hinter sich he r schleifen und eine blutige Spur hinterlassen.
    »NUN??«, röhrt Zeus. »Sprich!«
    »Worüber, o Vater aller Götter und Menschen?«
    »Was ist

Weitere Kostenlose Bücher