Omega Kommando
des Gebäudes vorzustellen. Ein Teil der Feuerleiter war noch intakt und von den weiter hinten liegenden Räumen zugänglich.
Beim nächsten Schritt gab der Boden unter ihr nach. Sie fühlte, wie sie stürzte, breitete die Hände aus, und hielt sich an den Überresten des Fußbodens fest. Ihre Füße baumelten in der schwarzen Luft unter ihr. Sie sah hinab.
Unter ihr war ein breites, zerklüftetes Loch, das sich bis zum Keller senkte; nach einem Sturz von fast zehn Metern warteten ein Stapel scharfer, zugeschnittener Bretter und ein paar Zementklötze auf sie. Im gleichen Augenblick, da ihr Griff an dem verfaulenden Holz über ihr nachgab, fühlte Sandy, wie Panik in ihr emporstieg. Irgendwie mußte sie die Kraft finden, sich mit ihren schmerzpochenden Fingern hochzuziehen.
Ein Schatten bäumte sich über ihr empor. Sandy blickte auf und sah, wie Stephen Shay regungslos neben ihre Hände trat.
»Helfen Sie mir, Steve«, sagte sie leise, nicht bittend. »Helfen Sie mir.«
Sein anfänglicher Gesichtsausdruck hatte Hoffnung in ihr geweckt, die jedoch verpuffte, bevor sie die Worte ausgesprochen hatte. Schweigend schob er die Sohlen seiner abgescharrten, staubigen europäischen Schuhe neben ihre Finger und hob die Spitzen. Er würde ihr auf die Finger treten, und sie würde zu Tode stürzen oder dort unten mehrere Stunden verkrüppelt und bewegungsunfähig liegen müssen, bevor der Tod käme. Widerstand war sinnlos. Das war das Ende.
Die Spitzen von Shays Schuhen hatten sich gerade auf ihre Finger gesenkt, als ein gedämpftes Spucken erklang. Über ihr schien sich Shays Gesicht in Nichts aufzulösen, als er rückwärts stürzte und ihre Finger freigab. Nichtsdestotrotz verlor eine Hand ihren Halt, und auch die zweite rutschte ab, als zwei starke Hände ihre Gelenke umschlossen und sie mit einer schnellen Bewegung aus dem Schlund zerrten, der sie zu verschlingen gedroht hatte.
Tränen strömten Sandys Wangen hinab und vermischten sich mit dem Blut. Atemlos vor Erleichterung starrte sie einen Mann an, der ihr irgendwie vertraut vorkam. Nein, nicht der Mann, nur sein Anzug.
Ein cremefarbener Anzug. Es war der Mann, der ihr aus dem Hotel gefolgt war!
Er hob seine schallgedämpfte, noch rauchende Pistole auf. »Wir müssen hier heraus«, sagte er. »Es werden noch mehr kommen.«
Aus seinen Worten klang berechtigte Besorgnis, aber keine Panik. Sein cremefarbener Anzug wies kaum einen Fleck oder Riß auf. Seine Augen maßen den Gang ab, wie der Strahl eines Leuchtturms Schiffe durch die Nacht geleitet.
Er schob die Pistole ins Schulterhalfter zurück. »Sie sind verletzt«, sagte er und trat auf Sandy zu. »Hier, stützen Sie sich auf meine Schulter. Ein paar Schritte weiter befindet sich ein Hinterausgang, durch den wir das Haus ungefährdet verlassen können.«
»Wer sind Sie?« fragte sie, endlich ihre Stimme zurückgewinnend.
»Später«, sagte der Mann und führte sie davon.
24
McCracken steuerte den Wagen der Gebäudereinigungsfirma durch die Dunkelheit von Atlanta zum Hauptquartier der People's Voice of Revolution. Sahhans gemeinnütziger Institution gehörte ein modernes zehnstöckiges Gebäude in den Ausläufern des Fairlie-Poplar District im Schatten des berühmten Peachtree Center. Eine Stunde zuvor hatte sich Blaine durch die schweren Sicherheitsmaßnahmen vor dem Haus und in der Lobby überzeugen lassen, daß sich Sahhan in dem Gebäude aufhielt. Sein Problem war nur, wie er sich Zutritt in das Haus verschaffen konnte.
Der Kastenwagen der Gebäudereinigungsfirma war die Antwort gewesen. Der wirkliche Reinigungsarbeiter lag nun bewußtlos im hinteren Teil des Fahrzeugs. Blaine hatte seinen weiten Overall über seine eigene Kleidung gezogen.
Am Flughafen war er von einem Mann abgeholt worden, den Sal Belamo benachrichtigt hatte. Die ganze Sache war inoffiziell abgelaufen; nur eine Vereinbarung unter Freunden. Der Mann würde ihm keine Deckung verschaffen; er hatte nur die Aufgabe, McCracken eine Waffe zu bringen und ihn zu Sahhans Hauptquartier zu fahren.
Blaine zog den Lieferwagen in einer weiten Kurve herum und hielt direkt vor dem Haupteingang des Gebäudes.
»Ich bin neu«, rief er einer der Wachen zu. »Können Sie mir sagen, wo der Dienstboteneingang ist?«
»Da lang und um die Ecke«, rief der Wachmann und deutete in die Richtung.
»Danke«, sagte Blaine und fuhr weiter.
Der Dienstboteneingang befand sich direkt hinter einer Rampe, über die man eine Tiefgarage erreichen konnte. An jeder
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