Omega Kommando
ISLAND
Heiligabend und Weihnachten
27
»Sie sind doch völlig verrückt, Kumpel!« rief der Pilot wieder. »Wissen Sie das?«
»Das hat man mir schon mal vorgeworfen«, erwiderte McCracken. »Ich will noch einen Blick auf diese Insel werfen, aber aus der Nähe.«
»Die Winde über diesem Gewässer werden uns auseinanderreißen. Ist nicht drin. Nicht für alles Geld, das Sie aus Ihrer Tasche da ziehen.«
»Fliegen Sie nur noch einmal die Küste entlang. Für einen weiteren Hunderter.«
Der Pilot zögerte nur kurz. »Danach ist aber Schluß.«
Und das kleine Flugzeug legte sich wieder in die Kurve.
Blaine saß auf dem Sitz des Copiloten. Sandy kauerte sich in einem dritten Sitz zusammen, die Arme eng um ihren Oberkörper geschlungen. Die Temperatur lag kaum über null Grad, und als sie sich der Küste genähert hatten, war der Sturm stärker geworden. Der Schnee türmte sich in hohen Verwehungen auf. Das Wasser stach dunkel gegen sein Weiß hervor.
»Zufrieden?« fragte der Pilot.
Blaine wandte den Blick von der Horse Neck Island ab und nickte. »Es gibt einen kleinen Flughafen, etwa fünfundzwanzig Meilen nördlich von hier, in der Nähe einer Stadt mit dem Namen Stickney Corner. Ich möchte, daß Sie dort landen.«
»Kommt nicht in Frage, Kumpel! Das ist jetzt weit genug gegangen. Ich bringe diesen Schrotthaufen zu Hause in Portsmouth hinunter und lege ihn schlafen. Und mir ist es egal, was Sie sagen oder …«
McCracken sagte kein Wort, bemühte sich nicht einmal, den Piloten mit mehr Geld zu bestechen. Er brachte ihn mit einem Blick zum Schweigen, der kälter war als die Luft jenseits der Windschutzscheibe.
»Sie werden mich führen müssen«, gab der Pilot nach.
»Kein Problem.«
Das Flugzeug nahm Kurs nach Norden.
Blaine hatte Sandy um kurz vor sechs an diesem Morgen aus dem Schutt von Terrells Hauptquartier in Arkansas gezogen. Nachdem sie zwei Stunden gelaufen waren und Autos angehalten hatten, hatten sie den Flughafen Little Rock erreicht, von wo aus sie einen Flug nach Boston buchen konnten. Am Logan Airport benutzte Blaine seine von der Regierung ausgegebene Kreditkarte, um sich eine beträchtliche Summe Bargeld zu verschaffen. Es war typisch, überlegte er, daß die CIA seine Existenz aus den Unterlagen löschte, aber vergaß, seine Kreditkarte zu stornieren. Mit einem Teil des Bargelds kaufte er auf dem Flughafen Wintermäntel und Kleidung zum Wechseln für sich und Sandy. Dort erfuhr er auch, daß für die gesamte Küste Neuenglands Wintersturmwarnung gegeben worden war.
Es regnete, als sie Boston verließen; ein heftiger Winterschauer ging nieder. Blaine mietete einen Wagen und fuhr mit einer noch immer erschütterten Sandy auf dem Beifahrersitz in nördliche Richtung los. Im nördlichen Massachusetts hatte sich der Regen in Graupel verwandelt, und als sie die Grenze von New Hampshire erreichten, begann es zu schneien. Der Schnee lag schon fünf Zentimeter hoch, und mit jeder Minute wurden es mehr. Räumkommandos versuchten, die weiße Pracht in den Griff zu bekommen, konnte jedoch nicht mithalten. Blaine war gezwungen, seine Geschwindigkeit auf siebzig und dann auf sechzig Stundenkilometer zu reduzieren, und seine Hände umklammerten nervös das Steuerrad. Bei diesem Tempo würden sie die Muscongus-Bucht wahrscheinlich nicht mehr rechtzeitig erreichen, um seinen Plan ausführen zu können.
Er hatte den Flug nach Osten damit verbracht, die blutgetränkte Karte zu studieren, die er aus Terrells Tasche gezogen hatte. Die Horse Neck Island lag östlich von Port Clyde in der Bucht. Es handelte sich um eine kleine Insel, die sich nahe einer abgeschiedenen Halbinsel befand, die dort ins Meer ragte. Die Form der Insel war in der Tat unregelmäßig, und ihre Küste schien aus einer gefährlichen Mischung aus Klippen und Gegenströmungen zu bestehen. Selbst bei Tage und bestem Wetter würde eine Annäherung schwierig werden. Und Blaine würde es bei Nacht und inmitten eines tödlichen Blizzards versuchen müssen.
Auf der Karte wurde die Insel von der Festung beherrscht, die Terrell erwähnt hatte. Es handelte sich um einen geräumigen Landsitz, der mit dem Rücken an einen steilen, alleinstehenden Berg gebaut war und dessen drei andere Seiten von einer hohen Gipsmörtelmauer umgeben waren. Zwischen der Mauer und dem Gebäude lag ein Hof, eine riesige Fläche, die man bei einem offenen Angriff überwinden mußte. Bei diesem Wetter und unter den gegebenen Zeitbeschränkungen war ein
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