Omega Kommando
nicht mit Füßen treten, indem sie sich verspätete.
Trotzdem mußte sie noch einmal kurz mit T.J. sprechen. Er würde ihren Anruf erwarten, und sie wollte wissen, ob sich hinsichtlich der Computerdiskette etwas Neues ergeben hatte. Er nahm den Hörer beim zweiten Klingeln ab.
»Ich bin es, T.J. Wie …«
»Ich habe Angst, Boß. O Gott, habe ich Angst.« Seine Stimme klang außer sich.
»Immer mit der Ruhe. Was ist los?«
»Der Orbit-Flugplan. Er ist … verschwunden.«
11
Am Freitagabend schlich Scola verstohlen durch die Gänge des Roosevelt Hospitals und verbarg ihr Gesicht dabei, so gut sie konnte, hinter dem Wagen, den sie schob. Erstaunlich, wie geschäftig es während des Tages hier zuging, doch sobald sich erst einmal die Nacht gesenkt hatte, schien sich ein Schleier aus ernster Stille auf das Krankenhaus zu legen. Bislang hatte niemand auch nur ein einziges Wort zu ihr gesagt. Wenn sie ihre Schwesterntracht angelegt hatte, um einen Auftrag auszuführen, wurde sie selten angesprochen.
Daß sie eine Frau war, war ihr bei ihrer Tätigkeit als Mörderin eine große Hilfe. Sie war imstande, Dutzende Orte zu betreten, die Männern verschlossen blieben, und die Zahl der möglichen Verkleidungen war endlos. Irgendwie fühlten sich die Opfer von Frauen nicht bedroht. Sie ließen sie zu nahe herankommen, und dann schlug Scola zu. Die Schwesterntracht war schon immer eine ihrer wirksamsten Verkleidungen gewesen. So war Scola im Laufe der Jahre oft hinzugezogen worden, wenn andere ihre Aufträge verpatzt und ihre Opfer nur verwundet anstatt getötet hatten. Sie kannte die genauen Umstände nicht, die ihren Einsatz bei dem Zielobjekt im Zimmer 434 bewirkt hatten, noch interessierten sie sie. Nun kam es nur darauf an, daß sie völlig konzentriert vorging, wobei ihre Mordinstrumente offen auf dem Wagen lagen, den sie schob.
Scola hatte eine Zeitlang für die CIA gearbeitet, ziemlich erfolgreich sogar. Dann waren jedoch Drogen ins Spiel gekommen. Das war bei aktiven Agenten, besonders gedungenen Mördern, kaum ungewöhnlich, so daß die Company damit durchaus umgehen konnte, zumindest, solange der Süchtige als leichter und nicht als schwerer Fall angesehen wurde. Fünf Monate, nachdem Scola kokainsüchtig geworden war, wurde sie jedoch von einem leichten zu einem schweren Fall erklärt, und sie hatte keinen Job mehr. Die Company wollte nichts mit Süchtigen zu tun haben. Die Gefahr eines Ausrutschers war einfach zu groß. Scola war eine Weile ziemlich wütend und sah sich dann auf dem freien Markt um, auf dem die Bezahlung außerordentlich hoch und die Arbeitszeiten besser waren und sich niemand an ihrer Sucht störte.
Die Räder ihres Wagens knarrten ein bißchen, als sie ihn zum Fahrstuhl schob. Das Geräusch beruhigte sie. Ja, in einem Krankenhaus einen Auftrag zu erfüllen, war eine Art Heimkehr. Die Gebäude waren alle gleich, und sie hatte noch nie in einem versagt.
Die Fahrstuhltüren öffneten sich, und Scola schob den Wagen hinein.
Blaine McCracken nahm die schmerzstillenden Mittel nur des Abends, damit er schlafen konnte. Er wußte, daß er sich erholen mußte, wollte er seinen Dienst schnell wieder antreten. Er würde es Stimson überlassen, die politischen Komplikationen auszuräumen. Ihn interessierte nur, daß sein Körper heilte oder zumindest wieder einsatzfähig wurde. Dazu mußte er schlafen, doch wenn er schlafen wollte, mußte er die Schmerzmittel nehmen.
Blaine hatte sie schon immer gehaßt. In Vietnam hatte er gesehen, wie eine Menge junger Burschen nach nur ein paar Morphiumspritzen an der Front süchtig geworden waren, und seitdem hatte er unter praktisch allen Umständen auf Medikamente verzichtet. Aber dies war eine andere Sache. Seit seinem Gespräch mit Stimson waren über vierundzwanzig Stunden vergangen, und die Untätigkeit zehrte bereits an ihm. Er war ruhelos, und an Schlaf war ohne chemische Hilfsmittel nicht zu denken. Die beiden Pillen, die er vor einer Stunde genommen hatte, entfalteten gerade erst ihre volle Wirkung. Er fühlte, wie er allmählich in die Dunkelheit des Zimmers trieb.
In den letzten Augenblicken, bevor das Bewußtsein ihn verließ, konzentrierte sich Blaine auf die Informationen, die der Mikrofilm enthalten hatte: Heiligabend-Menü für 15.000 und die Liste der Nahrungsmittel mit den vorausgehenden Ziffern.
Stimsons Computer waren bei dem Versuch, den Code zu knacken, gescheitert. Sie würden ihn auch niemals knacken können, wenn zu viele
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