Omega
sich unterhielten. Sie entdeckten ihr gemeinsames Interesse an Politik, wenngleich sie bezüglich der grundlegenden Philosophie nicht übereinstimmten. Aber das war in Ordnung, und schließlich hatten sie immerhin zu der gemeinsamen Überzeugung gefunden, dass die demokratischen Regierungsformen per definition korrupt waren und von Zeit zu Zeit mit dem Dampfmob ausgefegt werden sollten.
Sie hegte eine Vorliebe für das Theater und hatte früher geglaubt, sie würde selbst gern auf der Bühne stehen, war aber zu schüchtern. »Vor Publikum gerate ich in Panik«, erzählte sie verlegen, während er ihr kaum glauben mochte.
Collingdale hatte als Student in einigen Shows mitgespielt. Seine größte Rolle war der Oktavius in Mensch und Übermensch gewesen.
Er fragte sie, warum sie sich für einen so einsamen Beruf entschieden hatte. »Sie müssen doch vielen Menschen wie mir begegnen«, sagte er. »Ungeselligen Typen.«
»Eigentlich nicht«, entgegnete sie. »Nicht hier draußen. Hier taut jeder auf. An einem solchen Ort kann man nicht allein sein, wenn man nicht tatsächlich allein ist.« Sie schenkte ihm das erste wirklich warme Lächeln, das er bisher von ihr zu sehen bekommen hatte. »Außerdem liebe ich meinen Job«, sagte sie.
»Kellie«, meldete sich Bill zu Wort.
»Was gibt’s?«
»Sie stößt eine mächtige Kugel aus Wolkenmasse nach Steuerbord aus.«
»Sicher?«, fragte sie.
Aufgeregt sah sie sich zu Collingdale um.
»Hier ist die Aufzeichnung.«
Bill legte das Bild auf den Navigationsschirm, den größten Monitor auf der Brücke. »Sie ändert den Kurs«, sagte Collingdale und hob triumphierend die Faust. »Das Miststück ändert den Kurs.«
»Glauben Sie das wirklich?«, fragte Kellie zweifelnd.
»Zweifellos. Sie schwenkt nach links, indem sie auf der rechten Seite Staub und Gas ausstößt.« Er war aufgesprungen und rannte, unfähig, sich im Zaum zu halten, kreuz und quer durch die Brücke. »Sie hat den Köder geschluckt. Sie versucht uns zu jagen. Die Kursänderung fällt ihr schwer, aber sie versucht es.« Sein Blick fiel auf Kellie. »Ich glaube, ich liebe Sie«, sagte er. »Digger hat alles richtig gemacht. Ich wünsche Ihnen beiden eine lange und glückliche Ehe.«
ARCHIV
Das Biest hat die Verfolgung aufgenommen.
Schiffslogbuch der NCY Hawksbill 6. Dezember
Kapitel 41
An Bord der Jenkins
Sonntag, 7. Dezember
Die Nachricht, dass die Omega den Kurs änderte, brachte Feierstimmung auf und veranlasste Digger und Whit, sich einen Tag freizunehmen. Sie saßen gerade zusammen im Gemeinschaftsraum und gratulierten sich gegenseitig, als sich Bill meldete: »Digger, Ihre Freundin Macao steht wieder auf der Bühne«, sagte er. »In Kulnar.«
»Führt sie einen Slosh?«
»Ja. Möchten Sie es sich ansehen?«
»Eigentlich schlafe ich beinahe, Bill. Aber Whit könnte interessiert sein.«
Whit beäugte ihn neugierig. »Wer ist Macao? Was ist ein Slosh?«
»Das wird Sie interessieren, Whit. Ein Slosh ist eine Art öffentlicher Debatte. Und Macao ist die weibliche Goompah, von der ich Ihnen erzählt habe.«
»Die, mit der Sie gesprochen haben?«
»Ja.«
»Ach ja. Ja, ich würde mir das sehr gern ansehen.«
Digger signalisierte Bill, die Übertragung abzuspielen.
Macaos Bild erschien auf dem Bildschirm. Sie war in Blau und Weiß gekleidet und wedelte auf eine Weise mit den Armen, die Digger spontan als Ausdruck der Enttäuschung einstufte. »… nicht behauptet«, sagte sie gerade. »Aber ich behaupte, dass wir gut beraten wären, uns vorzubereiten. Dies ist ein Sturm wie jeder andere. Abgesehen davon, dass er größer ist.«
Der größte Goompah, den Digger je gesehen hatte, war bereits auf den Beinen. »Aber woher weißt du das, Macao?«, verlangte er zu erfahren. »Wie ist es möglich, dass du so etwas weißt?«
Es gab nur ein Aufzeichnungsgerät, und das war so aufgestellt, dass es sie im Profil erfasste. Außerdem befanden sich etwa zweihundert Goompahs im Aufnahmebereich, aber Digger nahm an, dass das Publikum etwa doppelt so zahlreich sein dürfte.
»Vergiss, was ich weiß oder nicht weiß, Pagwah«, sagte sie. »Frage dich lieber selbst, was du zu verlieren hast, wenn du mit deiner Familie in die Berge ziehst.«
Digger übersetzte für Whit.
»Wir können lediglich Zeit verlieren. Vielleicht sitzen wir drei Tage auf einem Berg und werden nass geregnet.«
Eine andere Stimme mischte sich ein. Der Sprecher war jedoch nicht im Bild. »Vielleicht könnten wir
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