Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition)

On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition)

Titel: On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Birr
Vom Netzwerk:
gestrichen, ein paar Topfpflanzen standen auf dem Boden herum, ab und zu auch mal ein goldener Buddha oder ein chinesischer Drachenkopf. An der Seite war eine Tür mit der Aufschrift »Garderobe«, daneben stand eine Batterie Schließfächer. Komisch.
    Am Ende des Ganges lag eine loungeartige Bar im Schummerlicht. Breite Designersofas, indirekte Beleuchtung, Easy Listening Jazz und auch hier dicker roter Teppichboden. Da hab ich ja nicht so ganz unrecht gehabt mit meiner Einschätzung, dachte ich. Der Raum war gut gefüllt mit vierzig bis fünfzig Leuten.
    Ich ging direkt an die Bar und bestellte ein Bier. Auch die Barfrau war ziemlich aufgedonnert. Seltsame Styleläden. Ich setzte mich auf einen Barhocker, nahm den ersten Schluck Bier und betrachtete mir die Leute. Die meisten hatten sich tatsächlich an den Dresscode gehalten, dachte ich auf den ersten Blick. Anzüge und ein paar schicke Kleider und Röcke. Die Frau da ist ein bisschen nuttig angezogen mit ihrem weit ausgeschnittenen Top. Die trägt ja auch noch einen Lackrock und so hohe Stiefel, na das ist schon ziemlich nuttig. Die andere Frau da hat einen Minirock im Schottenmuster an, das ist auch schon sehr gewagt. Vielleicht gehören die ja zusammen. Und der Typ da hat ja so ein Fetischistennetzhemd an, bäh. Und der andere Typ ist oben ohne. Und der da auch. Und die Frau da ja auch. Und da läuft ja einer, der hat nur ein Handtuch um.
    Ich bin in einem Swingerclub. Fuck!
    Fuck!
    Fuckfuckfuck!
    O.k. , Alter, bleib cool. Du trinkst jetzt erst mal das Bier aus. Ganz easy. Du bleibst hier erst mal sitzen. Ganz locker. Als sei es für dich das Normalste der Welt, in einem Swingerclub neben halbnackten Menschen in seltsamen Hemden zu sitzen. Hey, ich bin der Tilman, und ich bin sexuell gesehen der lockerste Mensch auf der Welt. Macht mir gar nix. Steh ich drüber. Is doch nix dabei.
    Anscheinend durfte man hier rauchen, und ich drehte sofort eine Zigarette. Was machten Nichtraucher eigentlich, wenn sie sich hinter irgendwas verstecken wollten? Ich musste ausgesehen haben wie ein Typ, der das erste Mal in einem Swingerclub war. Was machte ich denn, wenn mich jemand ansprach? Sorry, I don’t speak German. Machte hier wirklich jeder alles mit jedem? Auch auf der Tanzfläche? Konnte ich mir hier allein vom Herumsitzen die Gonokokken holen? Musste ich aufpassen, wo ich hinfasste?
    Als ich das Bier zur Hälfte getrunken hatte, lief Maite mit zwei Männern an mir vorbei. Sie trug einen Lederrock, eine Netzstrumpfhose, Pumps und oben ein halbdurchsichtiges Irgendwas. Die Männer waren oben ohne.
    »Maite!«
    »Ach, hallo!«
    Wusste sie eigentlich, wie ich hieß?
    »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag«, sagte ich und umarmte sie etwas unbeholfen.
    »Danke, danke«, sagte sie.
    Die beiden Männer standen schweigend daneben.
    »Na, gefällt’s dir hier?«, fragte sie.
    »Äh, jooaah …«, zögerte ich. »Ich war etwas überrascht, muss ich zugeben.«
    »Ja, wir hatten auch schon Gäste, die sofort wieder kehrtgemacht haben.«
    »Ja?«
    »Ja.«
    »Und wie … Also, warum habt ihr das gerade hier …«
    »Wir haben sowieso so viele Freunde in der Szene, und wir wollten auch mal ein paar neue Leute dafür begeistern. Es gibt ja auch so viele Menschen, die Probleme mit ihrer Sexualität haben, und da entstehen dann ganz viele andere Probleme draus. Wir wollen denen auch mal zeigen, dass das nix Schlimmes ist.«
    Einer der Männer hinter ihr kratzte sich unterm Arm.
    »Das ist auch einfach ein Teil meiner Sexualität. Und da will ich mich auch nicht einschränken lassen.«
    »Nein, natürlich nicht.«
    »Sonst wird man nur frustriert, und das ist es mir nicht wert.«
    »Nein, auf gar keinen Fall.«
    »Das ist halt auch immer noch so ein gesellschaftliches Tabuthema, aber wir kämpfen dagegen an. Ist auch interessant zu sehen, wer hier gleich wieder gegangen ist und wer bleibt.«
    »Ja, ja. Ja? Ach ja.«
    »Na ja, ich wünsche dir auf jeden Fall viel Spaß«, sagte sie. »Vielleicht sehen wir uns ja noch. Da hinten ist der Wellnessbereich, und die Spielwiesen sind da auch. Da liegen auch überall Handtücher und Kondome aus.«
    »Öh … ja, okay«, sagte ich, und sie ging mit ihren Männern weiter.
    Puh …
    Am anderen Ende des Raumes führte ein Gang in die dunklen Eingeweide des Clubs. Männer mit Handtüchern um die Hüften und Badelatschen an den Füßen kamen heraus. Frauen mit mehreren Männern im Schlepptau gingen hinein. Ich war überrascht, dass hier kaum jemand

Weitere Kostenlose Bücher