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Ondragon - Menschenhunger

Ondragon - Menschenhunger

Titel: Ondragon - Menschenhunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strohmeyer Anette
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für Sie das Gleiche. Ich bin Paul.“
    Wieder lächelte sie. „Um auf meine Wurzeln zurückzukommen, Paul. Wie man unschwer erkennen kann, fließt indianisches Blut in meinen Adern. Genauer gesagt, Ojibway-Blut. Meine Eltern waren beide Angehörige dieses Stammes.“
    „Wieso waren ?“
    „Sie sind bei einem Unfall ums Leben gekommen, als ich dreizehn war.“
    „Oh, das tut mir leid.“ Ondragon verfluchte sich für sein Talent, immer die brisanten Themen zu erwischen. „Sie sind also eine waschechte Native American ?“ Eigentlich pfiff er auf political correctness, aber er wollte nicht noch einmal in ein Fettnäpfchen treten, außerdem hatte er als Sohn eines Diplomaten die Kunst der gepflegten Unterhaltung von klein auf eingebläut bekommen. Und gelernt war schließlich gelernt.
    „Sie können mich ruhig Indianerin nennen.“ Schelmisch blitzte es in Kateris schwarzen Augen auf. „Ich habe nicht das geringste Problem damit.“
    „Und haben Sie auch einen indianischen Namen?“, fragte er, obwohl er es bereits wusste.
    „Ja, Meoquanee. Das heißt, wears red . Meine Eltern gaben mir den Namen, weil ich als kleines Mädchen einem Kaninchen den Hals durchgeschnitten habe und mich von oben bis unten mit dessen Blut besudelt habe.“
    Ondragon hob die Augenbrauen. Kaninchen? Hals durchgeschnitten? Diese Frau schien alles andere als ein sanftmütiges Lämmchen zu sein, und er musste sich in Erinnerung rufen, dass er hier in einer psychiatrischen Klinik war.
    „Verzeihung, ich wollte Ihnen nicht den Appetit verderben, Paul.“
    Ondragon schüttelte sein Unbehagen ab und aß unbekümmert seine Hafergrütze weiter. Der nächste Schritt wäre jetzt gewesen, sich nach dem Grund ihres Aufenthaltes zu erkundigen, doch er ließ es und wich auf eine andere Frage aus.
    „Was machen Sie eigentlich beruflich?“
    „Ich bin Biologin an der University of Minnesota in Minneapolis. Zusammen mit einigen Kollegen forsche ich an einem Medikament gegen die tödlichen Folgen des Sauerstoffmangels bei hohem Blutverlust - also bei Menschen, die verbluten. Dafür untersuchen wir das hier heimische Streifenhörnchen während seines Winterschlafes. Sein Sauerstoffgehalt im Blut ist dabei extrem niedrig und trotzdem überlebt es den langen Schlaf. Wir wollen herausfinden, wie sich dieser Effekt in der Humanmedizin anwenden ließe. Wissen Sie, die meisten Patienten sterben nicht unbedingt am Blutverlust selbst, sondern am Sauerstoffmangel, der durch den Verlust entsteht. Wenn man diesen ausgleichen könnte, würde das vielen Menschen das Leben retten, die sonst bei einer Operation, einem Unfall oder durch eine Kugel gestorben wären. “
    „Das klingt interessant. Forschen Sie gerne?“
    „Ja, das ist sozusagen mein Erbe. Meine Eltern waren beide Wissenschaftler. Der Apfel fällt eben nicht weit vom Stamm.“ Sie lächelte verlegen. „Und was machen Sie, wenn ich fragen darf?“
    „Ich habe eine Beratungsfirma, Ondragon Consulting . Wir, das heißt, meine Mitarbeiter und ich, beraten Geschäftsleute und Unternehmen weltweit.“
    „Ah, so ähnlich wie die Unternehmensberater von McKinsey.“
    Ondragon zögerte. Sollte er Miss Wolfe jetzt das „Programm“ seiner falschen Identität vorspielen? Oder könnte er es wagen, etwas mehr von sich zu erzählen? Er entschied sich für das „Programm“, schließlich kannte er die Frau noch nicht näher.
    „In der Art. Ich habe bei McKinsey angefangen. Nach meinem Studium in Harvard bekam ich eine Stelle in Düsseldorf und bin nach Deutschland gezogen.“ Das mit Deutschland stimmte sogar, damals hatte er wissen wollen, wie es sich in dem Land lebte, dessen Botschafter sein Vater gewesen war. Dass er parallel zum MBA in Harvard noch ein Politikstudium abgeschlossen hatte, erzählte er Kateri nicht. Das wäre bloß Aufschneiderei gewesen.
    Miss Wolfe legte den Kopf schief. „Warum sind Sie nicht nach Schweden zurück? Sie sind doch dort aufgewachsen, oder nicht?“
    Ondragon zögerte. Jetzt war er ein wenig zu schnell vorangeprescht. Er hatte ihr gegenüber die ganze Zeit mit schwedischem Akzent gesprochen, so wie bei Norrfoss und Shamgood. Aber das war eine Tarnung gewesen, seine persönliche Geschichte ging niemanden etwas an.
    Er sah in Kateris hübsch geschnittenes Gesicht. Sie erweckte nicht den Eindruck, als würde sie gleich bei der nächsten Gelegenheit alles weitertratschen, was sie über ihn erfuhr. Zwischen ihr und den anderen normalen Irren hier schien es eine unsichtbare

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