Ondragon: Totenernte: Mystery-Thriller (German Edition)
erklärt, dass Samedi der Herr der Toten ist. Er treibt auf dem Friedhof sein Unwesen und ist ein gefürchteter Gèdè-Loa. Das ist so etwas wie ein Teufel oder böser Geist.“
„Und was soll das alles bedeuten?“
„Nun, das kann viele Bedeutungen haben. Ich kenne den Kontext leider nicht. Sicher ist nur, dass schwarze Magie im Spiel ist. Nur ein Schwarzmagier würde das Vèvè des Baron Samedi verwenden.“
„Schwarze Magie?“
„Ja, die Anhänger des Voodoo-Kultes unterscheiden zwischen schwarzem und weißem Zauber. Der schwarze wird natürlich dazu benutzt, um Menschen Böses an den Hals zu wünschen, oder sie zu beeinflussen. Deshalb kann ein Liebeszauber auch in das Ressort der schwarzen Magie fallen, denn für den Behexten ist das Resultat meistens weniger erfreulich, schließlich wird er ja seines freien Willens beraubt.“
„Und es gibt heutzutage Menschen, die ernsthaft an so etwas glauben?“
„In Haiti ja. Und auch in anderen Ländern Südamerikas und Afrikas, denn Teile dieser Religion stammen ursprünglich vom schwarzen Kontinent. Sie ist mit den afrikanischen Sklaven auf die Plantagen der weißen Eroberer gekommen. Selbst in der Industrienation USA und in Europa gibt es Menschen, die Voodoo praktizieren. Als eine Art Geisterreligion steht Voodoo im Trend bei zivilisationsmüden Leuten mit Hang zur Esoterik. Gerade die Praktiken mit den Voodoo-Puppen sind sehr beliebt, obwohl diese herzlich wenig mit dem echten Voodoo-Glauben zu tun haben.“ Ludewig lachte leise. Auch er schien nicht viel von dem Hokuspokus zu halten. Blieb nur noch das Rätsel, wie die Voodoo-Zeichen auf eine Veranda in Tucson, Arizona, gekommen waren.
„Du schweigst, mein lieber Paul. Das ist selten.“ Wieder lachte Ludewig.
„Ich bin in der Tat ratlos, nach wie vor.“ Das wurmte Ondragon, behielt es aber für sich.
„Tut mir wirklich leid. Aber vielleicht kann ich dir noch ein bisschen weiterhelfen. Mein Kollege aus Atlanta nannte mir eine Spezialistin in New Orleans, die kann dir bestimmt mehr über das Vèvè erzählen.“
„In New Orleans, war ja klar!“, seufzte Ondragon. Er mochte die Wendung im Fall Tyler Ellys überhaupt nicht. Voodoo-Zauber. Schwarze Magie. So ein Blödsinn.
„Die Dame ist in ihrem Laden ‚Captain Zombie‘ auf der Bourbon Street anzutreffen. Frag dort nach Madame Tombeau. Sie soll eine erfahrene Mambo sein – das sind initiierte Voodoo-Priesterinnen. Sie weiß alles über schwarze und weiße Magie.“
„ The Witch Queen of New Orleans ”, sang Ondragon in sarkastischem Tonfall. Wie oft war dieser Mythos schon besungen worden? Mehr Klischee ging nicht!
„Im Ernst, Paul, sie wurde mir von einem seriösen Kollegen empfohlen. Versuch es doch einfach erst mal, danach kannst du urteilen.“
„Du hast ja recht. Man soll mir schließlich nicht nachsagen, ich hätte nicht alles versucht. Warum dann nicht auch Voodoo?“
Günther Ludewig seufzte. „Ich geb dir besser noch die Nummer meines Kollegen in Atlanta. Ich hab ihn schon vorgewarnt, dass du ihn früher oder später anrufen wirst.“
„Wohl eher nicht“, lachte Ondragon. „Die Witch Queen reicht mir. Aber vielen Dank für deine Hilfe, Günther. Ich melde mich wieder.“
„Vielleicht aus Hamburg?“
„Gut möglich. Bis dann.“ Ondragon legte auf. Seine Miene verfinsterte sich. Magie, Zauber, Monster. So ein Quatsch! Aber irgendwie schienen diese Spukgeschichten ihn zu verfolgen. Erst letztes Jahr im Sommer in dieser besagten Klinik in Minnesota war er kurz davor gewesen, von einem indianischen Waldmonster, das eigentlich nur in den Legenden der Ojibway existierte, zerfleischt zu werden. Dem Wendigo. Für eine Legende war das Biest verdammt real gewesen. Heute war er sich allerdings nicht mehr so sicher, ob er sich das Ganze nicht bloß eingebildet hatte. In seiner damaligen desolaten psychischen Verfassung hätte er sich das komplette „Tanz der Vampire“-Ensemble vorstellen können und es für die Wirklichkeit gehalten. Ondragon rieb sich über die Augen, öffnete sie aber schnell wieder, weil das Bild seines Bruders auf der Innenseite seiner Lider erschien. Verdammte Scheiße! Voodoo. Ausgerechnet!
Auf seinem Zimmer wählte Ondragon die Nummer seiner Assistentin, die in L.A. die Stellung hielt.
„Ja, Chef?“
„Charlize, sei so lieb und buch mir ein Hotel in New Orleans auf der Bourbon Street. Was Nettes, ja? Ab übermorgen und erstmal für zwei Nächte plus Garage. Ich nehme das Auto und unterwegs ein
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