Ondragon: Totenernte: Mystery-Thriller (German Edition)
The person you want …“ Ondragon ballte seine Faust um das Handy, dass es knirschte. Warum ging eigentlich niemand an sein beschissenes Telefon? Wie sollte er Rod davon unterrichten, dass sein Springer tot im Hotel lag und er selbst womöglich auch das Anthrax-Pulver eingeatmet hatte?
„Mann, beruhige dich, du benimmst dich ja wie ein Anfänger“, sprach er leise mit sich selbst. „Rod kann dir von Dubai aus auch nicht helfen. Das musst du schon alleine tun.“ Mühsam löste er seinen Griff um das Handy und schickte Rod eine SMS mit dem alten DeForce Codewort „Carwash“, was bedeutete, sich augenblicklich bei dem Absender zu melden. Dann legte er das iPhone beiseite und merkte, wie sehr seine Hände zitterten. War das Einbildung oder schon das erste Symptom des Erregers? Er ballte die Hände wieder zu Fäusten. Wichtig war jetzt erstmal, dass er hier verschwand.
Schnell packte er seine Sachen zusammen und checkte unten an der Rezeption aus. Mit dem Mietwagen fuhr er zur Verleihstation und mit dem Taxi wieder zurück zum Hotel, wo er seinen Mustang aus der Tiefgarage holte. Um kurz nach drei Uhr nachmittags ließ er Tucson im Rückspiegel hinter sich und steuerte seinen Wagen auf dem Interstate 10 nach Osten, immer tiefer in die Wüste hinein. 1400 Meilen lagen vor ihm.
5. Kapitel
07. Februar 2010
Kerrville, Texas
mitten in der Nacht
Todmüde fiel Ondragon auf das Bett in dem Motelzimmer, das er sich gemietet hatte. Er war neun Stunden gefahren, was eine ziemlich gute Zeit für diese Strecke darstellte – dank der Limitüberschreitungen und dem Glück, dass kein Sheriff auf seiner Bahn unterwegs gewesen war. Aber sein mattschwarzer Mustang war in der Dunkelheit auch beinahe so unsichtbar wie eine Fledermaus.
Nach einem letzten Blick auf sein Telefon schloss er erschöpft die Augen. Noch immer keine Nachricht von Roderick oder Charlize. Am meisten aber beunruhigte ihn, dass sich sein Chemiker noch nicht wieder gemeldet hatte. Der vierundzwanzigjährige Doktorand der Chemie hatte ihm das Eintreffen der Probe um sieben Uhr abends zwar bestätigt, aber er hatte ihm auch eröffnet, dass das Gerät für den Milzbrand-Schnelltest nicht in seinem Labor stand. Dafür würde er zur Universität fahren müssen und auch dort käme er so ohne Weiteres nicht dran. „Dr. Strangelove“, wie er sich nannte, war eines von den hochbegabten Wunderkindern in der Forschung und er gab seine gesamten Ersparnisse für ein privates Labor aus, das beinahe die gesamte Wohnung einnahm. Zumeist tüftelte er dort des Nachts noch an seinen Projekten herum und war neuen bahnbrechenden Entdeckungen auf der Spur. Aber Strangelove war nicht nur ein Intelligenzbolzen, er hatte auch dieses verrückte Etwas an sich, das ihn zu einem wahrhaft brillanten Wissenschaftler machen konnte, und Ondragon war sich sicher, dass der Junge eines Tages den Durchbruch schaffen würde. Leider war Strangelove ständig klamm. Er hatte zwar ein Stipendium, aber enorm hohe Ausgaben für seine Privatforschung. Aus diesem Grund engagierte Ondragon ihn immer wieder für kleinere Aufträge und bezahlte gut dafür. Das sicherte ihm nicht nur exzellente Ergebnisse, sondern auch die Verschwiegenheit des Nachwuchsfresenius‘. Wie auch in dieser prekären Angelegenheit, die den jungen Chemiker am Handy hörbar in Aufregung versetzt hatte. „Ich werde mein Bestes geben, Mr. Ondragon. Ich fahre sofort zur UCLA und füttere den Bioflash mit Ihrer Probe. Ich verspreche Ihnen, Sie bekommen Ihr Ergebnis!“ Das waren Strangeloves letzte Worte gewesen, und Ondragon wünschte sich, das verdammte Telefon würde endlich klingeln.
Er öffnete seine Augen wieder. Er konnte einfach nicht schlafen, nicht mit dieser Ungewissheit. Vielleicht war er übermorgen schon tot! So wie Bolič … und Ellys.
Aber Ondragon wäre nicht Ondragon, wenn er nicht längst andere Hebel in Bewegung gesetzt hätte. Auf der Fahrt hierher hatte er mehrmals mit Charlize telefoniert und ihr aufgetragen, nach Tucson zu fahren, um vor Ort zu sein, wenn Bolič gefunden werden würde. Seine Leiche würde mit großer Sicherheit obduziert werden und dann gäbe es möglicherweise ein verwertbares Ergebnis. Charlize hatte den Auftrag, den Polizeifunk abzuhören und so dicht wie möglich an Bolič dranzubleiben. Natürlich war sie entsetzt gewesen, nachdem sie vom Anthrax erfahren hatte. Aber Ondragon hatte ihre Bitten, sich sofort in ein Krankenhaus zu begeben, eisern abgeblockt. Dann könnte er gleich
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