Ondragon: Totenernte: Mystery-Thriller (German Edition)
Kurz daraufhin trennten sich ihre Wege.
Als er oben im zweiten Stock sein Zimmer betrat, bemerkte er ein Benachrichtigungsformular der Rezeption, das unter der Tür durchgeschoben worden war. Er faltete das Papier mit den goldenen Initialen des Hotels auseinander und las die zwei Wörter, die in geschwungener Handschrift darauf geschrieben worden waren, vielleicht von der entzückenden Mrs. Myers.
„Coca Cola.“
Was das bedeutete, wusste Ondragon. Er sah auf den Wecker auf dem Nachttisch. 3.20 Uhr. Vielleicht war der Springer eingetroffen. Er rief Rod an – der sogar schon nach dem dritten Klingeln ans Telefon ging.
„Ecks! Everything alright ?“, fragte er mit rauer Stimme, die sich anhörte als hätte er gerade geschlafen.
„Ja. Ist der Springer angekommen?“
„Könnte man so sagen.“
Täuschte er sich, oder hörte er seinen Freund durch das Telefon grinsen? Ihn verließ die Geduld. „Rod, mir ist im Augenblick nicht nach Späßen. Ich muss morgen früh raus, mir steckt die Scheiße aus dem Sumpf noch in den Knochen und das alles mit der Aussicht auf eine vierundzwanzigstündige Reise in einem winzigen Flugzeug, das ich selber fliegen muss. Also lass den Bullshit und sag mir: Ist – der – Springer – hier?“
„Schon gut, Ecks, beruhige dich. Der Springer ist da. Klopfe an das Zimmer mit der Nummer 5222.“
„Ist das nicht eine der Suiten im fünften Stock?“
„Ganz recht. Wegen des Karnevals war nichts anderes mehr frei.“
Nun gut. Ondragon verabschiedete sich und legte auf. Dann würde er jetzt eben noch den Springer auf seine Aufgabe vorbereiten, bevor er seine wohlverdiente Mütze voll Schlaf nehmen konnte. Vielleicht hatte der Typ ja auch einen Pilotenschein, und er könnte sich den scheißlangen Flug über mit ihm abwechseln. Angesichts dieser Möglichkeit hob sich seine Laune.
Nachdem er den Flur in beide Richtungen ausgespäht hatte, verließ er sein Zimmer, fuhr mit dem Fahrstuhl in den fünften Stock und suchte unter den wenigen Türen, die es hier oben gab, diejenige mit der Nummer 5222. Als er sie gefunden hatte, hob er die Hand und klopfte.
Natürlich antwortete ihm nur Stille. Wahrscheinlich schlief der Springer tief und fest in seinem weichen Bett.
Ondragon sah sich um und klopfte ein weiteres Mal. Diesmal energischer. Der Ton hallte unangenehm laut durch den Flur, und er hoffte, keinen der anderen Gäste damit zu wecken.
Schließlich hörte er Schritte.
Die Tür öffnete sich, und noch im selben Moment spürte er, wie seine Gesichtszüge entgleisten.
Doch bevor er seiner Zunge den Befehl geben konnte, irgendetwas zu sagen, wurde er von dem Mann in das Zimmer gezogen. Kurz darauf krachte dessen Hand auf seine Schulter.
„Ecks! Da staunst du, was? Dass man dich alten Fuchs doch noch überraschen kann! Hehehe! Setzt dich und nimm erstmal einen kräftigen Schluck. Du siehst, gelinde gesagt, beschissen aus. Warst du zu lange im Solarium?“
Paul Eckbert Ondragon fand erst seine Sprache wieder, nachdem er das Glas mit Whiskey, das Roderick DeForce ihm in die Hand drückte, geleert hatte.
„Was zum Henker machst du denn hier??“, blaffte er seinen alten Freund an.
Rod legte gekränkt die Stirn in Falten. „ Oh boy , du freust dich aber, mich zu sehen!“
„Wo ist der Springer?“ Ondragons Blick huschte suchend durch die luxuriöse Suite.
„Hast du eine so lange Leitung?“ Auf Rods gebräuntem Gesicht erschien ein breites Grinsen und er zeigte mit beiden Daumen auf sich selbst. „ Ich bin der Springer!“
Wie schon des Öfteren merkte Ondragon, wie wenig er dem britischen Humor gewachsen war. Er setzte einen grimmigen Blick auf. „Rod, das ist wirklich ein guter Scherz, aber leider springt der Funke nicht über, denn ich bin ziemlich kaputt, verstehst du? Also hör auf damit und lass uns mit dem nötigen Ernst über die Sache sprechen.“
„Aber das tue ich doch gerade. Ich meinte es vollkommen ernst, als ich sagte, ich bin der Springer!“
Ondragon sah Roderick DeForce fassungslos an.
„Ich habe über deine Worte nachgedacht, Ecks“, erklärte der Ältere ruhig. „Du sagtest, ich solle jemanden schicken, dem ich absolut vertrauen kann. Tja, da bin ich schnell zu dem Schluss gekommen, dass das nur ich selbst sein kann. Savvy ?“
Ondragon sagte noch immer nichts.
„In dieser Sache steht zu viel auf dem Spiel. Ein falscher Schritt und DeForce Deliveries steht im Fahrstuhl zur Hölle. Dort will ich aber nicht hin, kapiert? In die Hölle, meine
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