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One: Die einzige Chance (German Edition)

One: Die einzige Chance (German Edition)

Titel: One: Die einzige Chance (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Elsäßer
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führten ihn hinunter zu dem Scanner und dem grünen Button, der jetzt pulsierte. Über dem Punkt stand das Fabrikat des Wagens. Samuel drückte drauf, der Motor hustete kurz auf, bevor er wieder verstummte. Die Männer brüllten durcheinander, der schmächtige Anführer stellte sich vor die Motorhaube. Fabienne schaute Samuel erschrocken an. Er drückte erneut auf den Button. Der Motor sprang an und mit ihm das Radio. Fabienne stieg auf das Gaspedal, mit einem Hechtsprung brachte sich der Anführer in Sicherheit und der Wagen krachte durch die Scheibe. Musik blendete ein, als säße im Kofferraum ein DJ, der die seichte Pianomelodie für den passenden Sound hielt, um das Bersten der Scheiben zu untermalen. Die Musik wurde lauter. Fabienne riss das Lenkrad herum und wich einem der geparkten Wagen vor dem Geschäft aus. Dann beschleunigte sie und steuerte auf das Tor zu. Während der Sänger »We might as well be strangers« sang oder schrie und sich die Welt darauf verständigte, auf Zeitlupe zu schalten, durchbrachen sie das Tor. Es war eine Sekunde, zerhackt in hundert Einzelbilder. Jedes Detail war etwas von Bedeutung, jedes Zwinkern das Einverständnis, dass dieser Kampf nicht das Ende bedeutete. Plötzlich bremste Fabienne scharf ab. »BADAWI!«, brüllte sie mit weit aufgerissenem Mund. »Hol ihn!«
    Samuel sprang aus dem Wagen, stürzte hinüber zur Transportbox und spürte ein Brennen an seinem linken Unterarm. Dann rannte er gebückt zurück zum Wagen und stieg ein. Immer noch lief Musik. Immer noch fielen Schüsse. Immer noch bewegte sich alles in Zeitlupe.

Vier
    Wald | 22 Grad | Bewölkt
    Dunkelheit war nichts, wovor man sich fürchten musste. Das sagte Kayan immer zu seiner Tochter, wenn sie darauf bestand, die Tür zum beleuchteten Flur einen Spalt weit aufzulassen, weil sie Angst hatte, nachts aufs Klo zu gehen, und deshalb schon ein paarmal ins Bett gemacht hatte. Erwachsene erzählten Kindern alle möglichen Sachen, die sich als unhaltbar erwiesen. Kayan hatte Angst. Die größte Angst war nicht, den Wagen nicht mehr zu finden und den Auftrag zu vermasseln. Die größte Angst bestand darin, dass sich vor ihm plötzlich ein Loch auftat oder er auf eine Felsklippe zusteuerte und den Irrtum erst dann bemerkte, wenn es zu spät war. Er spürte das Unterholz, setzte vorsichtig einen Fuß vor den anderen und hatte bei jedem Schritt das Gefühl, es könnte der letzte sein. Er hörte seinen keuchenden Atem und das Knacken. Dieses schreckliche Knacken. Er blieb stehen und blickte nach oben. Kein Mond, keine Sterne. Baumkronen. Vielleicht war er im Kreis gelaufen. Vielleicht hatte er sich aber auch noch weiter von seinem Wagen entfernt. Vielleicht so weit, dass es bei Tagesanbruch Stunden dauern würde, zurückzukehren.
    »Du beschissener Amateur!«, schimpfte er in die Dunkelheit. Ohne Handy war er aufgeschmissen. Wenn er den Auftrag nicht rechtzeitig erledigte, würde er leer ausgehen. Warum überhaupt musste er beide töten? Wenigstens einem hätte er die Begnadigung gegönnt. Aber dass jetzt, während der Countdown lief, noch die Exit-Mail eintraf, war ziemlich unwahrscheinlich. Er schätzte die Chance auf unter ein Prozent. Kayan musste den Job also innerhalb von achtundvierzig Stunden erledigen oder die Rechnung ging aufs Haus. Noch zwölf Stunden, dann würde sein Honorar in Form von Goldbarren in dem Tresor einer Luxemburger Bank hinterlegt werden. Er hatte sich für Gold entschieden, weil er ein ausgeglichenes Portfolio haben wollte. Den Kurs hatte man vorher festgelegt. Das war sein Bonus. Seit das Wort Krise wieder in den Nachrichten war, schoss der Wert für das Edelmetall durch die Decke. Grob überschlagen würde er etwa fünfzigtausend Dollar obendrauf verdienen. Diesmal hatte er auf das richtige Pferd gesetzt. Einmal hatte er in einen Frachter investiert. Der hatte es bis vor die Küste von Somalia geschafft, wo er von einer Handvoll Piraten überfallen wurde. Das Ganze endete in einem Desaster. Das Militär wollte ein Exempel statuieren und versenkte »aus Versehen« den gesamten Kahn. Zusammen mit zahllosen Containern und Autos und was noch alles verschippert werden sollte. Totalausfall. Hunderttausend Dollar in den Sand gesetzt. Das war ihm eine Lehre gewesen. Doch jetzt, kurz vor dem Ziel, wollte er nicht aufgeben. Er war es sich schuldig, diese Sache zu Ende zu bringen. Deshalb machte er auf dem Absatz kehrt und stapfte in die andere Richtung davon. Er würde diese Männer töten, koste

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