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One Night Wonder

One Night Wonder

Titel: One Night Wonder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kira Licht
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fragt, ob ich lieber etwas anderes sehen möchte, aber ich verneine dankend. Erstens hat alles bereits angefangen, und zweitens gucke ich Krimis ganz gern. Zur Halbzeit schält Oma uns Äpfel und serviert noch eine Runde Tee. Kurz vor zehn ist das Abendprogramm offiziell beendet. Opa geht schlafen, Oma liest noch ein wenig, und ich verziehe mich in mein Gästezimmer. An der schwarzen Fensterscheibe kleben von außen Eiskristalle, so kalt ist es.
    Ich schlafe wie ein Murmeltier bei einer gemütlich gurgelnden Heizung und wache am nächsten Morgen erholt zwischen dicken Daunenfedern auf. Opa sitzt schon im Esszimmer und hat den ganzen Tisch mit Landkarten gepflastert. In der Küche hat Oma mir ein Frühstück zubereitet, das ich sonst nur aus Hotels kenne. Frisches Obst, kleine Pfannkuchen, Rührei, frische Brötchen, vier Sorten Marmelade und jede Menge Wurst und Käse. Außerdem noch eine Schale Müsli. Dazu gibt es Kaffee aus Kolumbien mit ganz viel Zucker und Milch. Ich esse so viel, dass ich kaum aufstehen kann, und Oma sieht zufrieden aus.
    »Könntest du mir einen Gefallen tun?«, fragt sie dann.
    »Klar doch.«
    »Holst du unsere Koffer vom Dachboden? Dein Opa würde es sicherlich selbst machen wollen, aber wenn sie schon mal unten sind, wird es ihn auch nicht weiter stören. Und mir wäre es lieber, wenn er sie nicht mehr diese wacklige Treppe herunterschaffen muss.«
    »Kein Problem, Oma, mach ich doch gerne.«
    »Das ist lieb.« Sie beginnt, die Küche aufzuräumen, und ich helfe ihr, obwohl sie protestiert. Dann klappe ich draußen im kalten Hausflur der obersten Etage die Treppe zum Dachboden herunter und suche nach den Koffern. Es dauert keine Viertelstunde, da stehen die zwei guten Stücke im Esszimmer.
    »Kind, die sollst du doch nicht schleppen«, sagt Opa etwas brüskiert, sieht dann aber doch ganz erleichtert aus.
    »Ach, ist doch kein Problem.« Oma zwinkert mir verschwörerisch zu und umarmt mich zum Dank.
    »Wollen wir ein bisschen in die Stadt fahren? Vielleicht ein Geschenk für dich kaufen?«
    »Quatsch, Oma, ich brauche nichts.«
    »Unsinn, jedes Mädchen möchte hübsche Dinge haben.«
    »Ich glaube, ich möchte lieber hier bleiben und gar nichts machen. Außerdem fahre ich doch heute Nachmittag schon wieder. Ist das nicht ein bisschen kurzfristig?«
    »Nein. Wir kaufen dir jetzt etwas zu Weihnachten. Ich bestelle ein Taxi.«
    »Wir brauchen kein Taxi. Ich habe ein Auto, ihr habt ein Auto …«
    »Wir fahren Taxi.« Damit ist das Thema für sie beendet. »Zieh dich warm an, in einer halben Stunde geht es los.«
    *
    In Frankfurt City ist es wie in jeder Großstadt, von allen Ecken springt einen das Thema Weihnachten förmlich an. Oma und ich stürzen uns ins Gedränge. Oma steuert zielstrebig auf ihr Lieblingsgeschäft zu. Was in meinem Falle »viel zu teuer« bedeutet.
    »Ich brauche doch gar nichts«, sage ich, nachdem ich, paralysiert vom Blick auf diverse Preisetiketten, wieder flüssig sprechen kann.
    »Man braucht doch immer irgendetwas. Wie wäre es mit einem neuen Mantel?«
    »Die Sachen sind mir alle viel zu elegant, Oma.«
    »Ach so.« Sie guckt ein bisschen beleidigt. Also lenke ich ein.
    »Schau mal, wie ich aussehe. Das passt doch gar nicht zu mir.« Sie sieht prüfend an mir herunter, dann nickt sie.
    »So habe ich das noch gar nicht gesehen.« Dann entdeckt sie etwas, und in ihren Augen blitzt es triumphierend.
    »Du hast ein Loch in deinem Handschuh!«
    »Ja, ich weiß«, sage ich kleinlaut, weil ich denke, dass es ihr vor den anderen Leuten peinlich sein könnte. Doch da habe ich die Rechnung ohne Oma gemacht.
    »Du brauchst also ein neues Paar!« Sie guckt noch triumphierender.
    »Ähm … ja, jetzt, wo du es sagst.«
    »Gut, wir suchen dir eine neues Paar und den passenden Schal dazu. Trägst du Mützen?«
    »Okay. Mützen? Eher selten.«
    Oma marschiert zielstrebig auf eine Verkäuferin zu und erkundigt sich, wo wir selbiges finden können. Eine Etage höher bin ich überwältigt von dem Angebot. Oma wickelt mir geschätzte zweihundert Schals zur Probe um, und ich lasse es mit mir machen, weil ich es irgendwie lustig finde. Als ich ihr sage, dass ich einen schwarzen möchte, schränkt sich die Auswahl zwar etwas ein, Oma scheint das aber in Ordnung zu finden. Zum guten Schluss bekomme ich ein Set aus Schal und Handschuhen von einer bekannten englischen Firma aus reinem Cashmere mit einem Hauch Seidenanteil. Es kostet zusammen so viel, dass ich mir erst noch überlegen muss,

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